29.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
23.09.00 Geschichte: Wehe, wer die Wahrheit sagt!

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 23. September 2000


Geschichte: Wehe, wer die Wahrheit sagt!
Franz W. Seidler über die Greuel der Roten Armee und linke Hetze gegen die Aufarbeitung dieses Kapitels der Geschichte
Von HANS-JOACHIM v. LEESEN

Prof. Dr. Franz W. Seidler (bis 1998 Professor für Neuere Geschichte an der Hochschule der Bundeswehr in München, seitdem im Ruhestand) war der erste deutsche Historiker, der öffentlich gegen die Wehrmachtsausstellung von Reemtsma und Heer wegen ihrer wissenschaftlichen Unredlichkeit Stellung nahm. Das zog ihm den Haß der Linken zu, sei es aus Parteien, sei es in Presse und Rundfunk – und auch so mancher Kollege stimmte mit ein, und das um so mehr, als Seidler sich nicht dem Druck beugte. Daß schließlich 1999 die Aufklärungsarbeit ausländischer Historiker über die Fälschung der Ausstellung deren Ende bedeutete, muß ihn mit Genugtuung erfüllen.

Aber Seidler hatte sich nicht nur um die Aufdeckung der dubiosen Methoden der Wehrmachtsausstellung verdient gemacht. Er hat zudem in einer Reihe wissenschaftlicher Werke Themen aufgegriffen, an die sich kaum ein Zeitgenosse wagen mochte, und dabei anhand von Quellen berichtet, wie sich historische Geschehnisse tatsächlich entwickelt und abgespielt haben. Das paßte oftmals nicht in das von Vergangenheitsbewältigern verordnete Schema.

Nun legt der couragierte Historiker einen reich bebilderten zweiten Band des Werkes "Verbrechen an der Wehrmacht 1942/43" unter dem Haupttitel "Kriegsgreuel der Roten Armee" vor, der in zweierlei Hinsicht von besonderer Bedeutung ist. Im ersten Teil schildert Seidler, wie die Hetze gegen ihn betrieben worden ist. Er nennt Fakten und Namen und zeichnet so ein Bild, das jedem Deutschen, dem an freiheitlich-demokratischer Verfassung und politischem Anstand liegt, die Haare zu Berge stehen läßt. Dabei ist zu bedenken, daß das, was Seidler offen darstellt, anderen, die sich gegen verordnete tendenziöse Deutungen unserer Geschichte wandten, ähnlich ergangen ist, was viele veranlaßte, resigniert ihren Forschungsgegenstand aufzugeben oder aber davon absehen ließ, ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse zu veröffentlichen.

Zahlreiche Historiker meldeten sich 1999 erst nach dem Aufdecken der Machenschaften von Reemtsma und Heer durch ausländische Wissenschaftler zu Wort, um mitzuteilen, daß sie dergleichen längst gewußt oder wenigstens geahnt hätten, allerdings ohne gewagt zu haben, sich zu äußern. Sie standen unter enormem Druck, der anmutet wie ein faktisches Verbot, in Deutschland bestimmte historische Tatsachen zu äußern. So zogen es nicht wenige von Seidlers Kollegen vor, auf harmlose Forschungsbereiche auszuweichen oder ihre Ansichten für sich zu behalten.

In Seidlers neuem Buch "Kriegsgreuel der Roten Armee – Verbrechen an der Wehrmacht Band 2" berichtet er von den Schwierigkeiten, "denen ein Historiker begegnet, der die Geschichte des Zweiten Weltkrieges aufgrund von Quellenstudien und Zeitzeugenaussagen anders darstellt, als das Linkskartell, bestehend aus den meisten Medien und den linken gesellschaftlichen Gruppierungen unseres Landes, es will". Zwar garantiere das Grundgesetz in Artikel 5 Abs. 3 die Freiheit von Forschung und Lehre, doch bewege sich ein Historiker, der seinem Gewissen folgt, auf des Messers Schneide, selbst wenn er nichts anderes berichte als das, was er, auf Fakten aufbauend, als die Wahrheit erkennt.

Seidler hatte brisante Themen bereits in seinen vorangegangenen Büchern aufgegriffen, so etwa in dem Werk "Frauen zu den Waffen?", in dem er die Rolle der Frauen in den Streitkräften Revue passieren läßt und zu erkennen gibt, "daß die Verwendung von Frauen als Soldatinnen, vor allem in den Kampftruppen, vielfältige Probleme aufwirft, die der Einsatzbereitschaft und der Widerstandsfähigkeit der Truppe abträglich sind." Er schildert die Geschichte des deutschen Wehrmachtshelferinnenkorps im Zweiten Weltkrieg und macht deutlich, daß ihr Aufbau nach sowjetischen, britischen und amerikanischen Vorbildern erfolgt ist.

In einem weiteren Buch mit dem Titel "Blitzmädchen" schildert er die Verwendung von Mädchen und Frauen im Dritten Reich als Maiden des Reichsarbeitsdienstes, als Notdienstverpflichtete in der Rüstungsindustrie, als Wehrmachts- und SS-Helferinnen und im Widerstand gegen die Rote Armee.

