19.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
03.06.00 Dänen skeptisch gegenüber einem Kern-Europa

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 03. Juni 2000


EU: Die Souveränität erhalten
Dänen skeptisch gegenüber einem Kern-Europa

Der Außenminister-Darsteller Joschka Fischer hat seine "Vision" der Europäischen Union verkündet: Nach seiner Meinung soll die EU ein föderaler Staat, bestehend aus Nationalstaaten, werden, mit einem direkt gewählten Präsidenten und einem Zwei-Kammern-Parlament. Außerdem möchte er Europa teilen in ein "Kern-Europa" der starken und modernen Staaten und ringsherum das Kroppzeug der kleineren Staaten. So was macht keine Freunde. Das muß Fischer gewußt haben, denn ein ähnlicher Plan der beiden CDU-Politiker Lamers und Schäuble ist schon einmal an der beißenden Kritik der Nachbarn untergegangen. Vor allen Dingen die kleineren Staaten sind aufgeschreckt. Ihnen liegt überhaupt nichts an einem europäischen Superstaat. Sie denken sich die EU als einen Freihandelsstaat, der ihnen weitgehend ihr Souveränität und damit ihre Identität läßt.

Im September steht in Dänemark eine Volksabstimmung darüber bevor, ob das Land der Währungsunion beitreten soll. Einmal ging eine Abstimmung bereits schief. Daraufhin wurde den Dänen eine zweite verordnet, die noch vor wenigen Monaten sicher für den Euro auszugehen schien. Dann aber kamen die EU-Strafmaßnahmen gegen das kleine Österreich, die die Dänen verschreckten, sahen sie sich doch möglicherweise in einer ähnlichen Lage. Und nun folgt Fischers "Vision": EU als Staatenbund mit einem Präsidenten, worunter die Souveränität leiden muß, und dem Zwei-Klassen-System der EU-Mitgliedsstaaten.

Die regelmäßigen Befragungen der Dänen zeigen, daß die Stimmen der EU-Befürworter immer weiter absacken. Die EU-Maßnahmen gegen Österreich wie auch Fischers Zwei-Klassen-Europa sind ein gefundenes Fressen für die EU-Skeptiker. Jens-Peter-Bonde, EU-Parlamentarier für die dänischen EU-Gegner, jubelt: "Gut, daß mal einer ehrlich gesagt hat, was von Berlin zu erwarten ist!" Er wirft den führenden dänischen Politikern, die für die Europäische Union und für den Euro werben, vor, der Bevölkerung über die wahren Pläne der mächtigen EU-Länder Sand in die Augen zu streuen. Damit schürt er die Angst der Dänen vor einem Großstaat Europa, in dem zwei Geschwindigkeiten gelten, eine für die größeren Länder wie Großbritannien, Frankreich, Italien und natürlich Deutschland, die andere für den schäbigen Rest. Die Skeptiker wittern dahinter das Bestreben, Deutschland wolle sich in eine Vormachtstellung drängen, eine Idee, die dem Internationalisten Fischer völlig fremd ist. Der Eindruck, den Fischers "Visionen" in Skandinavien hinterlassen haben, ist katastrophal.

In Dänemark scheinen die Befürworter der Europäischen Union und des Euro zu resignieren. Allerdings haben sie – und da ergeht es ihnen wie überall in Europa – die Regierung und fast alle Zeitungen auf ihrer Seite. Die Kluft zwischen Volk und politischer Klasse wird auch in Dänemark immer größer. Mit Spannung darf man die Abstimmung im Herbst erwarten. J. D.