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26.08.00 Vor 270 Jahren wurde Johann Georg Hamann in Königsberg geboren

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 26. August 2000


Gegner der Aufklärung
Vor 270 Jahren wurde Johann Georg Hamann in Königsberg geboren

Unterdessen ich mich wirklich in einigen Dingen weiter befand, als ich es nöthig hatte, so war ich dafür in weit nützlichern und nöthigern ganz zurückgelassen", klagte Johann Georg Hamann über seine Schulbildung, "weder Historie, noch Geographie, noch den geringsten Begriff von der Schreibart, Dichtkunst. Ich habe den Mangel der beiden ersten niemals gehörig ersetzen können, den Geschmack an der letzteren zu spät erhalten, und finden mich in vieler Mühe meine Gedanken mündlich und schriftlich in Ordnung zu sammeln und mit Leichtigkeit auszudrücken."

Von Leichtigkeit ist nun wahrlich nicht die Rede, studiert man die Schriften des Königsbergers. Selbst Goethe bekannte, Schwierigkeiten beim Lesen der Texte zu haben, dennoch habe er in Hamanns "sibyllischen Blättern" etwas gefunden, dem er sich "überließ, ohne zu wissen, woher es komme und wohin es führe". Johann Gottfried Herder, der Freund aus Mohrungen aber erkannte: "Der Kern seiner Schriften enthält viele Samenkörner von großen Wahrheiten, neuen Beobachtungen und eine merkwürdige Belesenheit; die Schale derselben ist ein mühsam geflochtenes Gewebe von Kernausdrücken, Anspielungen und Wortblumen."

Hamann selbst sprach dagegen kritisch über seine Texte: "Ein Lay und Ungläubiger kann meine Schreibart nicht anders als für Unsinn erklären, weil ich mit mancherley Zungen mich ausdrücke, und die Sprache der Sophisten, der Wortspieler, der Creter und Araber, der Weißen und Mohren und Creolen rede, Critick, Mythologie, rebus und Grundsätze durcheinander schwatze", bekannte er in einem Brief 1759. Und kurz vor seinem Tod, als er plante, seine gesammelten Werke herauszugeben, wollte er seine Schriften noch einmal gründlich überarbeiten – schließlich "gewissenshalber kann ich weder dem Verleger noch dem Publico zumuten, unverständliches Zeug zu lesen".

Die Bedeutung des Denkers vom Pregel für die Literatur- und Geistesgeschichte, der übrigens alle seine Veröffentlichungen nicht unter seinem eigenen Namen erscheinen ließ und sich durch ungewöhnliche Belesenheit und als ausgezeichneter Sprachenkenner auswies, sollte dennoch nicht unterschätzt werden. Die Dunkelheit des Hamannschen Stils, so Hans Eichner über den Königsberger im Nachwort zu den 1994 bei Nicolai herausgekommenen "Ausgewählten Schriften", sei eine bewußt entworfene Strategie gewesen, um den Leser zum Selbstdenken zu zwingen. Inhaltlich sei es Hamann stets "um die Verteidigung seines Glaubens gegen die rationalistischen und deistischen Zeitströmungen" gegangen. Als einer der ersten Gegner der Aufklärung sei er aus dem geistigen Leben des 18. Jahrhunderts nicht wegzudenken.

Johann Georg Hamann wurde vor 270 Jahren, am 27. August 1730, in Königsberg als Sohn eines Baders und Wundarztes geboren, stammte also aus "kleinen Verhältnissen". Er besuchte die Kneiphöfische Schule und nahm 1746 ein Studium an der Albertina auf, hörte Theologie und Philosophie, wechselte zur Jurisprudenz, beschäftigte sich jedoch weitaus mehr mit Dichtung und Philologie. Ohne einen Abschluß verließ er nach 1751 die Universität und wurde Hauslehrer.

Einige Zeit hält Hamann sich in Riga bei Freunden auf, geht nach Kurland, um dort erneut als Hauslehrer zu arbeiten. Der zu Krankheiten und Depressionen neigende Mann kehrt 1755 nach Riga zurück, wo er im Hause der Kaufmannsfamilie Berens lebt. Nach dem Tod der Mutter (1756) unternimmt Hamann im Auftrag der Familie Berens eine ausgedehnte Reise nach London, deren Zweck bis heute zu Spekulationen Anlaß gibt. Manche munkeln gar von diplomatischen, sprich geheimen Aufträgen. Der Zweck der Reise wird hingegen nicht erfüllt, Hamann gerät in dunkle Kreise und erlebt in London, nach ausführlichem Studium der Bibel, eine entscheidende Hinwendung zur Religion.

Nach Königsberg zurückgekehrt (1759), widmet er sich ganz seinen philosophischen Studien; im gleichen Jahr erscheint auch seine erste bedeutende Veröffentlichung "Sokratische Denkwürdigkeiten". Finanzielle Schwierigkeiten führen jedoch dazu, daß Hamann nach einiger Zeit wieder eine Stelle annehmen muß. Als Packhofverwalter – von keinem Geringeren als Immanuel Kant auf diese Stelle empfohlen – fristet er schließlich seinen Lebensunterhalt. Seine Arbeit ist ihm zutiefst zuwider, steht sie doch auch in starkem Kontrast zu seinem sonstigen Leben, das geprägt ist von Kontakten zu Immanuel Kant, dessen Schriften Hamann immer wieder kritisiert, zu Johann Gottfried Herder, der ihn bewundert, zu Theodor Gottlieb von Hippel, dem Oberbürgermeister von Königsberg, mit dem er eng befreundet ist. Über Herder entsteht Kontakt zu Friedrich Heinrich Jacobi, der Hamann wiederum mit der Fürstin Amalie von Gallitzin und dem "Kreis von Münster" zusammenbringt. Auf einer Reise dorthin erkrankt Hamann und stirbt am 21. Juni 1788 in Münster. Seine letzte Ruhestätte findet er zunächst im Garten der Fürstin, dann auf dem Überwasserfriedhof in Münster. Silke Osman