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31.03.01 Karl Friedrich Schinkel zum Gedenken – Ausstellungen und Publikationen würdigen den Baumeister Preußens

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 31. März 2001


Schöpfer des preußischen Stils
Karl Friedrich Schinkel zum Gedenken – Ausstellungen und Publikationen würdigen den Baumeister Preußens

Der Architekt ist seinem Begriff nach der Veredler aller menschlichen Verhältnisse. Er muß in seinem Wirkungskreise die gesamte schöne Kunst umfassen. Plastik, Malerei und die Kunst der Raumverhältnisse nach Bedingungen des sittlichen und vernunftgemäßen Lebens des Menschen schmelzen bei ihm zu einer Kunst zusammen." Der dies sagte, gehört zu den Großen des 19. Jahrhunderts und gilt als universaler Geist einer Kunstepoche, hat er doch nicht nur profane und sakrale Bauten entworfen, Bilder gemalt und sich um die Erhaltung bedeutender Baudenkmäler wie etwa der Marienburg bemüht, sondern auch Bühnendekorationen gestaltet und gar Möbel geschaffen: Karl Friedrich Schinkel, der Schöpfer des preußischen Stils. Der Berliner Kunsthistoriker Prof. Dr. Helmut Börsch-Supan stellte einmal die Besonderheit Schinkels heraus, indem er sagte: "Bei aller persönlichen Liebenswürdigkeit, die Schinkel nachgerühmt wird, hatte sein Bestreben, durch die Lieferung von Entwürfen für die mannigfaltigsten sich in Kunst und Kunstgewerbe stellenden Aufgaben gestaltend auf die Umwelt einzuwirken, jedoch auch einen autokratischen Zug. Seinen Mitarbeitern blieb neben ihm nicht viel Spielraum zur Entwicklung eigener Ideen. So kam es, daß Schinkels universaler Geist eine Kunstepoche auf nahezu allen Gebieten für eine relativ lange Zeit prägen konnte, ein Phänomen, das in Deutschland im 19. Jahrhundert in diesem Ausmaß einzigartig ist ..."

In das Jahr 2001 fallen gleichzeitig der 220. Geburtstag Schinkels (13. März) und der 160. Todestag (9. Oktober), und so ist es nicht verwunderlich – zumal im Preußen-Jahr –, daß dem Baumeister zwei Ausstellungen gewidmet sind. In Neuruppin, wo Schinkel als Sohn des Superintendenten der Pfarrkirche St. Marien geboren wurde, ist neben der ständigen Schinkel-Ausstellung bis zum 27. Mai die Sammlung seiner architektonischen Entwürfe im dortigen Heimatmuseum zu sehen (August-Bebel-Straße 14/15, dienstags bis freitags 10 bis 17 Uhr, am Wochenende und feiertags 10 bis 16 Uhr). Die Kunstbibliothek Staatliche Museen zu Berlin zeigt bis zum 1. Mai aktuelle Fotografien und Originalzeichnungen  von Schinkel-Bauten in Deutschland und Polen (Matthäikirchplatz 6, dienstags bis freitags 10 bis 18 Uhr, am Wochenende 11 bis 18 Uhr). Zur Ausstellung erschien im Verlag Axel Menges ein Begleitband mit über 300 Fotografien des Geologen Hillert Ibbeken, der 150 Schinkel-Objekte an 130 verschiedenen Orten fotografisch erfaßt hat (etwa 98 DM).

Auch in der von Schinkel 1830 errichteten Friedrichwerderschen Kirche in Berlin kann man sich jetzt nach behutsamer Restaurierung auf einer Dauerausstellung informieren. Viele der Schinkelschen Bauten sind in der Vergangenheit vernichtet worden, allein in Berlin 33 an der Zahl. Man denke nur an die Bauakademie, den ersten repräsentativen Rohziegelbau in Preußen, die dem Gebäude des DDR-Außenministeriums weichen mußte, oder die verschiedenen Palais an der Wilhelmstraße. Aber auch schon früher fielen Schinkel-Bauten moderneren Planungen zum Opfer – der Dom am Lustgarten (1893), das Redernsche Palais (1905), die Glienicker Brücke (1907). Lang ist dennoch die Reihe der Bauwerke, die Schinkel schuf und die noch heute – oder wieder – die Touristen in Berlin als besondere Sehenswürdigkeit bestaunen: die Neue Wache Unter den Linden, das Alte Museum im Lustgarten, das Schauspielhaus am Gendarmenmarkt.

Seine späteren Erfolge hatte sich der damals 19jährige gewiß nicht träumen lassen, als er nach dem Tod der Mutter in Berlin ganz auf sich allein gestellt war. Als Schüler des Architekten Friedrich Gilly erhielt Schinkel schon frühzeitig – nicht zuletzt auch durch den plötzlichen Tod seines Lehrmeisters – die Gelegenheit, sein Können unter Beweis zu stellen. Seine frühesten Bauten lagen im Oderbruch und in Kurland.

