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15.07.00 Das Auswärtige Amt unterliegt vor Gericht

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 15. Juli 2000


Rechtsstreit: Verbotener Titel
Das Auswärtige Amt unterliegt vor Gericht

Bereits seit 1996 zogen sich die Streitigkeiten zwischen dem Kieler Arndt Verlag und dem Auswärtigen Amt der Bundesrepublik Deutschland hin. Der Stein des Anstoßes: der Nachdruck einer 1939 unter anderem über den Bromberger Blutsonntag erschienenen Dokumentation mit dem Titel "Dokumente polnischer Grausamkeiten". Behandelt wurde aber auch der gesamte Zeitraum zwischen 1919 und 1939.

Im Jahre 1940 wurde in Berlin der Original-Dokumentationsband herausgegeben mit dem Hinweis: "Im Auftrage des Auswärtigen Amtes auf Grund urkundlichen Beweismaterials zusammengestellt, bearbeitet und herausgegeben von der Deutschen Informationsstelle". Mit diesem Hinweis druckte es auch 1996 der Kieler Verlag in seiner ersten Auflage als Nachdruck.

Daraufhin forderte im selben Jahre das Auswärtige Amt (AA) in Bonn den Verlag auf, mit einem Hinweis auf dem Umschlag des Buches deutlich zu machen, daß es sich um den Nachdruck des Buches aus dem Jahre 1940 und nicht um eine aktuelle Veröffentlichung des Auswärtigen Amtes handele. Diesem Wunsch kam der Verlag bei der Neuauflage des Nachdruckes auch nach. Trotzdem verklagte das AA im Jahre 1997 den Verlag vor dem Kieler Landgericht unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten. Es trug vor, der Hinweis auf das "Auswärtige Amt" als Herausgeber des Ursprungsbuches aus dem Jahr 1940 könne zu Verwechslungen mit dem heutigen AA führen. Das Gericht gab dem AA recht: Der Arndt-Verlag mußte das Buch ohne Hinweis auf das Auswärtige Amt drucken.

Da es aber in einem Bücherverzeichnis noch mit dem alten, verbotenen Untertitel geführt war, wurde der Verlag im November 1997 zur Zahlung eines Ordnungsgelds von 6000 Mark verurteilt. Dem Verlag nützte auch die Einrede nichts, dieses Nachschlagewerk korrekt über den neuen Untertitel unterrichtet zu haben.

Der nächste Akt: Das AA erstattete Strafanzeige gegen den Kieler Verlag. Die Staatsanwaltschaft Kiel nahm ein Ermittlungsverfahren auf, in dessen Verlauf es zu einer Durchsuchung des Verlages kam. Zusätzlich forderte das Bundesministerium für Jugend, Familie und Senioren auf, das Buch bei der "Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften" indizieren zu lassen. Dies wurde zurückgewiesen.

1998 zog das AA erneut gegen den Verlag vor Gericht. Diesmal behauptete es, das Urheberrecht für den Dokumentationsband zu besitzen, den Nachdruck damit also notfalls unterbinden zu können. Die Kammer 16 des Berliner Landgerichts gab dem AA recht. Richterin Hengst: "Was soll denn ein Pole sagen, wenn er dieses Buch liest?"

Der Verlag ging daraufhin in die nächste Instanz. Im Juli 2000 verhandelte der 5. Senat erneut wegen des Urheberrechts. Dieses, so das Gericht jetzt in seinem Urteil, lag damals bei der "Deutschen Informationsstelle Berlin". Diese habe zwar als Presse- und Informationsstelle des AA fungiert, sei jedoch eine rechtlich selbständige Stiftung gewesen, die vermutlich durch den Alliierten Kontrollrat aufgehoben worden sei. Ein Urheberrecht könne das AA nicht nachweisen, weswegen es nun in Berlin dazu verurteilt wurde, die gesamten Verfahrenskosten zu tragen. Henning Ketelsen