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17.03.01 Die Revolte der "Achtundsechziger" / Wie versucht wurde, Demokratie durch Anarchie zu ersetzen (Teil II)

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 17. März 2001


Zeitgeschichte:
Die Revolte der "Achtundsechziger"
Wie versucht wurde, Demokratie durch Anarchie zu ersetzen (Teil II)
(Wolfgang Thüne)

In der Tradition seines anarchistischen Staatsverständnisses stehend kommentierte der Europaabgeordnete Daniel Cohn-Bendit den Versuch von Justiz und Staatsanwaltschaft, die revolutionäre Vergangenheit seines engen Freundes und Kampfgefährten "Joschka" Fischer aufzuklären, mit den Worten: "Diese Republik ist schlicht wahnsinnig" ("FAZ" vom 20. Februar 2001). Nun, eine "Republik" kann nicht "wahnsinnig" sein, sehr wohl aber einzelne Individuen, die geradezu hysterisch bis schizophren reagieren, wenn man sie nach ihrer sauberen Vergangenheit befragt. Welche "wahnsinnigen" Erfahrungen Daniel Cohn-Bendit als Leiter eines antiautoritären Kindergartens gemacht hat, das hat er freimütig in der "taz" geschildert. Es ist ein Akt bürgerlichen Anstandes, dies hier nicht zu wiederholen!

Die eigentlichen Wurzeln der gesellschaftlichen Fehlentwicklungen legt Eva D. Pickert in einem Leserbrief in der "FAZ" vom 9. Februar 2001 offen: "Den ,Kult der Individualität‘ nahmen die großmäuligen Führer der Achtundsechziger nur für sich selbst in Anspruch; die Massen sollten im sozialistischen Kollektiv auf- und untergehen. Wie stand es aber mit pluralistischer Meinungsfreiheit in den kommunistischen Paradiesen der Achtundsechziger – China, Sowjetunion oder Kuba? Mit ihrer Glorifizierung der kommunistischen Diktaturen haben die Achtundsechziger gezeigt, daß ihnen die Leiden der Opfer je- ner Schreckensherrschaften ebenso gleichgültig waren wie elementare Menschenrechte. Daß die gewalttätigen Demonstrationen der Achtundsechziger bis hin zu den Morden der RAF die Bundesrepublik auf eine harte Bewährungsprobe stellten, die dennoch nicht zur Aufgabe demokratischer Freiheiten führte, kann nicht als Verdienst der Achtundsechziger hingestellt werden, sondern ist der Widerstandsfähigkeit der noch jungen deutschen Demokratie zu verdanken. Einer Verdrehung der historischen Wahrheit kommt es gleich, die marxistisch inspirierte Revolte als einen Beitrag zu einer ,offenen Gesellschaft‘ zu deuten. Den politischen Umsturz haben die Achtundsechziger nicht erreicht; sie haben jedoch prägende Fehlentwicklungen herbeigeführt oder unterstützt, unter denen unser Staat bis heute leidet: Verharmlosung von Gewalt, Diskreditierung von Leistung und Bildung, Elitenfeindlichkeit, linksdominierte ,political correctness‘, Werteverfall, um nur einige zu nennen." Diese Analyse der derzeitigen Situation bedarf keines Kommentars.

Gegen die damaligen Beweggründe der Achtundsechziger und ihr heutiges Bemühen, sich zu Helden im Kampf für eine "offene Gesellschaft" hochzustilisieren, wendet sich ebenfalls in einem Leserbrief Klaus Anders: "Nicht Demokratie war die Kernfrage dieser Bewegung, sondern Macht. Die Machtfrage wurde als Frage nach der Staatsmacht gestellt. Später dann etwas bescheidener – und erfolgreicher – als die Frage nach der Teilhabe an der Staatsmacht. Demokratie spielte in den miteinander verfeindeten und von Intrigen zerfressenen Polit-Gruppierungen keine Rolle, höchstens als Instrument zur Mehrheitsbeschaffung.

Die Studentenbewegung hat Demokratie nicht verstanden: man sehe sich die Intoleranz, die atemberaubende Arroganz, die kleinkarierte Selbstgerechtigkeit der damaligen ,Radikaldemokraten‘ noch einmal genau an, und man wird trotzige Kinder finden, die sich weigerten, erwachsen zu werden. Der Marxismus taugte den Rebellen zur Erklärung gesellschaftlicher Erscheinungen, weil er es erlaubt, hochkomplexe Verhältnisse und Beziehungen bis zur Primitivität zu simplifizieren, und das, indem man diesem theoretischen Flachschädel eine aufgedonnerte Frisur aus menschheitserlösender Rhetorik wachsen läßt. Er gibt auch die Rechtfertigung für Gewaltanwendung her." Solche Lesermeinungen ("FAZ" vom 24. Januar 2001) treffen den Nagel meist präzise auf den Kopf; sie sprechen die Wahrheit aus, welche die Politik bewußt ver-schweigt.

