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19.08.00 "Klare Verhältnisse"

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 19. August 2000


"Klare Verhältnisse"
Vor 39 Jahren wurde die Mauer gebaut

Bis zur Ära John F. Kennedys war West-Berlin für viele Mitteldeutsche das Tor aus dem sowjetischen Machtbereich. Der Verlust von jährlich zwischen 129 000 und 331 000 meist gut ausgebildeten Bewohnern bedeutete einen empfindlichen Blutverlust für die DDR. Folglich empfand Kennedys sowjetischer Gegenspieler Nikita Chruschtschow die Westsektoren als einen "Eiterbeutel im Körper der Deutschen Demokratischen Republik", den es zu entfernen gelte. Die westliche Supermacht wiederum war daran interessiert, mit ihrem Sektor der deutschen Hauptstadt einen für ihre globale Politik bedeutenden europäischen Brückenkopf längerfristig zu behalten. Das hatte ihre "Luftbrücke" während der Berliner Blockade gezeigt.

Am 30. Juli 1961 plädierte der Vorsitzende des außenpolitischen Senatsausschusses, William Fulbright, für einen Lösungsvorschlag auf Kosten des deutschen Volkes. In einer über das ganze Land ausgestrahlten Fernsehsendung verkündete der US-Senator: "Ich verstehe nicht, warum die Ostdeutschen nicht ihre Grenzen schließen; ich glaube, sie hätten ein Recht dazu. Wir haben nicht das Recht, von ihnen zu verlangen, daß Flüchtlinge herauskommen dürfen."

Der Politiker stand mit dieser Anschauung in der US-Führung nicht allein. So lobte der damalige US-amerikanische Oberbefehlshaber des Nordatlantikpaktes, General Lauris Norstad, die Realisierung dieses Vorschlages durch den Bau der Mauer am 13. des Folgemonats mit dem Satz: "Die Russen haben mit der Grenzsperre klare Verhältnisse geschaffen."

Neben der Zementierung der Aufteilung Deutschlands zwischen den Besatzungsmächten und der damit verbundenen Möglichkeit, in ihm präsent zu bleiben, versprach der Mauerbau den Vereinigten Staaten noch weitere Vorteile. Der Druck auf West-Berlin nahm ab und die geringe Attraktivität des real existierenden Sozialismus wurde für jedermann im wahrsten Sinne des Wortes unübersehbar.

Die US-Führung konnte insofern zufrieden sein, doch durfte sie dieses nicht zu deutlich zeigen, um die Westdeutschen und West-Berliner nicht zu desillusionieren. Wenn diese Deutschen nämlich das Vertrauen in die USA als Schutzmacht und den Glauben an die Vertretung ihrer Interessen durch die westliche Führungsmacht verloren, bestand die Gefahr, daß sie sich aus der Westbindung lösten und eine eigene Außenpolitik begannen, die möglicherweise in der Tradition der Konvention von Tauroggen und des Vertrages von Rapallo einen Ausgleich mit Rußland ohne den Westen suchte.

Dieses Trauma Kennedys wurde jedoch nicht Realität. Dank einer geschickten US-amerikanischen Politik wurde Kennedys Besuch in Berlin 1963 ein propagandistischer Erfolg, und bis heute werden die Vereinigten Staaten von der (offiziellen) Bundesrepublik in einer Weise als Befreier und Schutzmacht geehrt wie sonst wohl nur noch die gewesene UdSSR durch die gewesene (offizielle) DDR. Die DDR aber hatte mit dem Mauerbau auch zugleich die Hand an ihr eigenes Fundament gelegt. Manuel Ruoff