24.04.2024

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24.06.00 Vor 75 Jahren wurde die "Griffelkunst-Vereinigung" gegründet

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 24. Juni 2000


Weg zur originalen Kunst
Vor 75 Jahren wurde die "Griffelkunst-Vereinigung" gegründet

In der Folge der vom Direktor der Hamburger Kunsthalle und Gründer der Gesellschaft der Hamburger Kunstfreunde Alfred Lichtwark (1852–1914) ins Leben gerufenen kunstpädagogischen Bewegung gründete der Volksschulpädagoge Johannes Böse 1925 die "Griffelkunst-Vereinigung Hamburg-Langenhorn e. V." mit dem Ziel, durch das Sammeln von zeitgenössischer Graphik die Kunst dem Publikum näher zu bringen. Obwohl einst über Geld nicht soviel geredet wurde wie heute, schien der geringe Mitgliedsbeitrag infolge der idealistischen Einstellung der Künstler, die ihre Arbeiten preiswert abgaben, den Weg zur originalen Kunst leicht zu ebnen. Für den Jahresbeitrag von einigen Reichsmark konnten sich die Mitglieder vier graphische Blätter auswählen. Die Jury legte Wert auf die gängigen Drucktechniken; Stilrichtung und Thematik ergaben sich aus der jeweiligen Kunstszene. In den Statuten hieß es: "Nicht Richtungen, sondern alle deutschen Künstler, die in ihrer Graphik Qualität zeigen und die geneigt sind, an unserer Kulturaufgabe mitzuarbeiten, kommen in Frage." Im Laufe der Jahre gehörten auch ausländische Künstler zur Griffelkunst-Vereinigung. Politische Tendenzen wurden weder gefordert noch gefördert.

Bewährte Künstler wurden zur Mitarbeit am Unternehmen der Griffelkunst aufgefordert, auch weniger oder gar nicht bekannte herangeholt, von denen sich in der Folge manche einen Namen in der Kunstgeschichte erwarben. Daß eine Jury auch Fehlentscheidungen treffen kann, ist nicht neu, doch durch die Auswahl sprachen die Mitglieder ein Wort mit. Dies reizvolle Experiment ergab schließlich ein Spiegelbild der modernen deutschen Graphik.

Ein Großteil der Künstler stammt aus dem Osten Deutschlands und Europas; zu Anfang unseres Jahrhunderts waren Breslau (Kunstakademie), Dresden (Brücke), Weimar und Dessau (Bauhaus) und natürlich die Reichshauptstadt Berlin Zentren der inzwischen zu Klassikern der Moderne gewordenen Künstler. Von ihnen seien einige der "Griffelkünstler" genannt: Josef Hegenbarth, Alfred Kubin, Oskar Kokoschka, die Brücke-Maler Max Pechstein und Erich Heckel, ferner der Schlesier Ludwig Meidner, die Dreschner Hermann Teuber und Conrad Felixmüller, nicht zu vergessen Heinrich Zille und A. Paul Weber. Alle sind sie im 19. Jahrhundert geboren.

Von der Hauptgeschäftsstelle in Hamburg ausgehend, konstituierten sich in ganz Deutschland Ortsgruppen; sie überstanden alle Regime, mußten sich aber nach 1945 auf die Bundesrepublik Deutschland beschränken.

Natürlich wurder "der Osten" auch nach der Teilung Deutschlands nicht vergessen. Neben den westdeutschen Künstlern, die der Griffelkunst nach wie vor preiswerte Graphiken liefern, gibt es eine große Anzahl Ostdeutscher, die allerdings während und nach dem Krieg sich in den Westen abgesetzt haben. Auch von ihnen seien einige Namen genannt: Markus von Gosen (geboren 1913 in Breslau), Herbert Grunwaldt (1928 Bunzlau), Hartmut Frielinghaus (1937 Stettin), die Ostpreußen Dietmar Lemcke (1930 Goldap) und Malte Sartorius (1933 Waldlinden), Horst Skodlerak aus Memel (1920), Heinrich Schilinsky aus Riga (1923), Gerhard Hintschich aus dem mährischen Hof (1924), Marianne Weingärtner aus Siebenbürgen (1917), Otto Borg aus Jugoslawien (1928 Georgshausen) und der Oberschlesier Albert Chr. Reck (1922 Krappitz an der Oder). Am stärksten vertreten ist Berlin: Carl-Heinz Kliemann (geb. 1924), Paul Wunderlich (1927), Georg Gresko (1920), Ursula Lefkes (1935), Bodo Köchel (1942), Reimar Venske (1929), Wolfgang Werkmeister (1941) u. a.

Seit 1989 stehen der Griffelkunst-Vereinigung nun die Tore zu den Künstlern in den neuen Bundesländern offen, und es wurden Ortsgruppen in Rostock, Dessau, Chemnitz, Dresden, Leipzig, Erfurt, Schwerin und Görlitz gegründet. Heute besteht die Griffelkunst-Vereinigung mit Sitz in 22417 Hamburg, Timmerloh 29, aus mehr als 80 Ortsgruppen. Die Mitgliederzahl stieg von 79 im Gründungsjahr auf 4200. Für den Jahresbeitrag von 200 Mark kann sich das Mitglied vier signierte graphische Blätter auswählen und für ein geringes Aufgeld noch Zusatzblätter. Günther Ott (KK)