29.03.2024

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11.11.00 Euro: Hoffen auf Trichet

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 11. November 2000


Paris:
Euro: Hoffen auf Trichet
Frankreich setzt auf baldige Ablösung Duisenbergs

Trotz mehrerer Interventionen der Europäischen Zentralbank und gelegentlich anderer Notenbanken hat der Euro fast dreißig Prozent seines Wertes gegenüber dem US-Dollar und dem japanischen Yen seit seiner Einführung Anfang Januar 1999 verloren. Die französische wie die amerikanische Presse, die lange das Phänomen mit Gelassenheit beobachtet hatten, haben nun eine harsche Kampagne gegen den gegenwärtigen Führungsstil der EZB gestartet. Besonders "Le Monde", die als die offiziöse Tageszeitung der Regierung Jospin gelten kann und zudem von den USA aus finanziert wird, veröffentlichte kürzlich einen langen Artikel, in welchem sie zu bedenken gab, daß die schlechte Gesundheit der Einheitswährung eigentlich die Schuld eines unvorsichtigen Verhaltens Wim Duisenbergs, des gegenwärtigen Präsidenten der EZB, wäre. Die französischen Behörden, die viel Wert darauf legen, daß Duisenberg von dem Franzosen Jean-Claude Trichet Anfang 2002 abgelöst wird, waren sicherlich nicht unzufrieden, daß die einflußreiche Zeitung jene Ablösung vorantreibt.

Konkreter sprach die in Paris erscheinende liberale "International Herald Tribune", die gemeinsam von "The Washington Post" und "The New York Times" herausgegeben wird, in einem Sechs-Spalten-Beitrag ihres Frankfurter Korrespondenten für den Euro von "einer Währung ohne einen Staat". Die Zeitung hob hervor, Allan Greenspan, der Vorsitzende der Federal Reserve Bank könne sich auf die Zusammenarbeit der amerikanischen Finanzstaatsbehörden stützen, wenn er eine schwerwiegende Entscheidung zu treffen habe. Statt dessen sei die Unterstützung Duisenbergs durch die Gremien des Eurolands nur gering und zweifelhaft. Schwerfällig erscheint die Entscheidungsprozedur mit dem sechsköpfigen Vorsitz der EZB, den elf Chefs der jeweiligen Notenbanken und einem Rat von 17 Beratern. Die Tatsache, daß Duisenberg eher durch Konsens als durch eigenwillige Beschlüsse die EZB leitet, könnte sich mit Trichet an der Spitze der EZB ändern. Dennoch würde die Schwerfälligkeit der zu koordinierenden Wirtschaftspolitiker in der Euro-Zone ein tiefgreifendes Hindernis für eine aktive Geldpolitik in dieser Zone bleiben. Um so mehr, als am Frankfurter Sitz der EZB niemand weiß, ob in einer näheren Zukunft die Zahl der Euroteilnehmer nicht vergrößert sein wird.

Ungeachtet der mildernden Äußerungen des französischen Wirtschafts- und Finanzministeriums fängt die Pariser Nationalversammlung an, sich um das Problem des schwachen Euro zu kümmern. Neben Angriffen gegen die gegenwärtige Führung der EZB während der Haushaltsdebatte wurde zudem Jean-Claude Trichet durch den Finanzausschuß dieser Kammer zwei Stunden lang intensiv verhört. Obwohl die führenden Tageszeitungen nicht viel darüber berichtet haben, sieht es doch so aus, als sei diese aktuelle Stunde stürmisch gewesen. Der Vorsitzende des Ausschusses, der Soziallist Henri Emmanuell, äußerte, die EZB fördere nicht nur die Preisstabilität, sondern auch das Wirtschaftswachstum und den Arbeitsmarkt. Konflikte scheinen so vorprogrammiert zu sein. Und zwar zunächst nur innerhalb der Leitung der EZB, falls Trichet Duisenberg ablöst und Jospin französisches Staatsoberhaupt wird.

Außer dem Mangel an Glaubwürdigkeit der Führung der EZB unterstreichen die Zeitungen, daß der Euro seinen eigenen Wert nicht gewonnen hat, von der guten oder schlechten Gesundheit der amerikanischen Wirtschaft aber abhängt. Wie "Les Echos" schreibt, ist die Einheitswährung nach der Auskunft der US-Statistiken "hin- und her gerissen". Obschon der Referenzkurs Euro gegen Dollar gegenwärtig rund um 83 Cents festgesetzt wird, kursieren an den Börsen Gerüchte, wonach nach der Washingtoner Präsidentschaftswahl die europäische Währung bis zu einem Referenzkurs von 0,76 US Dollar niederrutschen könnte. Der Finanzminister Clintons erklärte unlängst, Washington wolle einen starken Dollar behalten. Ob dies sich nach der Wahl am Potomac verändern wird, bleibt offen. Auf jeden Fall wies 1999 der US-Außenhandel Europa gegenüber ein starkes Defizit auf: 195,36 Milliarden US-Dollar aufgrund von Importen stehen gegenüber 151,64 Milliarden durch Exporte. Pierre Campguilhem.