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27.01.01 Offener Brief an den CDU-Fraktionschef im baden-württembergischen Landtag, Günther Öttinger

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 27. Januar 2001


Offener Brief an den CDU-Fraktionschef im baden-württembergischen Landtag, Günther Öttinger
Opportunistischer Griff zur Faschismuskeule
Von Prof. Dr. Hans-Helmuth Knütter 

Neues von der Political-Correctness-Front: Zu einer Anhörung zum Thema "Ursachen rechts- und linksextremer Gewalt" hatte der baden-württembergische Landtag auch Prof. Dr. Hans-Helmuth Knütter, einen anerkannten Fachmann auf diesem Gebiet, eingeladen. Erst vor Ort erfuhr der 66jährige, daß er inzwischen wieder ausgeladen war: CDU, SPD, FDP und Grüne hatten ihn auf einmal als "gefährlichen Neonazi" ausgemacht. Der Bonner Gelehrte, übrigens selbst CDU-Mitglied, schrieb daraufhin seinen Stuttgarter "Parteifreunden" einen Offenen Brief, dessen wesentliche Passagen wir nachstehend widergeben.

Wieder einmal hat sich die CDU von der antifaschistischen Propaganda der Linken hilflos instrumentalisieren lassen, von einer Agitation, die sich auch gegen die CDU richtet, wie sich nicht nur angesichts der blamablen Demonstration am 9. November zeigte. Sie selbst waren kürzlich Angriffsziel des rot-grünen McCarthyismus, weil bei einer studentischen Verbindung in Ihrer Anwesenheit die deutsche Nationalhymne in ihrer traditionellen Form mit allen drei Strophen gesungen wurde. Dies als negativ, als potentiell verfassungsfeindlich zu denunzieren, zeugt von einer abgrundtiefen moralischen Verkommenheit der Kritiker. (…)

Der Innenausschuß hatte zu einer Anhörung über den Extremismus – ausdrücklich von links und von rechts – eingeladen, um das Problem "in seiner gesamten Breite" zu "diskutieren", wie es in der Einladung vollmundig heißt. "Diskutieren" bedeutet, feststehende Ansichten zu hinterfragen, zu erschüttern und gegebenenfalls zu revidieren. Der Innenausschuß war aber an einer Diskussion mit dem Ziel des Erkenntnisgewinns nicht interessiert. Er wollte sein vorurteilsgesteuertes Wissen nur bestätigt sehen.

Das Verhalten des Parteienkartells bestätigt ungewollt, aber eindrucksvoll: Es geht nicht um Kenntniserwerb und Entscheidungshilfe. Es geht um Wahlpropaganda, und zwar ausschließlich gegen Rechts, konkret gegen die "Republikaner", denn Linke (PDS, DKP) gibt es als aussichtsreiche Wahlkonkurrenz im Lande bei den bevorstehenden Landtagswahlen nicht.

Bezeichnend dafür sind die Auslassungen des "Sachverständigen" Jürgen Klose, Vertreter des DGB-Landesbezirks. Er kennt einen Extremismus nur auf der rechten Seite und behauptet dreist, der Linken gehe es um Gleichheit und Gerechtigkeit. Allein am 1. Mai 2000 sind in Berlin bei linksextremen Krawallen 229 Polizisten verletzt worden, zahlreiche gemeingefährliche Eingriffe in den Bahnverkehr (Hakenkrallen) haben sich in den letzten Jahren ereignet.

Stéphane Courtois hat mit seinem "Schwarzbuch des Kommunismus" die millionenfache Mordstrecke des Kommunismus vor Kurzem ins Gedächtnis gerufen. Die CDU aber hört sich die schamlose Verharmlosung des Linksextremismus seitens dieses DGB-Funktionärs servil an.

Die Vergiftung des öffentlichen Klimas durch Aufhetzung gegen ehrenwerte Patrioten betreibt Rot-Grün aus überzeugtem Opportunismus. Sie haben ja den Nutzen und versuchen, durch die Konstruktion eines Feinbildes die Meinungsführerschaft zu behaupten. Die CDU aber läuft opportunistisch mit. Zwar schwant ihren Funktionären, die Hetze gegen Rechts (nicht "rechtsextrem") richte sich auch gegen sie. Aber mutiges Gegensteuern scheint offenbar der CDU heute zu riskant.