Er befaßt sich in weiteren Büchern mit "Fritz Todt. Baumeister des Dritten Reiches" und mit der "Organisation Todt. Bauen für Staat und Wehrmacht", ohne zu den heute typischen, aus ideologischem statt wissenschaftlichem Blickwinkel erbrachten Verteufelungen zu greifen: Die historische Untersuchung, nicht die politische Wertung steht auch hier im Vordergrund.

1989 schrieb er das Buch "Deutscher Volkssturm. Das letzte Aufgebot 1944/45",. In ihm wird der Motivation nachgegangen, warum sich der Volkssturm ohne ausreichende völkerrechtliche Absicherung mit letzter Verzweiflung gegen die Rote Armee stemmte.

Einem weiteren wissenschaftlichen Werk, "Die deutsche Militärgerichtsbarkeit der deutschen Wehrmacht 1939–1945", ist zu entnehmen, daß die Mehrzahl der richterlichen Militärjustizbeamten keine blutrünstigen Nazis waren, sondern in großer Unabhängigkeit Urteile fällten.

In einem weiteren Buch "Fahnenflucht. Der Soldat zwischen Eid und Gewissen" wies er anhand der Urteile nach, daß nicht einmal jeder zehnte der 13 500 Soldaten, die bis Mitte 1944 zum Tode, zu Zuchthaus oder Gefängnis verurteilt wurden, aus politischen Gründen desertiert war. Er widerlegte damit auch die Legende, im Kriege seien insgesamt 30 000 deutsche Deserteure hingerichtet worden.

Und Seidlers Darstellung "Die Kollaboration 1939 bis 1945" ließ zum ersten Mal deutlich werden, wie groß die Anzahl derer war, die mit Deutschland zusammenarbeiteten, ebenso wie die Zahl der Freiwilligen, die nicht nur aus Nord-, West- und Südeuropa kamen, sondern auch aus Ländern der Sowjetunion, und von dorther sogar in besonders großer Zahl, die an der Seite der deutschen Soldaten gegen das Stalinsche Verbrechersystem im Osten kämpfen wollten. Dieses Buch ließ die linken Gegner überschäumen. Die Zitate Andersmeinender, die Seidler in seinem neuen Buch dokumentiert, verstärken den Verdacht, daß es in Deutschland zur Zeit nicht um Auseinandersetzung mit Argumenten und Gegenargumenten geht; in Deutschland scheint eine bestimmte politische Gruppe im Begriff zu sein, den politischen Gegner zum "Feind" zu erklären, der gesellschaftlich zu vernichten sei.

Aber auch menschliche Feigheit schildert Seidler, wenn er das Verhalten vieler seiner Professorenkollegen an der Bundeswehrhochschule skizziert. Angesichts der Angriffe auf den Kollegen duckten sich zahlreiche Professoren und wagten es nicht, die wissenschaftliche Freiheit zu verteidigen. Der Präsident der Universität der Bundeswehr München, ein ehemaliger evangelischer Pfarrer und Direktor einer Volkshochschule, drohte Seidler vor der Presse gar mit "beamten- und hochschulrechtlichen Sanktionen" und behauptete, in seiner wissenschaftlichen Forschung vertrete Seidler verfassungsfeindliche Ansichten. Die Infamie ging so weit, daß der Universitätspräsident nicht nur der Abschiedsvorlesung Seidlers an der Hochschule fern blieb; als die Illustrierte "Stern" klitterte, diese Abschiedsvorlesung – die in Wahrheit in einem überfüllten Hörsaal stattfand – hätte "fast leere Ränge aufgewiesen", erklärte er, daß die meisten der Professorenkollegen ferngeblieben waren, sei "in diesem Falle einfach angebracht" gewesen.

Der erste Teil in Seidlers neuem Buch zeigt, wie überall in Deutschland die Linke mit allen Mitteln, seien sie erlaubt, seien sie unerlaubt, bemüht ist, ihr unliebsame Meinungen zu unterdrücken und Menschen, die sich von ihren eigenen Ansichten nicht abbringen lassen, zu diskriminieren und mundtot zu machen. Dazu gehört auch das von Prof. Seidler ausführlich dargestellte Thema der verbotenen Wehrmachtstraditionen in der Bundeswehr, wie auch die Abschaffung des Fachs Militärgeschichte in den Hochschulen der Bundeswehr (!).

Der erste Abschnitt des neuen Buches "Kriegsgreuel der Roten Armee – Verbrechen an der Wehrmacht Band 2" ist hier so ausführlich vorgestellt, weil diesmal ein Hochschullehrer kein Blatt vor den Mund genommen hat, sondern offen die Unterdrückungsmaßnahmen gegen ihn unter Nennung von Roß und Reiter öffentlich anprangert. Die vom Grundgesetz garantierte Freiheit der Wissenschaft und der Meinungsäußerung ist in der augenblicklichen Situation ganz zweifelsfrei in Gefahr, auch wenn sich so gut wie keines der gängigen Medien des Skandals annimmt.

