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17.02.01 Königsberg muß wirtschaftliche Einbußen hinnehmen

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 17. Februar 2001


Sonderwirtschaftszone: Feierabend?
Königsberg muß wirtschaftliche Einbußen hinnehmen

Der fünfte Jahrestag der Verabschiedung des russischen Gesetzes "Über die Sonderwirtschaftszone im Königsberger Gebiet" (es wurde am 31. Januar 1996 angenommen) war von einem erneuten Angriff auf die darin verankerten Vergünstigungen gekennzeichnet. Dessen Hauptartikel wurde praktisch abgeschafft. Vor allem ging es um die Verordnung des Staatlichen Zollkomitees vom 27. Dezember, laut der alle Waren, die in der Exklave hergestellt worden sind und nach Kernrußland ausgeführt werden, mit einer Mehrwertsteuer belegt werden müssen.

Bisher war gerade das Fehlen einer solchen Abgabe das, was ausländische Investoren in die Region lockte: Diese Vergünstigung machte die Königsberger Waren auf dem russischen Markt konkurrenzfähig und ermöglichte es, die aus dem Transit durch Litauen und Weißrußland resultierenden Transportkosten zu kompensieren. Plötzlich ist alles anders: Die in der Sonderwirtschaftszone produzierten Erzeugnisse gelten auf einmal als nicht russisch und fallen somit unter dieselben Zollgebühren wie alle Importwaren.

Dieser Zollerlaß, der am 1. Januar 2001 in Kraft getreten ist, versetzte die Königsberger Geschäftsleute in helle Panik. Keiner von ihnen hatte genug Geld, um die zwanzigprozentige Mehrwertsteuer im voraus zu zahlen. Mehr noch, die Verordnung stellte die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit ihrer weiteren Geschäftstätigkeit in Frage.

Alle Lieferungen nach Rußland wurden eingestellt. Als es in den Lagern keinen Platz mehr gab, ließen die Betriebschefs ihre Fließbänder stoppen. Bei den 25 größten Steuerzahlern der Region, darunter bei "Wagonostroitel", "Baltkran", "Sistema", "Quarz", der Zellstoffabrik Neman und dem Verpackungs- sowie Spirituosenkombinat schrumpfte die Produktion drastisch. Zwangsläufig wurden viele Arbeiter in unbezahlten Urlaub geschickt. Infolgedessen gingen die Einnahmen der Stadt- und Gebietskasse sofort um die Hälfte zurück. Allein der städtische Haushalt Königsbergs verlor dadurch 40 Millionen Rubel. Auch die Einbußen der Betriebe waren riesig. Das Awtotor-Werk, bei dem die BMWs zusammengebaut werden, verlor je 600 bis 2000 Dollar an jedem gefertigten Auto. Die Investoren begannen, ihren Zweifel an der Zweckmäßigkeit ihrer weiteren Beteiligung an Königsberger Projekten wie KIA oder BMW zu äußern. "Sollten die Vergünstigungen der Sonderwirtschaftszone nicht wiederhergestellt werden, verläßt die deutsche Wirtschaft die Region", sagte der Leiter der Königsberger Vertretung der Handelskammer Hamburg, Stephan Stein.

Die Gebiets- und die Stadtverwaltung plagten sich ab, um die Vergünstigungen zurückzubekommen. Sie wandten sich umgehend an den Präsidenten und die Regierung, die Staatsduma und das Staatliche Zollkomitee, verschiedenste Ministerien und Behörden. Gemeinsam mit dem regionalen Unternehmerverband fochten sie die verhängnisvolle Verordnung gerichtlich an. Auf ihre Aufforderung hin nahmen Tausende von Menschen an Kundgebungen in verschiedenen Orten des Gebiets teil. Als Resultat trafen bereits im Januar die Leiter des Staatlichen Zollkomitees und des Verkehrsministeriums in Königsberg ein. Deren erste Reaktion war scharf und ultimativ. Der stellvertretende Vorsitzende des Zollkomitees, Mescherjakow, sagte: "Niemand wird das gesamtrussische Steuergesetzbuch den Königsberger Verhältnissen anpassen." Fast gleichzeitig erschien jedoch ein Erlaß des Transport-Staatsanwalts Rodionow über die Nichtentsprechung der Zollverordnung mit den einschlägigen russischen Gesetzen. Der Staatspräsident erklärte seine Bereitschaft, sich die Thesen von Gouverneur Jegorow anzuhören und lud ihn nach Moskau ein. Als der Zollchef Mescherjakow schließlich am 22. Januar das Gebiet verließ, ordnete er an, die Erfüllung seiner umstrittenen Verordnung eine Zeit lang ruhen zu lassen.

Die Lieferungen nach Rußland wurden wieder aufgenommen. Deren Umfang war jedoch deutlich geringer als vorgesehen. Denn keiner ist sich heute sicher, ob er nicht wieder in die Steuerfalle gerät. Inzwischen wurde auch bekanntgegeben, daß infolge von Jegorows Gesprächen mit Wladimir Putin eine Verschiebung des Inkrafttretens der Zollverordnung auf den Juli 2001 beschlossen wurde. Elena Lebedewa (aus "Königsberger Express")