26.04.2024

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29.07.00 Aromatische Bierkirschen und explosives Haus-Süllbier

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 29. Juli 2000


Erfrischungen im Sommer
Aromatische Bierkirschen und explosives Haus-Süllbier

Warum eine Kirschsorte in Ost preußen Bierkirschen hieß, konnte mir der auch historisch bewanderte Onkel Fritz einst nur damit erklären, daß ferne Vorfahren ihren vergorenen Saft angeblich ähnlich wie Bier getrunken hätten. Er selbst bevorzugte deren zu Sirup eingekochten Saft als sogenannten Schuß zu seinem sorgsam selbst gebrauten Bier explosiven Charakters, Haus-Süllbier genannt.

Die Bierkirschen entstammten einer alt-überlieferten Züchtung mit vielleicht schon langer Tradition. Kleiner und anders als die edler gezüchteten, kostspieligeren Weichselkirschen oder Schattenmorellen, besaßen sie aber – bei geringerem Säuregehalt – ein Aroma, welches den ausgiebigeren Frischverzehr gestattete. Außerdem hielten deren Bäume den harten Wintern auch in rauhesten Zonen robuster stand als die meisten anderen Sorten. Sogar von der bei Gartenfreunden gefürchteten Pilzkrankheit "Monilia" blieben sie weitgehend verschont!

Sorgsam gewaschen und entsteint, landete ihr größter Anteil in den damals vornehmlich zum Einkochen verwendeten Weck- oder Marmeladengläsern und gewährleistete damit bis zur nächsten Jahresernte beste Desserts und Frühstücksfreuden. Auch eingemachte Bierkirschen mit Schlagsahne wurden zum genußreichen Nachtisch für so manchen Mittagstisch oder als preiswerte Erfrischung während gelegentlicher Ausflüge oder Wochenmarktbesuche geschätzt. Solche Köstlichkeit hielt zu Friedenszeiten fast jede Gaststätte bereit, sommers wie winters. Und auf dem Markt fehlte nur selten ein Erfrischungsstand, wo man selbstverständlich auch Kirschen mit Schlagsahne anbot – neben Schmalzbrot, Würstchen, Bratklopsen und sauren Gurken natürlich.

Doch zurück zu dem eingangs erwähnten "Haus-Süllbier". In fest verschließbare Bierflaschen abgefüllt, erzeugte es einen gewaltigen Innendruck, so daß man beim Öffnen der Flaschen es mit dem heftig ausschäumenden Inhalt zu tun bekam. Aber gut gekühlt genossen, vermittelte es ein herbfeines Malzaroma, welches keinem der heute bekannten Biere vergleichbar wäre. Also dürfte das überlieferte, alte Hausrezept (nach Friedrich Wehmeyer, 1870–1953) zumindest historisch interessant sein:

Gutes Haus-Süllbier

Zu 4 Litern Wasser gebe man 11/2 Kaffeelot gebrannte Gerste, 3/4 Kaffeelot Wacholderbeeren (beides unzerkleinert), 1 Eßlöffel bayrische Hopfenblüte, zudem Zuckercouleur, aus zwei Eßlöffeln Zucker bereitet. Alles zusammen lasse man dann langsam zwei Stunden lang köcheln. Den abgeseihten Sud (durchgesiebt) zunächst erkalten lassen und erst danach einen Teelöffel Hefe – fein zerkrümelt – darunter mischen, eine Prise Salz, sowie einen Eßlöffel Zucker dazugetan. – Nun sofort in Bierflaschen abfüllen, aber nicht zu voll! – (Will man das Bier süßer haben, so kann man zwar mehr Zucker beigeben, jedoch um so stärker braust später das Bier aus der Flasche.) Schon nach acht bis zehn Tagen Kellerlagerung ist es genußfertig! Rudolf Kukla