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28.10.00 Ostgebiete 1945 zu Polen?

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 28. Oktober 2000


Berlin:
Ostgebiete 1945 zu Polen?
BfA erkennt Ansprüche eines Vertriebenen nicht an

Für die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) in der Bundeshauptstadt Berlin sind die deutschen Ostgebiete nach der Kapitulation der Wehrmacht am 8. Mai 1945 bereits polnisches Territorium gewesen. Der Akt der Austreibung wird als "Ausreise" eingestuft. Auf die Höhe der Rente von Vertriebenen kann sich dies spürbar auswirken.

Dem Ostpreußenblatt war ein Schreiben der BfA an das Landessozialgericht Baden-Württemberg in Stuttgart zugespielt worden. Es handelt sich dabei um die Stellungnahme der Versicherungsanstalt in einem Berufungsverfahren vor dem Stuttgarter Sozialgericht. Gegen die BfA geklagt hat ein Mann, der im Alter von 15 Jahren im Winter 1946/47 zusammen mit seiner Familie aus Stolp in Hinterpommern ausgetrieben wurde. Er wehrt sich gegen die Weigerung der BfA, bestimmte Ausfallzeiten für die Rente anzuerkennen.

Nur mit etwas Handgepäck war die Familie nach tagelanger Irrfahrt im Viehwaggon im Dezember 1946 in Thüringen gelandet und wurde dort in Rudolstadt zunächst notdürftig in Auffanglagern untergebracht. Aufgrund von Quarantänebestimmungen war während des viermonatigen Lageraufenthalts die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht gestattet. Nach der Zuweisung einer Wohnung in der Umgebung arbeitete der Betroffene bis zu seiner Flucht im Jahr 1955 in der DDR. Bei der Berechnung der Rente weigerte sich die BfA, die Verweilzeiten in den Lagern als Ausfallzeiten anzuerkennen, obwohl der Kläger mit dem Vertriebenenausweis A die Vertreibung nachweisen kann. Für den Betroffenen hat dies eine deutlich verminderte Rente zur Konsequenz. In der Stellungnahme wird vielmehr bestritten, daß eine Vertreibung überhaupt stattgefunden hat. Die deutschen Gebiete östlich von Oder und Neiße sind für die Versicherungsanstalt zumindest seit 1945 polnisches Territorium.

Tatsächlich, so die schriftliche Argumentation, seien die "Umstände der Ausreise" aus Polen und damit die sich "anschließende" Arbeitslosigkeit nicht geklärt. Die Tatsache allein, daß sich der Kläger in einem Aufnahmelager befunden haben soll, gibt noch keinen Aufschluß über die Gründe des Verlassens des polnischen Gebietes. Da der Kläger ferner "bis 12/1946 Wohnung im elterlichen Haus" angegeben habe, werde er um Mitteilung darüber gebeten, "ob die behauptete Vertreibung auch seine Eltern betraf".

Mit den Ausführungen seines Hauses konfrontiert, zeigte sich der Sprecher der BfA überrascht. Selbstverständlich müsse man jeden Fall einzeln überprüfen. Aber selbst auf Nachfrage wurde die Frage nicht beantwortet, ob der völkerrechtswidrige Akt der Vertreibung von Millionen Deutschen aus den deutschen Ostgebieten und Ost- bzw. Südosteuropa als historische Tatsache von der BfA bezweifelt werde.

Der Landesvorsitzende des Bundes der Vertriebenen (BdV) von Baden-Württemberg, Arnold Tölg, zeigte sich betroffen. Es sei absurd, die Vertreibung in Frage zu stellen. Tölg forderte die Spitze der BfA auf, unmißverständlich zu dem Thema Stellung zu beziehen.

Der Fall wird möglicherweise auch den Landtag von Baden-Württemberg beschäftigen. Mehrere Abgeordnete von CDU und Republikanern zeigten sich bereit, die Argumentation der BfA in der Rentenstreitsache zum Gegenstand einer parlamentarischen Anfrage zu machen. REP-Abgeordneter und Mitglied im BdV, Alfred Dagenbach, sagte: "Seit Jahren ist die Tendenz festzustellen, die Vertriebenen politisch nicht mehr ernst zu nehmen. Jetzt sollen sie anscheinend nach dem Verlust der Heimat auch noch um ihre Geschichte und Identität gebracht werden. Darin liegt der eigentliche Skandal." Felix Kilian