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23.12.00 Bogdan Musials neues Buch dringt in Tabuzonen der Zeitgeschichte vor (Teil II)

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 23. Dezember 2000


Polnische Zivilcourage
Bogdan Musials neues Buch dringt in Tabuzonen der Zeitgeschichte vor (Teil II)

Die deutschen Soldaten beteiligten sich nur in Einzelfällen und nicht etwa organisiert an den Pogromen. Meistens, so weist Musial nach, waren sie nur Beobachter, allerdings Beobachter, die bis ins Tiefste entsetzt und erschüttert gewesen seien.

Musial zitiert Stimmen der Soldaten, seien es Äußerungen in Feldpostbriefen in die Heimat, seien es Aussagen alter Soldaten, die er jetzt befragte. Das viehische Verhalten der Bolschewisten hatte auf fast alle den allertiefsten Eindruck gemacht. Franz Josef Strauß schrieb in seinen Erinnerungen: "Als wir dazustoßen, werden gerade die ersten Leichen herausgebracht – bis zur Unkenntlichkeit verbranntes menschliches Fleisch. Die Toten werden auf dem Hof in Reihen gelegt, die Angehörigen hereingelassen, um ihre Angehörigen zu identifizieren. Die Szenen sind unbeschreiblich. Immer wieder tritt aus den Wolken eines bestialischen Gestanks eine Polin, eine Ukrainerin auf mich zu, packt mich, weint und schreit, zeigt Fotografien von Mann oder Sohn. Auf einmal sehe ich, wie neben mir Leutnant Wenck umfällt, ein tapferer und kriegserfahrener Offizier." Ein anderer Soldat schrieb in einem Feldpostbrief nach Hause, von diesem Tag an habe er das kommunistische System hassen gelernt.

Die deutsche Führung sah sich laut Musial angesichts der Massenmorde in ihrer Ansicht bestärkt, daß Juden und Kommunismus einander bedingen. Die deutsche psychologische Kriegführung habe die entdeckten Verbrechen genutzt, um in Wort und Bild die Welt zu informieren über die Untaten des Kommunismus. Viele Deutsche hätten daraufhin den Krieg gegen den Bolschewismus als gerechtfertigt angesehen.

Musial rügt indes, daß in deutschen Wochenschauen und in Zeitschriften Bilder von den sowjetischen Greueln veröffentlicht wurden. Man möge aber nicht außer acht lassen, daß die Sieger von 1945 gleiches taten, als sie auf schreckliche Verhältnisse in deutschen KZ gestoßen waren. Auch sie nutzten Leichenberge für weltweite Propaganda, um ihre Art der Kriegführung zu rechtfertigen.

Die Sowjets, die sich ertappt fühlten, behaupteten, die aufgefundenen Leichen seien Opfer der Deutschen. Das wird noch heute von nicht wenigen deutschen Historikern und Propagandisten verbreitet, so etwa in Reemtsmas Wehrmachtausstellung.

Unter den Leichenhaufen fand man immer wieder auch deutsche Kriegsgefangene, die in den ersten Kriegstagen den Sowjets in die Hände gefallen waren und von ihnen häufig auf brutalste Weise zu Tode gequält wurden. Musial hat herausgefunden, daß sich überall dort, wo man auf ermordete deutsche Kriegsgefangene stieß, deutsche Soldaten an der Judenverfolgung beteiligten. Es gab laut Historiker Musial aber auch deutsche Offiziere, die sich schützend vor Juden stellten. So zitiert er die Anordnung des deutschen Feldkommandanten in Drohobycz, daß Juden ab sofort "unter dem Schutz der deutschen Wehrmacht" stünden. Die Führung der 454. deutschen Sicherungsdivision gab den Befehl an die Ortskommandanturen "Lynchjustiz gegen Juden und andere Terrorakte sind mit allen Mitteln zu verhindern".

Die den deutschen Fronttruppen folgende Einsatzgruppe begann dessen ungeachtet mit Erschießungen von Juden mit der offiziellen Begründung, es handele sich um "Vergeltungsaktionen für sowjetische Morde an Ukrainern und Polen sowie an deutschen Kriegsgefangenen". Adolf Hitler befahl ausdrücklich nach Aufdeckung der sowjetischen Massenmorde in Lemberg Vergeltungsaktionen gegen Juden. Er sah sich bestätigt in seiner These, daß Juden Träger des Kommunismus seien.

Musials Buch ist ein überaus materialreiches Werk, ein erschütterndes Buch, aber ein notwendiges. (Schluß) Hans-Joachim von Leesen

Bogdan Musial, "Konterrevolutionäre Elemen-te sind zu erschießen". Die Brutalisierung des deutsch-sowjetischen Krieges im Sommer 1941. 350 Seiten, zahlreiche Bilder geb. mit SU, Propyläen Verlag Berlin, 2000, 44 Mark