Ebenso bedeutsam wie die Beschreibung immer unverfrorener werdender Unterdrückungsversuche nicht genehmer Meinungen ist der zweite Teil des Buches, in dem der Autor den ersten Band über die Völkerrechtsverstöße der Roten Armee gegen die Wehrmacht fortsetzt. Er dokumentiert aus den Akten der "Wehrmacht-Untersuchungsstelle für Verletzungen des Völkerrechts", die im Bundesarchiv/Militärarchiv erhalten sind, die aber in den ersten Jahrzehnten nach dem Krieg niemand auszuwerten wagte. Nach dem US-amerikanischen Historiker und Völkerrechtler Prof. Alfred de Zayas (der nachwies, daß diese Untersuchungsstelle unter wissenschaftlichen und forensischen Kriterien sachlich und ohne ideologische Vorbehalte vorging) hat Seidler in nunmehr zwei umfangreichen Bänden die Dokumente zum Entsetzen einer Linken, die klammheimlich oder öffentlich immer noch auf der Seite der Stalinschen Armee als "Armee der Befreiung" steht, einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Untersuchungsstelle hat im Laufe des Krieges rund 8000 Fälle von alliierten Völkerrechtsverletzungen dokumentiert. Seidler hat nur einen Bruchteil davon wiedergegeben, doch der ist grauenhaft genug.

Dabei stellt sich heraus, daß die Verstöße gegen das Völkerrecht nicht etwa von einzelnen Soldaten der Roten Armee spontan verübt wurden, sondern daß in den meisten Fällen Befehle russischer Stäbe Grundlagen der Greuel waren. Die deutsche Untersuchungsstelle hat sowjetische Quellen ausgewertet, wie erbeutete Akten, Meldungen russischer Kommandostellen, Aussage von Kriegsgefangenen und so weiter. Daneben wurden deutsche Zeugen im Rahmen von eidlichen Vernehmungen gehört. Soweit es möglich war, wurden Ärzte herangezogen, die ihre Untersuchungsergebnisse hinsichtlich gemarterter und zu Tode gequälter deutscher Soldaten zu Protokoll gaben.

Einer der harmlosesten Fälle wird wiedergegeben in der Aussage des Russen Masel, Nikolaj, B.A.S.S.R., Dowansker Bezirk Mitrofanowsk, der aussagte: " Ich war Zeuge der Gefangennahme deutscher Soldaten, die im Herbst 1941 im Dorfe Rschawij, Gebiet Tula, sich den Russen freiwillig ergaben. Sie wurden von einem Politruk vernommen und sodann erschossen. Von 13 Mann blieben am Leben zwei. Die übrigen wurden erschossen. Verwundete acht Mann wurden gleich auf dem Fuhrwerk niedergeschossen."

In einem anderen Dokument wird wiedergegeben, was ein gefangener Kommissar eines sowjetischen Schützenregimentes aussagte. Danach sei maßgeblich für die Behandlung deutscher Kriegsgefangener ein Befehl von Stalin vom November 1941 gewesen, nach dem alle Kriegsgefangenen, die bis zuletzt kämpften oder die noch mit Waffen angetroffen werden, zu erschießen sind und nur noch Überläufer als Gefangene nach hinten abgeschoben werden. Der gefangene Kommissar weiter: "Bei der Gefangenenvernehmung im Regimentsstab sind anwesend: der Regimentskommandeur, der Regimentskommissar, ein Dolmetscher, ein weiterer Offizier und vier Soldaten. Im allgemeinen sagen die Gefangenen nicht freiwillig aus; um aber eine Aussage von ihnen zu bekommen, werden sie durch Verprügeln zur Aussage gezwungen. Zu diesem Zweck müssen sie sich auf die Erde legen, und zwar mit dem Gesicht nach unten. Dann werden sie von je einem der anwesenden Soldaten am Kopf und an den Füßen festgehalten und bekommen mit einem armdicken Knüppel fünf bis zehn Schläge auf Gesäß und Rücken. Die ersten Schläge sind noch verhältnismäßig leicht. Ist der Gefangene danach noch nicht bereit auszusagen, so werden die Schläge etwa fünf bis zehn Minuten in verstärktem Maße fortgesetzt. Zwischendurch wird er noch einige Male gefragt. Aufgehört wird erst mit dem Prügeln, wenn der Gefangene bewußtlos oder tot ist."

Dokumentiert sind Massenerschießungen deutscher Gefangenen, grauenhafte Quälereien von verwundet in die Hände der Sowjets gefallenen Soldaten, ja Kannibalismus, vollzogen an Deutschen, Ausmordung von Lazaretten.

Seidler hat hier ein weiteres Buch vorgelegt, das Wichtiges für das Verständnis der Auseinandersetzung zwischen Deutschland und der Sowjetunion beiträgt, auch wenn es zur Zeit nicht in die deutsche politische Landschaft paßt. Es verdient weite Verbreitung.

Franz W. Seidler, Kriegsgreuel der Roten Armee. Verbrechen an der Wehrmacht, Band 2: 1942/43, 320 Seiten, viele s/w Abb., geb. Großformat, DM 49,80, Pour le Mérite Verlag