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17.02.01 Deutsche Halbherzigkeitkeit schafft Verstimmung in den USA

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 17. Februar 2001


Kokettieren mit der Souveränität
Deutsche Halbherzigkeitkeit schafft Verstimmung in den USA

Die Konferenz für Sicherheitspolitik in München, die früher Wehrkundetagung hieß, war für die Teilnehmer stets gute Gelegenheit zu einem offenen Gedankenaustausch über aktuelle Probleme der gemeinsamen Sicherheit. In München traf sich die "sicherheitspolitische Community", eine Gemeinde von Experten, zu der Staatsoberhäupter, Verteidigungsminister und die Chefs der Generalstäbe gehören, nun zur 37. Konferenz für Sicherheitspolitik.

Diesmal ging es nicht nur um den Vortrag ausgearbeiteter Papiere und den Austausch von Freundlichkeiten. Diesmal stand auch nicht Deutschland im Zentrum von Fragen wie noch im vergangenen Jahr, als die Amerikaner ihre Sorgen um den geschrumpften deutschen Beitrag zur Nato offen aussprachen. Im Jahre 2001 standen im Mittelpunkt die amerikanische Sicherheitspolitik und der neue Verteidigungsminister Donald Rumsfield.

Seit einigen Jahren kokettieren die Europäer auf Initiative Frankreichs, das immer Einwände gegen einen zu großen Einfluß Amerikas in Europa hat, mit der Stärkung ihrer eigenen Kraft und Fähigkeit zur Verteidigung – auch ohne die USA. Auf dem Balkan mußten sie allerdings gestehen, daß sie dies noch nicht vermögen. Die zentrale Frage in München war, werden die USA ihre Absicht, einen Raketenabwehrschirm (NMD) weltraumgestützt zu installieren, realisieren, oder lassen sie sich davon abbringen? Bei allen behutsam vorgebrachten Einwänden von Kanzler Schröder, Außenminister Fischer und Verteidigungsminister Scharping ist klar geworden, sie werden es tun, wenn sie die technischen Probleme lösen können.

US-Verteidigungsminister Donald Rumsfield zeigte sich als Vertreter einer neuen Politik in den USA. Auf die Beteuerungen der Deutschen, Europa sei in den letzten Jahren gewachsen – der alte Kontinent Europa habe sich dramatisch verändert, so Joschka Fischer, was allerdings der Balkan noch nicht bestätigte –, erwiderte Rumsfield kühl (cool): "Die EU ist kein Land."

Gerhard Schröder operierte vorsichtiger als beim EU-Gipfel in Nizza. Bei aller Rücksichtnahme auf Rußland wollte er die Amerikaner nicht vor den Kopf stoßen. Immerhin aber bekannte er vor den 30 Ministern aus 14 Nato-Staaten, daß "die Gemeinsamkeit der Interessen zwischen Europa und den USA schon einmal größer war". Die Vorstellungen von der Entwicklung einer eigenen europäischen Verteidigungsidentität sind ja im Grunde vernünftig. Es kann Situationen geben, die von den Europäern ohne amerikanische Hilfe bewältigt werden könnten.

Ziel des amerikanischen Programms "National Missile Defense" ist: mehr Sicherheit für die USA. Sie wollen sich gegen atomar gerüstete sogenannte "Schurkenstaaten" schützen. Sie sind auch bereit, die Europäer daran zu beteiligen. Sie denken auch daran, sich mit Rußland zu verständigen. So gesehen gibt es keinen Grund zum Aufstand. Aber Rußland denkt in anderen Kategorien, und wahrscheinlich ist, daß dies zu einer weiteren Annäherung Rußlands an China führt. Hier liegt das Hauptproblem.

Niemand unserer Politiker hat eine Vorstellung, wie die Welt in zehn Jahren aussehen wird. Die USA rüsten sich für alle möglichen Veränderungen. Kann man es ihnen verargen, wenn es um den Schutz ihres Landes geht? Die These vom Wettrüsten hat keine sichere Basis, denn das System NMD ist defensiver Natur. Die Lage ist ähnlich wie bei der Diskussion um die Reduzierung der Mittelstreckenraketen. Damals hatte Bundeskanzler Helmut Schmidt eine Vision. Und die Geschichte gab ihm recht. Die Lage heute ist eine andere. Aber an Visionären mangelt es in Berlin. Schade. Gerd-H. Komossa