Den CDU/CSU-Funktionsträgern wäre zu empfehlen, die Geschichte der ersten Nachkriegsjahre zu studieren. Damals, 1945/47, vor dem "Kalten Krieg", haben SPD und KPD (wie heute SPD und PDS) versucht, die Entnazifizierung zu einer "künstlichen Revolution" zu mißbrauchen. Es ging nicht nur um die Zerschlagung des Nationalsozialismus, sondern um eine antibürgerliche Politik, mit der die angeblich schuldigen "alten" Eliten zugunsten der sozialistischen Herrschaft ökonomisch, sozial und politisch entmachtet werden sollten.

Der nordrhein-westfälische Justizminister Dr. Arthur Sträter hat damals auf dem Parteitag in Neheim-Hüsten (1947) der CDU die Augen geöffnet und erfolgreich gegengesteuert. Heute sind CDU und CSU offenbar nicht mehr imstande, über die jeweils nächsten Wahlen hinaus zu denken. Deshalb war die Anhörung als Propagandashow ein Mißbrauch zu parteipolitischen Wahlkampfzwecken. Vielleicht wird dies wenigstens einigen kritischen Bürgern klar und bewirkt ein entsprechendes Wahlverhalten.

Obwohl (oder weil?) Sie, Herr Fraktionsvorsitzender, und min-destens ein weiteres Mitglied Ihrer Fraktion in letzter Zeit selbst Opfer der Faschismuskeule geworden sind, darf ich wohl kaum erwarten, daß Sie Ihre Fraktion zur geistig-moralischen Umkehr anhalten. Die CDU und die CSU haben sich in die antifaschistische Falle begeben und finden nun – Einsicht hin, Interessenpolitik her – nicht mehr aus der selbstverschuldeten Zwangslage heraus. Motto: Hauptsache, die nächsten Wahlen werden überstanden, dann sehen wir weiter, mögen die politische Kultur und die Psyche der Bevölkerung durch die dauernde Verhetzung auch Schaden nehmen. Die CDU macht zunächst einmal mit, um "Schlimmeres zu verhüten". Da man weiß, daß man selbst betroffen ist, setzt man sich an die Spitze der Bewegung gegen Rechts, um ihr die Spitze zu nehmen. Laß sie schwätzen! Wir werden schon dafür sorgen, daß nichts folgt! Hauptsache, erst mal die Wahlen gewinnen, dann sehen wir weiter ...

Schön dummschlau! Die Vergiftung der politischen Kultur wird in Kauf genommen. Eine Atmosphäre der "Ausgrenzung", der Denunziation, der McCarthyistischen Hetze gegen einen Teil der Bevölkerung (das angebliche Potential von 15 Prozent rechtsextremer Wähler, in Wirklichkeit alles staatstreue Bürger) wird billigend hingenommen und aktiv betrieben. Nach psychischen Langzeitschäden wird nicht gefragt, denn es geht ja, wie gesagt, um die Mandatssicherung bei den nächsten Wahlen: Fiat electio, pereat patria.

Allerdings: die Posten sind gar nicht sicher, denn der CDU mangelt es an Bündnispartnern. F. J. Strauß hat in einem weniger erleuchteten Augenblick gemeint, rechts von der CDU (und CSU) dürfe es keine demokratische Rechtspartei geben. Warum eigentlich nicht? Es hat doch von 1949 bis 1961 zwei derartige Parteien gegeben, die "Deutsche Partei" und den "Block der Heimatvertriebenen und Entrechteten". Beide standen in politischer Praxis, Programmatik und personeller Zusammensetzung erheblich weiter rechts als heute die "Republikaner" und waren dennoch geschätzte Koalitionspartner der CDU/CSU-geführten Bundesregierungen. Beide Parteien wurden von der CDU/CSU aufgesogen.