Der auf geistige Distanz gegangene Achtundsechziger und "Sponti" Michael Buselmeier schildert die damaligen Motive in einer Ehrlichkeit und Offenheit, die einem "Offenbarungseid" gleichkommt und andere Schönredereien als unehrlich er-scheinen läßt: "Auch wir Spontis pflegten den Anti-Kapitalismus, die Gruppe ,Revolutionärer Kampf‘ hatte sogar einen ortho-dox proletari-schen Ansatz. Aber wir orientierten uns nicht am Archipel Gulag, sondern am kurzen Sommer der Anarchie. Wir verachteten die Kaderparteien, und es kam uns nicht in den Sinn, den Staat zu usurpieren, wir wollten ihn – kaum weniger realitätsblind – einfach abschaffen. Keine Macht für niemand! Freie Sexualität, Gegenöffentlichkeit, anders arbeiten (oder besser: gar nicht), anders leben – so ähnlich lauteten unsere Ziele, die wir bei Herbert Marcuse, Negt / Kluge, Peter Brückner oder im Sponti-Organ ,Wir wollen alles‘ zusammengeklaubt haben." Michael Buselmeier erklärt die Gewaltexzesse schlicht als einen Haßausbruch auf die "Väter". Doch wer hat diesen Haß gesät und Gewalt geerntet?

Buselmeier bestätigt auch, daß viele Achtundsechziger die Chancen der Öko-Bewegung gewittert, einfach ihre Couleur gewechselt und diese Bewegung schlicht unterwandert haben. Sie hofften, getarnt als "grüne" Umweltaktivisten, schneller an die Schalthebel der Macht zu kommen und so den "langen Marsch durch die Institutionen" gewaltig abkürzen zu können. Die Karrieren von Cohn-Bendit und Fischer sind Bestätigung dieser erfolgreichen Machtergreifung. Buselmeier schreibt: "Es wäre wünschenswert gewesen, wenn sich die Leitwölfe und Funktionäre der radikalen Linken nach ihrem schwachen Abgang in unauffällige Berufe und Hausarbeit zurückgezogen hätten. Statt dessen haben sie die grüne Partei, kaum daß sie vorhanden war, in den Griff genommen. Zwar waren sie an Ökologie, an Pflanzen und Tieren nicht interessiert. Dafür verfügten besonders die ehemaligen Maoisten über organisatorische Fähigkeiten, Sitzfleisch und die Fähigkeit, Seilschaften zu knüpfen. Ihr zweiter, diesmal legaler Versuch, an die Macht zu gelangen, erscheint weit aussichtsreicher als der erste. Sie haben auf Vorrat Kreide gefressen und reden sehr moralisch in der gleichen vermurksten Sprache wie die übrigen Politiker. Dicht an den Staat geschmiegt, müssen sie vermutlich nicht einmal mehr lachen, wenn sie ihre Köpfe auf den Bildschirmen erkennen."

Joseph Martin "Joschka" Fischer, Daniel Cohn-Bendit, Jürgen Trittin, "Joscha" Schmierer und viele andere emanzipierten sich nicht, um der "Hausarbeit" nachzugehen. Sie bemächtigten sich der Naturschutzbewegung, deren Hoffnungsträger und Symbolfigur der ehemalige CDU-Abgeordnete Herbert Gruhl war. Er hatte 1976 den Bestseller "Ein Planet wird geplündert" geschrieben. Es ist schon eine Ironie des Schicksals, daß dieser fanatische Antikommunist ausgerechnet von K-Aktivisten ausgebootet wurde. Als Herbert Gruhl seine Naturschutzbewegung 1980 in eine offizielle Partei umwandelte, da war es um ihn geschehen. Das Zugpferd wurde ausgemustert, die Macht übernahmen die "Achtundsechziger". Herbert Gruhl mitsamt dem Ökobauern Baldur Springmann wandte sich enttäuscht ab und gründete die Ökologisch Demokratische Partei ÖDP, die jedoch eine Splitterpartei blieb. Derweil segelten die Achtundsechziger unter der Flagge "Grün" von Wahlerfolg zu Wahlerfolg und verdrängten gar die FDP in der Parteienhierarchie vom dritten Platz.

