20.04.2024

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02.09.00 Wie Paris auf die Euro-Schwäche und die Preissteigerungen reagiert

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 02. September 2000


Frankreich: Einfach totschweigen
Wie Paris auf die Euro-Schwäche und die Preissteigerungen reagiert

Seit seiner Einführung im Januar 1999 hat der Euro gegenüber dem US-Dollar um 23 Prozent an Wert verloren. Nach ihrem bisherigen Tiefpunkt Ende Mai mit einem Kurs von 0,8853 US-Dollar konnte sich die Einheitswährung bis jetzt nicht merklich erholen. Derzeit dümpelt ihr Wert bei gerade einmal um die 0,90 US-Dollar. Das offizielle Frankreich schweigt eisern zu der nun nicht mehr zu leugnenden Schwäche der maßgeblich auf ihren Druck hin eingeführten Währung. So waren in der letzten Zeit weder vom Wirtschafts- und Finanzministerium noch von der Nationalbank, der Banque de France, Meinungsäußerungen zu vernehmen. Anfragen gegenüber verhielten sich ihre Pressesprecher ausgesprochen reserviert und zurückweisend. Die regierungsfreundliche Presse, wie beispielsweise die Tageszeitungen "Le Monde" und "Libération", verschweigen das Problem ebenso wie der dem französischen Establishment nahestehende Rundfunksender "Radio-Classique". Nur der konservative "Figaro" und die führende Wirtschaftszeitung "Les Echos" behandeln das Thema in Fachartikeln.

Die für Europa zuständige Volkswirtin der bedeutenden französischen Privatbank "Societé Générale" sieht die Ursache für die Euro-Schwäche in den krassen Unterschieden zwischen den Wirtschaftswachstumsraten in den Vereinigten Staaten und in der Europäischen Union. Während für die amerikanische Wirtschaft ein jährliches Wachstum von fünf Prozent erwartet werde, könne man in Europa nur mit einem Satz von drei Prozent rechnen. Als ein Manko der Euro-Zone betrachtet sie die fehlende Klarheit bezüglich der weiteren Entwicklung von Wirtschafts- und Währungspolitik. Ihres Erachtens könnte nicht die Besserung der europäischen Wirtschaftslage, sondern nur eine konjunkturelle Schwäche in Amerika die Geldanleger dazu bewegen, sich zugunsten des Euro zu entscheiden.

Bereits Anfang Juli und damit zum Beginn der französischen EU-Ratspräsidentschaft war in Paris zu vernehmen, die Stärkung des Euro durch eine Zusammenlegen der nationalen Wirtschaftspolitiken sei ein primäres Ziel dieser EU-Präsidentschaft. Das ist weniger im Sinne der Deutschen Bundesbank. Sie glaubt nicht an die Notwendigkeit und den Nutzen einer europäischen "Wirtschafts-Regierung" neben der Europäischen Zentralbank. Dieses gilt um so mehr, als Großbritannien wegen seiner währungspolitischen Unabhängigkeit bei einer solchen "Regierung" nur abseits stehen könnte. Nach Ansicht von "Les Echos" würde die Bundesbank es lieber sehen, wenn durch Strukturreformen im Rahmen der EU der Euro längerfristig gestärkt würde. In Frankfurt am Main hat man nämlich im Wertverlust der Einheitswährung einen der Hauptgründe für die jüngste Zunahme der Inflation in Euroland erkannt. Im Juli erreichte die Inflationsrate 2,4 Prozent. Damit war bereits im zweiten aufeinanderfolgenden Monat die erlaubte Marke von zwei Prozent überschritten.

Es ist davon auszugehen, daß der Vorstand der Europäischen Zentralbank am 31. August bzw. 14. September den Refinanzierungssatz um 50 Zähler erhöhen wird. Vielleicht kann durch diesen Versuch der Wertsteigerung des Euro der Import verbilligt und damit die Inflation zumindest teiweise bekämpft werden, denn die Ursachen dafür, daß die Einfuhrpreise für Erdöl im April und Mai um 20 Prozent gestiegen sind, liegen nicht nur in den Föderländern, sondern auch in der Schwäche der Einheitswährung.

Zu dieser Politik des knappen Geldes Stellung zu nehmen wird die Regierung Jospin sich auf jeden Fall gezwungen sehen. Ihre ganze Hoffnung setzt sie nämlich auf einen Fortgang des Wirtschaftsaufschwungs in Frankreich, und der ist schon jetzt durch ein Abschmelzen des Handelsüberschusses in Gefahr. Da wird jede Aufwertung der eigenen Währung als vermeintliche Belastung des Exports abgelehnt.

Pierre Campguilhem