24.04.2024

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09.09.00 "Gesäßbackengeographie"

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 09. September 2000


Gedanken zur Zeit:
"Gesäßbackengeographie"
Unsterblicher Mythos / Von Wilfried Böhm

Glaubt man bestimmten Medien, leben wir in einer vom Faschismus beherrschten Welt. Der "Stern", das Flaggschiff marxistischer Agitation neosozialistischer Prägung, widmete unlängst in einer Ausgabe, deren Titelbild das zur Fratze verzerrte Gesicht eines Neonazis zeigt, sechs Seiten dem amerikanischen Bestsellerautor Gore Vidal. Dieser rühmt sich, als Redenschreiber für Präsidenten und am Hof von John F. Kennedy eine Rolle gespielt zu haben. "Ich komme aus der herrschenden Schicht" läßt der "Stern" Mister Vidal sagen, um dessen Glaubwürdigkeit zu unterstreichen. Dermaßen eingeführt und legitimiert, teilt der Literat und Lebemann den "Stern"-Lesern mit, in den USA seien Präsidenten nur ein "Sprachrohr der Konzerne" und wendeten sich der Außenpolitik zu, um Kriege anzetteln und Bomben werfen zu können. Die wörtlichen Höhepunkte der Vidalschen Völkerhetze gegen Amerika lauten: "Wir sind das ignoranteste Volk der westlichen Welt", und: "Wir bereiten uns auf einen neuen Hitler vor. Wir leben in einem faschistischen Staat." Deutschland, so Vidal, sei schon immer die "loyalste Provinz" Amerikas gewesen, und Schröder und Fischer "treue Untertanen". Kennedy, der "rechts" war, hätte "Kriege gewinnen" wollen, weil er Ruhm wollte.

Vidals Amerikaner-Beschimpfungen im "Stern" sind ein gefundenes Fressen, gleichermaßen für Neosozialisten und für Neonazis, als deren Stichwortgeber der "Stern" erscheint. "Rechte" "mutig" zu bekämpfen, gibt der "Stern" vor, ja er sammelt sogar Geld für diesen Zweck. Das skandalöse Vidal-Interview entlarvt jedoch den Alarmismus des "Stern" als Teil des antifaschistischen Kampfes gegen "rechts".

Daß der "Stern" in diesem Fall auf den Beifall der Extremisten zur "Linken" und zur "Rechten" rechnen kann, beweist die ganze grundsätzliche Unsinnigkeit des Links/Rechts-Schemas bei der Schubladisierung von Menschen und Meinungen. Es war der Sozialdemokrat Willy Brandt, der die "Gesäßbackengeographie" nicht mochte, mit der Menschen in "Linke" und "Rechte" eingeteilt werden. Sie geht auf eine Zufälligkeit während der französischen Revolution vor mehr als zweihundert Jahren zurück, als die Royalisten nach einer "Fraktionssitzung" den Sitzungssaal der Nationalversammlung von rechts betraten, während die Anhänger der Revolution von links in den Saal kamen. Wären an diesem Tag die einen von oben die anderen von unten oder von vorn und hinten gekommen, hätten wir es heute in der politischen Terminologie wahrscheinlich mit "Oben- und Untenextremismus" oder mit "Hinten- und Vornextremismus" zu tun . . .

Gewiß ist nur: diese Schubladisierungen sind Blödsinn, und alle in Wissenschaft und Politik, die ernst genommen werden wollen, sollten sie endlich in den Papierkorb der Geschichte werfen. Hin und wieder blitzt solche Erkenntnis in seriösen Zeitungen auf, aber dennoch bleiben sie so stur bei "rechter" Gewalt, wie sie auf Knopfdruck die Rechtschreibreform vollstrecken.

"Rechts" und "Links" sind zutiefst reaktionäre Begriffe, die im zu Ende gegangenen Jahrhundert den totalitären Massenbewegungen als Schlagwaffe dienten, die jede von sich behauptete, der entschlossenste Gegner der anderen zu sein und die sich damit gegenseitig hochjubelten. Dabei sortierten sich viele Nationalsozialisten gern "links" ein. Goebbels sprach noch in seiner berüchtigten Rede, in der er zum "Totalen Krieg" aufrief, vom "sozialistischen Krieg" des ganzen Volkes. Die Kommunisten hingegen bezeichneten die Nationalsozialisten als "Faschisten" oder "Nazis", um diese verbal vom "Sozialismus" zu trennen. Mit Haß und Gewalt zerstörten Kommunisten und Nationalsozialisten die Weimarer Republik, beide unter der roten Fahne, die einen hatten darauf Hammer und Sichel, die anderen das Hakenkreuz. Die schrecklichen Folgen des Totalitarismus sind bekannt. Später nutzten die Kommunisten den "Antifaschismus" als Herrschaftsinstrument ebenso, wie sie ihn heute, nach ihrem moralischen, wirtschaftlichen und politischen Scheitern, als Instrument zu ihrer Rückkehr in die Geschichte einsetzen.

Nach wie vor ist für sie der "Antifaschismus" die erste Stufe auf dem Weg zum Sozialismus. Das Rechts-Links-Schema leistet dem Vorschub. Beides ist zutiefst reaktionär und soll die wahre Alternative verschleiern, die "Freiheit oder Sozialismus" lautet, gleichgültig, ob dieser in seiner roten oder braunen Version auftritt. Die Menschen des Jahres 2000 stehen vor anderen Aufgaben, als die vor zweihundert Jahren. Wer ihr Denken in reaktionäre Schemata zwingen will und nicht den Kampf gegen jede Art gewaltsamen Extremismus führt, handelt verantwortungslos.