Aber die C-Parteien sind nicht imstande, das gewonnene rechte Wählerpotential zu halten, wenn sie eine nach links tendierende Politik betreiben. Aus diesem Grunde sind ja die "Republikaner" entstanden, als Gründung vor allem von enttäuschten patriotischen ehemaligen CDU/CSU-Anhängern. Wenn die CDU/CSU den Spagat zwischen linker Politik (Annäherung an die Grünen, Akzeptanz der PDS) und patriotischen und konservativen Wählern nicht schafft, dann läge es nahe, eine Rechtspartei als potentiellen Koalitionspartner zu pflegen. Statt dessen läßt sich die CDU/CSU von den Linken mit der Faschismuskeule in eine antifaschistische Falle treiben, die es ihr nahezu unmöglich macht, sich wieder zu befreien – zum höhnischen Wohlgefallen von Rot-Grün, die mit diesem Trick die eigene Herrschaft sichern. Dies umso mehr, als bei Rot-Grün keine Hemmungen bestehen, sich mit extremen Linken zu verbünden, mit der PDS, aber auch mit maoistischen Kommunisten, die in höchste Bundesämter gehievt werden.

Deshalb: Selbst wenn es der CDU nur um kurzfristige taktische Erfolge bei der McCarthyistischen Hetze gegen Rechts geht, so handelt sie gegen die eigenen Interessen, weil sie keine oder zu wenige Bündnispartner findet. Aus diesem irrationalen, lemminghaften Verhalten gibt es wohl nur den einen Ausweg, nämlich langsam und allmählich die Umkehr einzuleiten. Ein abrupter Wechsel würde die brüchige, verunsicherte Partei gefährden.

Abschließend noch eine notwendige Bemerkung zur unheilvollen Rolle, die der sogenannte "Verfassungsschutz" bei meiner Ausladung von der Anhörung gespielt hat. Diese Behörde soll die "freiheitliche demokratische Grundordnung", wohlgemerkt nicht den Staat, gegen Extremisten schützen. Ein Extremist ist jemand, der die "fdGO" umstürzen will, und zwar mit Gewalt, durch Planung oder durch die Tat.

Also: Der Verfassungsschutz soll gegen politisch motivierte Kriminalität schützen. Während des "Kalten Krieges" war das völlig berechtigt. Die Kommunisten wirkten als Agentur einer ausländischen Feindmacht, deren System noch dazu auf politischem Terror beruhte. Dies abzuwehren, war berechtigt und nötig. Der Rechtsextremismus, nicht entfernt so einflußreich und gefährlich wie der Linksextremismus, mußte im Hinblick auf das westliche, "befreundete" Ausland bekämpft werden ("Nie wieder ...", "das deutsche Ansehen ist gefährdet").

Der Balanceakt zwischen Verfassungsschutz (gut) und Gesinnungsüberprüfung (schlecht) gelang nicht. Wie so oft erwies sich auch hier als schlecht gemacht, was an sich gut gemeint war.

Der Verfassungsschutz sollte keine polizeilichen Exekutivaufgaben erhalten, um sich von Gestapo und Staatssicherheit zu unterscheiden. Gerade dieser Verzicht auf die exekutive Tätigkeit führte aber zu einer Ausweitung des Spitzelwesens bis hin zur Gesinnungskontrolle und Meinungslenkung durch die Verfassungsschutzberichte, die sich zwar objektiv geben, aber partei-politische Propagandaschriften der jeweiligen Mehrheitsverhältnisse sind.

Gestützt auf die Auslassungen des "Verfassungsschutzes" haben Journalisten mich als "Rechtsextremisten" und sogar als "gefährlichen Neonazi" bezeichnet. Die Mühe eigener Lektüre oder eine Befragung, abgesehen von 30-Sekunden-Statements, haben sich diese verantwortungslosen Schreiber erspart. Den Urhebern dieser Anwürfe werde ich allerdings Gelegenheit geben zu beweisen, ob ich ein "Rechtsextremist" und ein "gefährlicher Neonazi" bin.

Die CDU ist in Baden-Württemberg die zahlenmäßig stärkste Partei (was nicht bedeutet, daß sie auch die geistig führende ist). Sie ist mitverantwortlich für die politische Kultur und den Stil des Umganges im Lande. Und hier hat sie alle Ursache, ihr bisheriges Verhalten zu überprüfen und eine Umkehr einzuleiten.