29.03.2024

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09.09.00 "Das eisige Klima aufzutauen ..."

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 09. September 2000


"Das eisige Klima aufzutauen ..."
Eröffnungsrede für die Gefallenen des Fallschirm-Panzer-Korps in Trakehnen
Von Prof. Dr. HEINZ BLISS

Sehr geehrter Herr Landrat Akinin! Sehr geehrter Herr Bürgermeister! Sehr geehrte Vertreter der russischen Behörden! Liebe russische und deutsche Veteranenkameraden!

Anläßlich des Besuches des russischen Staatspräsidenten Putin in der zweiten Juniwoche dieses Jahres erklärten dieser und der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder, eine neue Epoche der deutsch-russischen Beziehungen einleiten zu wollen. Man wolle auf den Gebieten der Wissenschaft, der Kunst und der Beziehungen zwischen den Menschen in Zukunft eng zusammenarbeiten.

Darüber können sich Russen und Deutsche sicher freuen, wird doch an eine Tradition angeknüpft, die schon über tausend Jahre alt ist.

Ich will hier nicht erschöpfend alle Daten nennen, aber doch einige herausstellen:

1. Die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Handwerks, der Medizin, des Militärwesens seit der Zeit Iwan Grosnys;

2. Die enge Zusammenarbeit auf fast allen Gebieten zur Zeit Peters des Großen;

3. Die Ansiedlung von deutschen Bauern und Handwerkern zur Zeit der Zarin Katharina der Zweiten, die selbst ja eine Deutsche war;

4. Die gegenseitige Befruchtung auf dem Gebiet der Musik und Literatur seit Puschkin und Goethe;

5. Die Politik unseres Reichskanzlers Bismarck, der stets für eine enge deutsch-russische Zusammenarbeit eintrat;

6. Die Zusammenarbeit auf technischem, wirtschaftlichem und militärischem Gebiet nach dem Abkommen von Rapallo Ostern 1920.

Dies waren nur einige Eckdaten aus der Geschichte der deutsch-russischen Beziehungen und Zusammenarbeit.

Zwei schreckliche Weltkriege haben die lange Kette der deutsch-russischen Zusammenarbeit – ja Freundschaft – unterbrochen.

Aber schon unter Bundeskanzler Adenauer, gefolgt von Willy Brandt und Helmut Kohl, wurden ernsthafte Versuche unternommen, das nach dem Kriege von 1941 bis 1945 entstandene eisige Klima aufzutauen.

Das 4+2-Abkommen von 1990 gab dann die Möglichkeit, das Eis ganz zu schmelzen. Eine gute Zusammenarbeit bahnte sich an, die dann leider durch Ereignisse wie Kosovo u. a. unterbrochen wurden. An der Basis haben wir nicht aufgehört, für Versöhnung und Zusammenarbeit einzutreten und zu kämpfen. Ein gutes Beispiel hierfür sind die Beziehungen zwischen den russischen und deutschen Kriegsveteranen hier in Jasnaja Poljana/Trakehnen seit 1998.

Ich selbst pflege die besten Beziehungen zu den Kriegsveteranen von Jaroslavl schon seit 1991 – also noch zur sowjetischen Zeit. In diesem Jahr nahm ich mit einer Delegation von Veteranen und Bundeswehrreservisten der deutschen Partnerstadt Kassel am 22. Juni 1991, am 50. Jahrestag des Beginns des deutsch-sowjetischen Krieges, an den Gedenkfeiern in Jaroslavl teil. Wir waren die ersten Kriegsveteranen, die nach dem Zweiten Weltkrieg in die damalige Sowjetunion eingeladen waren. Aus dieser ersten Begegnung ist eine feste Partnerschaft, ja herzliche Freundschaft, entstanden. Jedes Jahr tauschen wir Delegationen aus. Ich selbst wurde mit dem russischen Friedensdiplom ausgezeichnet.

Ich habe mein persönliches Beispiel genannt, weil ich sehr wünsche und hoffe, daß zwischen den russischen und deutschen Veteranen auch hier in Jasnaja Poljana eine ähnlich herzliche Partnerschaft entsteht.

Daß wir heute hier an diesem Ort eine Gedenkstätte für deutsche Gefallene einweihen dürfen, verdanken wir den russischen Behörden und Freunden.

Wir danken ihnen allen und geloben, unsere Anstrengungen auf eine russisch-deutsche Zusammenarbeit hier und überall zu richten. Das sind wir den gefallenen deutschen und russischen Soldaten schuldig.

Wir gedenken der Gefallenen in tiefer Trauer und versprechen ihnen, ihr Opfer als Mahnung für den Frieden und der Versöhnung über den Gräbern aufzufassen.

Wir gedenken ebenso der Opfer der Vertreibung und Gewaltherrschaft überall in der Welt.

Wir gedenken der Opfer unter der Zivilbevölkerung der beiden Kriege und der Zeit bis heute.

Mögen die Großen dieser Welt ihre Aufgabe darin sehen, ihren Völkern ein Leben ohne Hunger und Kriegsangst zu sichern.

Gott stehe ihnen dazu bei.