19.04.2024

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03.06.00 Unruhe über Bericht der Weizsäcker-Kommission wächst

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 03. Juni 2000


"Vaterland, magst ruhig sein ..."
Unruhe über Bericht der Weizsäcker-Kommission wächst

Man kann über die Weizsäcker-Kommission, die nach monatelangen Beratungen ihren Bericht über die Zukunft der Bundeswehr vorgelegt hat, sagen, was man will. Man muß aber anerkennen, daß sie unter der Führung eines bewährten Frontoffiziers der Deutschen Wehrmacht stand, eines hochdekorierten Soldaten, der fast bis zur letzten Minute seine Pflicht im Kampf gegen die sowjetische Armee getan hat und der daher ohne Zweifel den höchsten Sachverstand hat, wenn es um deutsche Soldaten geht.

Am meisten Aufsehen erregte die faktische Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht, die nun unausbleiblich ist.

Ursache für die Einsetzung dieser Kommission war vor allem die Tatsache, daß aus dem Staatshaushalt der BRD die Bundeswehr im bisherigen Umfang nicht mehr finanziert werden kann. Überall sind dem Ausland gegenüber Verbindlichkeiten abzutragen, und neue Reparationszahlungen zeichnen sich ab. Aber tatsächlich war eine Überprüfung der Struktur und auch des Sinnes der Bundeswehr längst überfällig. Man kann nämlich nicht mehr eindeutig erkennen, welchen Zwecken unsere Soldaten überhaupt dienen.

Geschaffen wurde die Bundeswehr mit der allgemeinen Wehrpflicht in einer Zeit, in der der sogenannte "Westen" unter Führung der USA davon ausging, daß er von dem bisherigen engsten Kriegsverbündeten Washingtons, der Sowjetunion, bedroht werde. An sich hatten die Mitglieder der damaligen Bundesregierung und des Bundestages nicht die Absicht, alle jungen Deutschen zu den Waffen zu rufen, doch fürchtete man, ohne die Wehrpflicht nicht die 500 000 Mann zusammenzubekommen, die der EVG-Vertrag als Höchstgrenze der Bundeswehr vorsah.

In den letzten Jahren hat die Bundeswehr ihren politischen Sinn grundlegend verändert. Eine Bedrohung aus dem nicht mehr bestehenden Ostblock ist kurzfristig kaum zu erwarten (und wer in unserer politischen Klasse denkt anders als kurzfristig?). Und alle anderen Staaten der Welt sind bekanntlich unsere Freunde. Wir lieben sie, sie lieben uns – wenn wir tun, was sie wollen.

Aber es gibt die "Schurkenstaaten". Wer dazu gehört, das bestimmen die USA. Gegen sie muß ab und zu durchgegriffen werden, aus welchem Grunde auch immer. Es ist ja nicht gesagt, daß bis in alle Ewigkeiten nur der Irak, Libyen, Serbien und Nordkorea in den Kreis der "Bösen" gehören, es gibt auch Halbböse, wie etwa Österreich, gegen die man gelegentlich andere Saiten aufziehen muß. Beliebt ist es auch zu mobilisieren, um die Menschenrechte zu schützen. Da wissen Joschka Fischer und seine Außenministerin aus den USA genau Bescheid. Sie wählen aus, gegen wen marschiert werden soll.

Allerdings sind, wie sich gezeigt hat, die jetzigen Bundeswehreinheiten für solche Expeditionen in der Welt nicht recht geeignet. Ihr Gerät ist veraltet, sie haben keine Großraumtransportflugzeuge, mit den Nachrichtenmitteln klappt es nicht. Daher muß man sie jetzt modernisieren, und das ist nur zu bezahlen, wenn man ihre Anzahl herabsetzt.

Die Wehrpflicht wurde von dem früheren Bundespräsidenten Heuss als das "legitime Kind der Demokratie" bezeichnet. Tatsächlich war es seit 1848 die Forderung der Liberalen und Demokraten, die um einen deutschen Nationalstaat rangen, daß die stehenden Heere als Instrumente der Regierenden abgeschafft und statt dessen Verteidigungsarmeen als "Armeen des Volkes" geschaffen werden sollten. Schon in den Befreiungskriegen prägte der große Reformer Scharnhorst das Wort, jeder Bewohner des Landes sei dessen geborener Verteidiger.

Aber um die Verteidigung des Vaterlandes geht es heute nicht mehr, wie man hört, wie es überhaupt zweifelhaft ist, ob es noch – wenigstens für die Deutschen – ein Vaterland geben darf. Damit entfallen die Voraussetzungen für die Wehrpflicht. Man greift wieder zurück auf die stehenden Heere, die überall einsetzbar sind, wo die politische Klasse es wünscht – mal in Somalia, mal in Indonesien. Oder auch in Simbabwe, wie es kürzlich das britische Verteidigungsministerium für die deutsche Bundeswehr vorsah, damit sie die meist britischen weißen Farmer vor Plünderern und Mördern schützen möge.

Jeder sieht es ein: Das hat mit der Verteidigung der Bundesrepublik nichts mehr zu tun, auf die die Soldaten verpflichtet sind. Man nennt solche Einsätze denn auch "vorbeugende Konfliktverhinderung". Und darunter kann denn auch mal ein Angriffskrieg sein, wie man früher solche Kriege nannte. Dafür benötigt man eher eine Interventionsarmee oder ein Expeditionskorps oder eine Fremdenlegion als eine Wehrpflichtigenarmee. Söldner wird man genügend finden, zumal es sicherlich reichlich Bimbes gibt. Und reicht die Zahl der Freiwilligen nicht, dann könnte man auf die bewährte Greencard-Regelung zurückgreifen.

So werden deutsche Mütter und Väter dem alten Frontoffizier v. Weizsäcker nur danken, daß er ihre Söhne und Töchter davor bewahrt, als Wehrpflichtige fremden Interessen geopfert zu werden. V. L.