Seit Ende 1998 stehen die "Grünen" auf Bundesebene in der Regierungsverantwortung und besetzen mit dem Außenminister und Vizekanzler Fischer, dem Umweltminister Trittin und jetzt der Verbraucherschutzministerin Künast drei wichtige und gesellschaftspolitisch hochbrisante Schlüsselressorts. Hier kann und hier wird ganz gezielt der "Umbau der modernen Industriegesellschaften" vorangetrieben, nach dem Motto "Wieviel ist genug?". Der Sektor "Umweltschutz" eignet sich vorzüglich für revolutionäre Geister, denn noch keinem klugen Geist ist es bisher gelungen zu definieren, welche "Umwelt" denn zu schützen ist. "Umwelt" ist ein ganz subjektiver Begriff, und so werden wir mit immer neuen "Umweltgefahren" konfrontiert, von denen kein Sterblicher wirklich sagen kann, welche nun real oder fiktiv sind. Fiktive Gefahren eignen sich vorzüglich, unter dem Vorwand akuter Gefahrenabwehr die bürgerlichen Freiheitsrechte immer mehr einzuengen.

Als die größte umweltpolitische Herausforderung wird der "Treibhauseffekt" bezeichnet, der, verursacht durch die Kohlendioxidemissionen der "reichen" Industrienationen, zu einer globalen "Klimakatastrophe" führen soll. Diesen Effekt gibt es in der Natur zwar nicht, aber er ist Teil unserer "Einbildung" und damit, wenn schon nicht physisch, so doch psychisch real. Er hat seine eigene Wirkmächtigkeit und dient in der Hand der Mächtigen als wundersames Manipulationsinstrument. Der "Treibhauseffekt" wurde als schlichte Vermutung in die Welt gesetzt, avancierte dann durch ständige Propaganda zu einer Meinung, die nunmehr den Status einer Überzeugung angenommen hat und damit weitge-hend kritikresistent geworden ist. Der "Treibhauseffekt" eignet sich ideal für gesellschaftspolitische Veränderungspläne, kann man sich doch zum Schutzpatron des "kleinen Mannes" aufspielen, um ihm dann um so forscher in die Tasche zu greifen. Die Argumentation ist einfach: Die "monokapitalistische Gesellschaft" ist verantwortlich für den "Konsumterror", dessen korrumpierenden Wirkungen das Individuum hilflos ausgesetzt ist. In dieser Situation bietet sich der Staat als Retter an, indem er dem "kleinen Mann" die Mittel entzieht, die ihn in Gefahr bringen könnten, sich weiter an der "Umwelt" zu versündigen.

Die Taktik dieser Vorgehensweise beschreibt Wolfgang Fritz in schwer verständlichem Politkauderwelsch im Kursbuch 20 von 1970: "Die korrumpierenden Wirkungen von geradezu anthropologischem Ausmaß, die ein bloßer Nebeneffekt der Dynamik kapitalistischen Profitstrebens sind, sind verheerend. Den Leuten ist das Bewußtsein abgekauft. Täglich werden sie trainiert im Genuß der Identifikation mit der Übermacht. Selbst in realen Gebrauchswerten, die sie bekommen, wohnt oft eine unheimliche Macht der Zerstörung. Das Privatauto – bei Vernachlässigung der öffentlichen Transportmittel – zerpflügt die Städte nicht weniger wirksam als der Bombenkrieg und schafft die Entfernungen erst, die ohne es nicht mehr zu überbrücken sind." Der Kleinbürger sollte froh sein, daß sich in den "Grünen" eine geradezu seelsorgerische Kaste gefunden hat, die ihm die Mittel nimmt, mit denen er korrumpiert werden kann, um sich dann am "Klima" zu versündigen. So viel staatliche Vorsorge um das private Seelenheil sollte stutzig machen.

Das Instrument, mit dem sich der Bürger versündigt, ist das "Privatauto". Es stand schon 1970 auf der roten Abschußliste der Achtundsechziger, um 1999 auf die grüne Verbotsliste gesetzt zu werden. Die erste umweltpolitische Großtat der rot-grünen Bundesregierung war die Einführung der "Ökosteuer" zum 1. April 1999. Sie sieht vor, schrittweise in Sechs-Pfennig-Stufen bis 2003 die Mineralölsteuern zu erhöhen, um der "Spaßgesellschaft" den Spaß am "Privatauto" zu vermiesen und den Bürger zum Umsteigen auf die bequemen "öffentlichen Transportmittel" zu nötigen. "Ehrlich" wie Gesellschaftsrevolutionäre sind, hat "Joschka" Fischer bereits im Frühjahr 1998 dieses Vorhaben in seinem Buch "Der neue Gesellschaftsvertrag" angekündigt. Er schreibt: "Eine ökologische Preisreform hat sowohl ein anderes ökonomisches Verhältnis zu Energie und Mobilität zur Voraussetzung als auch einen entsprechenden Einsatz des staatlichen Steuersystems zur Durchsetzung dieser Preisreform". Verstanden? Macht nichts! Fakt ist, daß die Revolutionäre, deren Ziel es war, den repressiven Staat seiner Macht zu berauben, um ein anarchistisches Leben zu führen, sich nun – kaum an der Macht – der Staatsmacht bedienen, um ihre "Reformideen" den Bürgern aufzuzwingen. Aus einer totalitären gewalttätigen Minderheit wurde eine ebenso totalitäre Mehrheit, die jetzt allerdings auf ihre demokratische Legitimation pochen kann.

