20.04.2024

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03.02.01 Ausstellung im Deutschen Hygiene-Museum Dresden über das Leben mit Behinderungen

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 03. Februar 2001


Im Mittelpunkt - der Mensch -
Ausstellung im Deutschen Hygiene-Museum Dresden über das Leben mit Behinderungen
(Silke Osman)

Nobody is perfect", so endet einer der schönsten Hollywood-Filme mit Marilyn Monroe und Jack Lemmon ("Manche mögen’s heiß"). Sicher, wer wollte schon von sich behaupten, er wäre perfekt, makellos? Und so streben die Menschen gerade in unseren Zeiten nach der Vollkommenheit, vor allem des Körpers. Noch nie war die Sucht nach einem perfekten Aussehen so groß wie heute. Zu viele Falten? – werden geliftet; zu viel Speck? – wird abgesaugt; zu kleine Brüste? – werden vergrößert ... Das Streben nach menschlicher Vollkommenheit hat immer verrücktere Ausmaße angenommen. Wer nicht ins Bild paßt, wird an den Rand gedrängt. Allenfalls zu den Paralympics, den Olympischen Spielen der Behinderten, finden Menschen mit einem Handicap die notwendige Beachtung. Ansonsten aber bestimmen die "tyrannischen Götzen der Moderne" (Autonomie, Gesundheit, Schönheit, Leistungsfähigkeit, Genußfähigkeit, Rationalität), wie Alan Posener sie nennt, unser aller Leben. Wirklich?

Wie sieht die Welt der Menschen aus, die täglich mit außergewöhnlichen Hindernissen fertig werden müssen? – Wer einmal im Rollstuhl gesessen hat, erinnert sich nur ungern der herablassenden Blicke Vorübergehender. – Blinde, Taubstumme, Querschnittsgelähmte, geistig Behinderte -– wie geht man mit ihnen um? Was ist schön? Was ist häßlich? Was ist gesund? Was ist krank? Mit diesen Fragen beschäftigt sich eine Ausstellungsreihe, die von der Stiftung Deutsches Hygiene-Museum in Dresden und der Deutschen Behindertenhilfe – Aktion Mensch e.V. durchgeführt wird. So ist noch bis zum 12. August im Deutschen Hygiene-Museum die Ausstellung "Der (im)perfekte Mensch – Vom Recht auf Unvollkommenheit" zu sehen (Begleitbuch aus dem Verlag Hatje Cantz 38 DM; im Internet unter www.imperfekt.de ).

Bereits im vergangenen Jahr sah man dort eine Ausstellung mit zeitgenössischer Fotografie zu dem Thema "Bilder, die noch fehlten" (Katalog Hatje Cantz Verlag, 144 Seiten, 74 Abb., davon 44 farbig, brosch., 48 DM). Diese Bilder werfen einen anderen Blick auf körperlich, geistig oder seelisch behinderte Menschen – ohne Mitleid, ohne Sensationslust; beteiligt waren übrigens auch Fotografen, die selbst behindert sind. Zu sehen sind Menschen mit individuellen Zügen – keine Objekte des Mitleids. Klaus Honnef, geboren in Tilsit, und seine Frau Gabriele Honnef-Harling, die als Kuratoren der Ausstellung wirkten, betonen in ihrem Katalogbeitrag, entstanden sei "ein Kaleidoskop fotografisch-künstlerischer Möglichkeiten am Ende der Moderne, dessen auffälligstes Merkmal das Verschwimmen einst festzementierter Grenzmarken ist".

Lebensfreude, aber auch Wut über die alltägliche Behinderung sprechen aus vielen der Fotografien, Gefühle, die nachdenklich stimmen. – "Und wenn Behinderte sagen, sie seien trotz ihrer Behinderung glücklich, so ist das für mich schwer vorstellbar – dennoch scheint es auch zu stimmen", so der Fotograf Daniel Josefsohn. "Aber die Behinderten würden wahrscheinlich alles tun, um nicht behindert zu sein. Dagegen arbeiten so viele Menschen, die nicht behindert sind, die eigentlich glücklich sein müßten, ganz bewußt gegen sich und behindern und gefährden sich selbst, weil sie ihr Leben einfach nicht aushalten. Letztlich sind wir alle Behinderte und brauchen Akzeptanz." Silke Osman