25.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
24.03.01 Vor 125 Jahren wurde Heinrich Spiero in Königsberg geboren

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 24. März 2001


Ein Ostpreuße des Herzens
Vor 125 Jahren wurde Heinrich Spiero in Königsberg geboren
(Silke Osman)

Wir Ostpreußen haben Weltgeltung", hat Agnes Miegel einmal gesagt. Auf einen Königsberger trifft dieser Satz wahrlich zu, hat er doch Paris und Rom kennengelernt, in New York Vorträge gehalten, St. Petersburg und Moskau kennengelernt, ebenso Sofia und das Schwarze Meer. Seine Heimat aber, sein Königsberg ist ihm auch in der Fremde immer lieb und wert geblieben: Heinrich Spiero. Wieder einmal gilt es an diesen aufrechten Ostpreußen zu erinnern, der vor nunmehr 125 Jahren, am 24. März 1876, in Königsberg als Sohn eines Kaufmannes das Licht der Welt erblickte. Nach dem Besuch des berühmten Friedrichskollegs in seiner Vaterstadt studierte Spiero Jura und Germanistik. Um die Jahrhundertwende kam er nach Hamburg, um die dortige Niederlassung des väterlichen Geschäftes zu übernehmen. Immer aber fand Spiero die Zeit, sich auch den schönen Dingen des Lebens zu widmen, und dazu gehörten für ihn die Literatur, das Theater. Er begegnete Detlev von Liliencron und Wilhelm Raabe, setzte sich sehr für ihre Dichtung ein. Er wurde Vorsitzender der Wilhelm-Raabe-Gesellschaft und in diesem Zusammenhang zum Ehrendoktor der Universität Göttingen ernannt. 1905 rief er an der Elbe die Hamburger Kunstgesellschaft ins Leben und führte die erste Ausstellung mit Werken der Käthe Kollwitz in Hamburg durch. – Die Künstlerin kannte er schon von Kindesbeinen an, als sie noch Käthe Schmidt hieß und mit Heinrich Spiero und den anderen Kindern vom Weidendamm lauthals das Lied vom "Fürst von Thoren" anstimmte. – Im Rahmen der Veranstaltungen der Hamburger Kunstgesellschaft las der junge Dichter Walther Heymann seine ersten Verse. Auch er stammte aus Ostpreußen, aus Königsberg.

Liest man in dem Erinnerungsbuch "Schicksal und Anteil", das Heinrich Spiero 1929 herausgab und in dem er auf ein halbes Jahrhundert seines Lebens zurückblickte, staunt man über die Vielzahl der Menschen, denen Spiero begegnet ist. Da werden sie denn alle wieder lebendig, die Marie Lewald, jüngere Schwester der Fanny Lewald, deren "Römisches Tagebuch" Spiero 1926 herausgab, Agnes Miegel und Agnes Harder, Johanna Ambrosius, die Dichterinnen und Schriftsstellerinnen, die mit ihrem Werk weit über die Grenzen Ostpreußens hinaus wirkten. Er begegnete Hermann Sudermann und Ernst Wichert ebenso wie den Schauspielern Adalbert Matkowsky und Arthur Kraußneck, weiß von Colmar von der Goltz, dem Reorganisator der Türkischen Armee aus dem Kreis Labiau, zu berichten und von Eduard von Simson, Präsident des Deutschen Reichstags; mit Simson war Spiero von der Mutter Seite her verwandt. – Namen, die für uns Heutige mit dem ehrwürdigen Schleier der Geschichte verwoben sind, waren für Heinrich Spiero noch mit Menschen aus Fleisch und Blut verbunden – mag es daran liegen, daß dieses Erinnerungsbuch auch noch Jahrzehnte nach seinem Erscheinen so packend zu lesen ist? Noch kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges unternahm der Königsberger ausgedehnte Reisen, unter anderem nach Rußland und in die Vereinigten Staaten von Amerika, wo er Vorlesungen über deutsche Literaturgeschichte hielt. Im Krieg dann wurde er nach Berlin in die Rohstoffabteilung des Kriegsministeriums berufen, wo er eng mit Walther Rathenau zusammenarbeitete. Nach dem Zusammenbruch war er lange Jahre als Mitarbeiter zahlreicher Zeitungen und Zeitschriften tätig und gab, wie auch schon zuvor, zahlreiche Schriften heraus, so über die "Geschichte der deutschen Lyrik seit Claudius" oder die "Geschichte der deutschen Frauendichtung". Seine "Geschichte des deutschen Romans" erschien erst 1950 nach seinem Tod, der ihn am 16. März 1947 in Berlin ereilte.

Auch wenn Heinrich Spiero lange Jahre in Berlin lebte und arbeitete, so fühlte er sich seiner Vaterstadt Königsberg doch tief verbunden – "ein Ostpreuße des Herzens und des Blutes", wie Ilse Reicke ihn einmal nannte.