Doch lassen wir wieder "Joschka" Fischer zu Wort kommen: "Die massenhafte Entfesselung der individuellen Mobilität durch die millionenfache Motorisierung war nicht nur eine gewaltige infrastrukturelle Herausforderung für den Staat, nicht nur ein enormes Geschäft für das investierte Kapital, nicht nur die Grundlage für steigende Massenbeschäftigung und Massenkaufkraft, sondern die individuelle Massenmotorisierung setzte zugleich auch scheinbar grenzenlose Wunsch- und Traumkapazitäten frei. Das Automobil wurde zum gesellschaftlichen und kulturellen Status-, ja Freiheitssymbol quer durch alle sozialen Schichten hindurch. Diese herrliche Zeit des westlichen Wohlfahrtsstaates – Wohlstand für alle! – war also zugleich das Zeitalter des Automobils und des billigen Öls. ... Die Energiepreise bestimmten und bestimmen den Lebensrhythmus der Industriegesellschaft, so wie dies die Kornpreise in den vorindustriellen Gesellschaften getan haben. Und was dort die Brotpreise für die Massen waren, ist in der automobilen Gesellschaft der Benzinpreis geworden." Mit diesen Wunschträumereien ist es nun vorbei!

Leider haben die "Massen" Fischers Buch nicht gelesen, sonst hätten sie massenweise durch Stimmentzug dieser Schreckensvision eine Absage erteilt. Diese Chance ergibt sich erst wieder in zwei Jahren! Mit jeder staatlichen Erhöhung der Benzinsteuern weiß nun der Bürger, daß ihm sprichwörtlich der Brotkorb höher gehängt wird. Getroffen und gestraft werden immer zuerst die Ärmsten der Armen, die mit der geringsten Kaufkraft. Diese überproportionale Bestrafung des "kleinen Mannes" ist alles andere als sozial verträglich, geschweige denn sozial gerecht. Ist das die neomarxistische Variante einer neuen klassenlosen Gesellschaft?

Mobilitätsberaubung ist nichts anderes als Freiheitsberaubung. Mobilität heißt Beweglichkeit und die höchste Form der Beweglichkeit ist die Selbst- oder Automobilität, welche dem einzelnen die Freiheit gewährt, sich nach freiem Gutdünken in Raum und Zeit zu bewegen. Natürlich gehen vom Verkehr zu Lande, im Wasser und in der Luft Gefahren aus, natürlich werden Rohstoffe verbraucht, aber das rechtfertigt nicht die "Ökosteuer", denn diese wurde ausdrücklich mit der Notwendigkeit des "Klimaschutzes" begründet.

Dieses "grün-rote" Versprechen ist ein Nullversprechen, denn es gibt gar kein "Globalklima", das sich "erwärmen" könnte. Eine "Globaltemperatur" kann jeder Volksschüler berechnen, der das Addieren und Dividieren von Zahlen gelernt hat. Ein Klimawert setzt langjährige Wetterbeobachtung voraus und entsteht durch Kopfrechnen auf dem Papier! "Klima" ist immer und in jeder Dimension eine statistische Größe, die vom Wetter her bestimmt wird! Man muß aber ein vom Machbarkeitswahn befallener "Klimaexperte" sein, um glauben zu machen, man könne der "Globaltemperatur" den "Odem des Lebens" einhauchen und fertig wäre ein neues Produkt, das der menschlichen Beeinflussung unterliegende "Globalklima". Dieses Unverhältnis wie Unverständnis der Natur gegenüber hatte bereits Karl Marx. Von ihm stammt die Vision, dass nur die anthropogen gestaltete Natur die wahre Natur sei. Aber auch wenn von heute auf morgen alle Räder still stehen würden, das Wetter würde davon keinerlei Notiz nehmen. Das Vorhaben "Schutz des Globalklimas" ist pure Idiotie! Schluß