20.04.2024

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06.05.00 Das historische Kalenderblatt: 6. Mai 1937

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 06. Mai 2000


Das historische Kalenderblatt: 6. Mai 1937
Ende eines Höhenfluges: Das Unglück der "Hindenburg" setzte der Luftschiffahrt ein vorläufiges Ende
Von PHILIPP HÖTENSLEBEN

Ungeduldig wartet auf dem großen Landeplatz in Lakehurst, USA, eine große Menschenmenge am 7. Mai 1936 auf die Ankunft des überall bestaunten Luftschiffes Hindenburg. Endlich taucht die silberfarbene Silhouette des Luftschiffes auf. Fast majestätisch gleitet der 245 Meter lange Zeppelin in Richtung auf seinen Liegeplatz. An Bord erteilt Luftschiffkapitän Ernst Lehmann seiner Mannschaft letzte Anweisungen für die bevorstehende Landung. Alles scheint ruhig und planmäßig abzulaufen. Gebannt und ehrfurchtsvoll blicken die Zuschauer auf das sich ihnen bietende Schauspiel. Wenige Augenblicke später wandeln sich diese Blicke in lähmendes Entsetzen, als urplötzlich das Luftschiff in hellen Flammen steht und zu Boden sinkt, wo nach wenigen Minuten nur noch ein ausgebranntes Stahlgerippe vom einstigen Stolz des damals größten Luftschiffes der Welt zeugt. Die gebrochene und stammelnde Stimme des amerikanischen Reporters der noch erhaltenen Rundfunkübertragung verdeutlicht die ganze Hilflosigkeit und das Ausmaß der Katastrophe. Es ist ein unbeschreibliches Inferno, bei dem 13 Passagiere und 21 Besatzungsmitglieder, unter ihnen auch Kapitän Lehmann, umkommen. Das tragische Ende der Hindenburg markiert das – zum Glück – vorläufige Ende der großen Zeit der Zeppeline, die im Sommer 1900 mit dem Start von LZ 1 in Friedrichshafen am Bodensee ihren Anfang nimmt. Es ist der wahr gewordene Traum des Grafen Ferdinand v. Zeppelin, der allen Widerständen und Widrigkeiten zum Trotz seine kühne Idee eines Luftschiffes, dessen geniales Bauprinzip auf einer mit Gas gefüllten Außenhaut, das von einem stabilen Stahlgehäuse getragen wird, durchsetzen kann. In den folgenden Jahrzehnten erfährt der Luftschiffbau einen ungeahnten weltweiten Aufschwung. Der Name Zeppelin verbürgt jedoch eine besondere Qualität, er wird zu einem geachteten Markenzeichen. Überall, wo die zigarrenförmigen Silhouetten der Zeppeline am Himmel auftauchen, werden sie von großen Menschenmengen als Wunder der Technik bestaunt.

So bleibt es nicht aus, daß auch das Militär sich für die Luftschiffe des "verrückten" Grafen interessiert. Im Ersten Weltkrieg werden sie zu Aufklärungszwecken und zu Bombardierungen eingesetzt, ein Novum in der Kriegsgeschichte. Ihre empfindliche Außenhaut und die Füllung mit dem leichtentzündlichen Wasserstoff macht die Luftschiffe allerdings auch extrem verwundbar, so daß Verluste nicht ausbleiben. Kriegstechnisch werden sie deshalb im Laufe des Krieges vom sehr viel wendigeren Flugzeug abgelöst. Für die Zeppelin-Werke in Friedrichshafen, die jetzt Hugo Eckener leitet, hat die deutsche Niederlage im Ersten Weltkrieg beinahe den finanziellen und wirtschaftlichen Ruin zu Folge. Produktionsanlagen werden zum Teil abgebaut oder zerstört und Zeppeline müssen nach den Bestimmungen des Versailler Vertrages an die Siegermächte als Reparationen ausgeliefert werden.

Eckener gelingt es Anfang der 20er Jahre, die USA für ein neues Luftschiff als Reparationsleistung zu interessieren. Das Geld, das die Zeppelin-Werke hierfür aus dem Reparationskonto erhalten, rettet praktisch das Unternehmen. Der 1924 fertiggestellte Zeppelin mit der Bezeichnung LZ 126 ist das technisch modernste Luftschiff seiner Zeit. Im Oktober 1924 startet das "Reparationsluftschiff" zu seinem Ablieferungsflug über den Atlantik nach Lakehurst. Die Frau des Präsidenten Calvin Coolidge tauft den Zeppelin, der noch bis in die dreißiger Jahre erfolgreich für die US-Marine im Einsatz ist, auf den Namen Los Angeles. 1928 erfolgt in Deutschland die Taufe eines mit einer Länge von 36 Metern sehr viel größeren Luftschiffs, der Graf Zeppelin. Es setzt neue Standards in Reichweite, Ausstattung und Annehmlichkeiten für die Passagiere und bildet die Hauptstütze des Luftverkehrs zwischen der Alten und Neuen Welt. Furore macht das sicherlich erfolgreichste Luftschiff aller Zeiten auch als Globetrotter bei seinen zahlreichen Weltreisen.

An Größe übertroffen wird es noch durch die 1933 gebaute Hindenburg, die zum Leidwesen des Reichskanzlers den Namen des 1925 zum Präsidenten der Weimarer Republik gewählten verstorbenen Feldmarschalls und nicht den Namen Hitler trägt. Bis heute taucht immer wieder die Frage nach den Ursachen der Katastrophe von Lakehurst auf. War es, wie manche vermuten, Sabotage, oder hatte ein Funke etwa einen Kurzschluß oder gar ein Blitzeinschlag den Wasserstoff entzündet? Nach neuesten technischen Untersuchungen soll der besondere silberne Farbanstrich beim Berühren der metallenen Landevorrichtung eine elektrische Entladung verursacht haben, die zur Explosion geführt haben könnte.

Dies alles liegt lange zurück. Nachdem viele Jahre nur für Werbezwecke Luftschiffe ohne starre Hülle, sogenannte Blimbs, am Himmel zu sehen waren, wird in jüngster Zeit die Zeppelin-Idee wiederbelebt. In Friedrichshafen, wo zur Zeit an einem Zeppelin NT, gleich "Neue Technologie", gebaut wird, blickt man jedenfalls wieder hoffnungsfroh in die Zukunft.