29.03.2024

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16.09.00 Die ostpreußische Familie

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 16. September 2000


Die ostpreußische Familie

Lewe Landslied,

unsere Ostpreußische Familie schreibt so langsam ihre eigene Familienchronik. Sie ist eben keine Wochenspalte, die gelesen und zur Seite gelegt wird, sondern sie wird verwahrt und immer wieder hervorgeholt. Nur so ist es möglich, daß auch nach Jahr und Tag plötzlich alte Fragen – und Antworten! – einen neuen Sinn bekommen, weil neue Leser in unserer Wunschspalte fündig werden.

So veröffentlichte ich 1991 das handgeschriebene Vermächtnis der Friederike Fetting aus Obereißeln, das sie 1946 einer Frau Malnitz übergeben hatte. Es geriet nach 45 Jahren einem Landsmann aus Treuburg in die Hände, der es an mich sandte mit der Bitte, die eventuellen Nachkommen von Frau Fetting zu suchen. Das war schwer, denn die Namen waren nur ungenügend angegeben. Kurz und gut: Es fand sich eine Enkelin von Frau Fetting. Die bereits verstorbene Tochter Liesbeth, verheiratet mit einem Zollbeamten, hatte zwei Söhne und zwei Töchter hinterlassen. Eine von ihnen, Edith Sch. aus Monschau, war von einer Tante über die Suche im Ostpreußenblatt unterrichtet worden. Ihr konnte ich nun das letzte Vermächtnis der Großmutter zusenden. Diese Geschichte war so außergewöhnlich, daß sich sie auch in unserm ersten Familienbuch "Einfach wundervoll" veröffentlichte.

Und nun, neun Jahre später, erreichte mich der Anruf einer ebenfalls in Obereißeln geborenen Leserin, die mich aufgeregt nach der Familie Fetting fragte. Denn sie hatte damals an der Memel mit den Nachbarskindern gespielt, und nun die Namen gelesen und von dem Schicksal der Familie Fetting erfahren, von der sie nach dem Krieg nie etwas gehört hatte. "Auf einmal stand das alles wieder vor mir, ich konnte in der Nacht nicht mehr schlafen", sagte Erika Meiner am Telefon und bat mich, noch einmal nach der Familie zu fragen. Erika Meiner ist eine geborene Subroweit. Sie erinnert sich vor allem an Dieter Bader, der Zollbeamter wurde. Ich hoffe nun, daß sich vielleicht Edith Sch. aus Monschau wieder meldet, vielleicht auch eines ihrer Geschwister. Frau Meiner würde sich so sehr über eine Nachricht freuen (Erika Meiner, Hohenstaufenstraße 8 in 70178 Stuttgart).

Bleiben wir gleich an der Memel. Kürzlich saß beim diesjährigen Klassentreffen in Bernburg eine kleine Gruppe ehemaliger Schüler und Schülerinnen der Johanna-Wolff-Schule gemütlich zusammen. Plötzlich tauchte die Frage auf: "Wer weiß, welches alkoholische Getränk außer Bärenfang noch in Tilsit getrunken wurde?" Alle zuckten die Schultern, denn sie waren ja damals noch Kinder gewesen. Schließlich glaubte ein "Angeheirateter", ein Nichtostpreuße, zu wissen: "Heidegeist hieß das edle Gesöff!" – was auf vollkommenes Unverständnis stieß. Nun ist meines Wissens "Heidegeist" ein relativ junger Schnaps aus der Lüneburger Heide. Gab es damals schon in Tilsit ein Gebräu dieses Namens? Was wurde sonst an Hochprozentigem in Tilsit getrunken? Das ostpreußische Getränkevokabular ist ja recht umfangreich: Pillkaller, Nikolaschka, Elefantendubs, Blutgeschwür, Kosakenkaffee, und dann dieser kaum vertrackte Kräuterlikör "Stichpimpulibockforcelorum". Und sicher wurde auch in Tilsit der bekannte Rußer Wasserpunsch getrunken. Wer weiß mehr über die Tilsiter Getränkekarte? Ach so, ich soll auch nach den Büchern von Johanna Wolff fragen. Wer besitzt noch welche und ist bereit, sie abzugeben? (Traute Englert, Im Moorkamp 19 in 31226 Peine.)

Eure

Ruth Geede