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16.12.00 Falscher Ansatz

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 16. Dezember 2000


Kommentar:
Falscher Ansatz

Es läßt sich noch nicht überschauen, wie Polen bei dem Treffen in Nizza den Rang Spaniens mit 28 Stimmen im EU-Rat ergatterte. Sicher scheint nur, daß Außenminister Fischer, Liebling der Madeleine Albright, in Nizza in gewundener Diplomatensprache klarstellte: "Es wird keinen Vertrag zu Lasten Dritter geben." Man darf daher davon ausgehen, daß bei dem vorangegangenen Schröder-Besuch in Warschau nicht nur diese Rangfragen behandelt worden sind, sondern auch der dieser Tage veröffentlichte Vorschlag, Polen in die Stiftung Preußischer Kulturbesitz aufzunehmen, seine Ermunterung und Ausführung erfahren hat.

Nun wäre zunächst nichts dagegen einzuwenden, Länder, die sich seit dem Waffenstillstand von 1945 auf dem Gebiet Preußens ausgebreitet haben, in diverse Gremien aufzunehmen. Es kommt doch letztlich nur darauf an, welche Ziele mit solchen Organisationsgründungen verfolgt werden. Wenn die für die Aufnahme Polens in die Stiftung plädierende "Kopernikus-Gruppe" unter Federführung von Dieter Bingen, Darmstadt, und Kazimierz Wóycicki, Stettin, das deutsch-polnische Vertragswerk zur Lösung der kriegsbedingt verlagerten Kulturgüter als mangelhaft rügt, dann muß der Vertrag überprüft werden. Maßstäbe können nur völkerrechtliche Prinzipien sein, wie sie in der Haager Landkriegsordnung von 1907, dem Londoner Abkommen von 1945, der IV. Genfer Konvention von 1949 u. a. ausgeführt wurden.

Danach gilt, um die Vertragswerke in ihrer Sinnmitte zu deuten, daß Plünderungen untersagt, privates oder öffentliches Eigentum nicht eingezogen werden darf und: "Das Strafrecht des besetzten Gebietes bleibt in Kraft". Dies mag abwegig angesichts offiziell gegenteiliger Versuche wirken, findet aber von der Argumentation da einen soliden rechtlichen Grund, wo von der bindenden Verpflichtung aller Vertragswerke der Bundesrepublik an das Völkerrecht ausgegangen wird.

Bei den Versuchen der "Kopernikus-Gruppe" schimmert die auch kaum verhohlene Absicht durch, nicht nur das Völkerrecht außer acht zu lassen, sondern auch schon die "Diskussion um die Anwendung des personalen bzw. des territorialen Provenienzprinzips zu vermeiden und eine pragmatische Lösung zu suchen". Diese und ähnlich gewundene Argumente scheinen den Eindruck zu erwecken, als würde man das etwas schnoddrige, aber gleichwohl in aller Herren Länder verbindlich gültige Motto "Wer zahlt, schafft an" in sein Gegenteil verkehren wollen.

Auch werden rechtliche Argumente ausgespart, wenn kurzerhand davon gesprochen wird, daß die "polnischen Bewohner so zu Vermächtnisnehmern" deutscher Kulturgüter (und doch wohl Privateigentums?) geworden sind, nachdem vordem windig formuliert worden war, daß "zum Schutz vor Bombardierungen Auslagerungen vorgenommen worden sind, unter anderem nach Schlesien. Dort wurden ausgelagerte umfangreiche Bestände nach dem Kriegsende von polnischen Behörden und Privatpersonen aufgefunden und galten lange als verschwunden." Dies klingt, als hätten deutsche Behörden Kunstgüter nach Polen ausgelagert, die dann geradezu gezwungenermaßen als kulturelles Strandgut aufgelesen wurden. Soviel Euphemismus im Text verdeckt historische und rechtliche Sachverhalte, läßt auch für die von der "Kopernikus-Gruppe" geäußerte Vermutung, daß die "Zusammenarbeit" mit den Vertriebenen zunehmen könnte, wenig Raum. Dazu wiegt die rechtliche Last des privaten und öffentlichen Eigentums zu schwer. M. D.