1803/04 macht Schinkel, wie so viele seiner Zeitgenossen, sich auf den Weg nach Italien. Über Dresden, Prag und Wien gelangt er in das Sehnsuchtsland der Deutschen, wo er sich lange Monate aufhält. Skizzen und Zeichnungen zeugen noch heute von dieser  Reise. Schinkel gerät in die Wirren der Napoleonischen Kriege; die Schlacht bei Jena und Auerstedt 1806 läßt das Königreich Preußen zusammenbrechen, und für einen Baumeister gibt es in diesen Zeiten recht wenig zu tun. Er wendet sich jetzt wieder mehr der Malerei zu; mit seinen Theaterdekorationen begeistert er Publikum und Auftraggeber. So liest man im "Dramaturgischen Wochenblatt" 1816: "Durch ihn (Schinkel), darf man sagen, ist die Dekorationsmalerei aus einer todten Aufgabe der Perspektive, oder einer starr geistlosen Darstellung verwirrender Pracht zu einer schönen Kunst geworden. So lieferte er die Dekorationszeichnungen zu Fouqués durch E.T.A. Hoffmann komponirten Oper Undine, die dadurch einen malerisch theatralischen Reiz gewann, der Allen, die Zeugen davon gewesen, noch heute unvergeßlich ist. An Schönheit, an phantastischem Reiz hat die Bühne, so weit wir sie kennen, noch heute nichts Aehnliches für das Auge geleistet …" – Als dann das Schauspielhaus 1817 einem Brand zum Opfer fiel, waren auch Schinkels Dekorationen verloren; er aber wurde damit beauftragt, das Neue Schauspielhaus am Gendarmenmarkt zu errichten ...

In der Zwischenzeit hatte man nämlich die große Begabung des Architekten erkannt, ihn zum Mitglied der Akademie der Künste ernannt und 1815 zum Geheimen Oberbaurat befördert. – In die Zeit nach den Befreiungskriegen fiel auch Schinkels künstlerische Gestaltung des "Eisernen Kreuzes", einer Tapferkeitsauszeichnung für die Kämpfer gegen Napoleon. Nach dem Willen seines Stifters, König Friedrich Wilhelm III., wählte Schinkel das Zeichen der Brüder des Deutschen Ritterordens als Vorbild. – 1819 dann folgte die Ernennung zum Professor an der Akademie der Künste und zum Mitglied des Akademischen Rates, 1831 wurde er Oberbaudirektor, 1839 Ober-Landes-Baudirektor.

Als höchster Beamter zuständig für das Bauwesen in Preußen unternahm Schinkel in diesen Jahren auch eine Reihe von Dienstreisen durchs Land. So besuchte er 1819 die Marienburg, auf deren Verfall Max von Schenkendorf eindringlich aufmerksam gemacht hatte. Schinkel schrieb daraufhin an seinen Dienstherren, Staatskanzler von Hardenberg: "Der Eindruck der Wirklichkeit hat nun bei mir den früher nur durch Zeichnungen erhaltenen um vieles übertroffen, und als ich diejenigen Werke des Mittelalters in die Erinnerung zurückrief, welche in diese Gattung fallen und die ich selbst in Italien, Deutschland und den Niederlanden gesehen, so mußte ich bekennen, daß bei keinem so wie beim Schlosse Marienburg Einfachheit, Schönheit, Originalität und Konsequenz durchaus harmonisch verbunden sind." Diesem einmaligen Erbe sich verpflichtet fühlend, nahm Schinkel die Arbeiten zur Wiederherstellung des Hochmeisterpalastes im Mittelschloß auf.

Überhaupt fanden sich später im Osten des Königreiches immer wieder Bauten, die Schinkel selbst entworfen hatte, wie die Altstädtische Kirche in Königsberg, oder die von ihm inspiriert worden waren – Kirchen in Mehlauken, Bischofsburg, Braunsberg, Gonsken, Heilsberg, Lyck und Wormditt, Herrenhäuser in Skandau, Kreis Rastenburg, und Bregden, Kreis Heiligenbeil, das Haus der Kaufmannschaft und das Postgebäude in Tilsit, der Pillauer Leuchtturm, die Alte Regierung in Gumbinnen etwa.

1834 reiste Schinkel kreuz und quer durch Ostpreußen. In Reise-Briefen schilderte er anschaulich, was er sah: "Königsberg, 30.Juli 1834. Die Domkirche ... wird in einem recht guten Stand gehalten, wenn gleich bei der inneren Herstellung mancherlei altertümliche Wandmalerei aus früheren Jahrhunderten durch allgemeine Übertünchung verdeckt worden ist, wovon die Spuren unter älterer Übertünchung wohl hätten sorgfältig verfolgt werden können. Die Grabmäler unseres regierenden Hauses haben hier eine gute Aufstellung sowie die Särge in der Gruft. Vorzüglich sind die beiden Denkmale Herzog Albrechts und ein größeres von einem brandenburgischen Prinzen, der Statthalter in Preußen war [Kurfürst Georg Wilhelm, Anm. d. Red.] ..."

Am 1. August 1834 ist Schinkel in Warnicken; von dort schreibt er: "Die Oberförsterei Warnicken hat an dem ganzen Strande des Samlandes ohne Zweifel die anmutigste Lage, welche durch die üppigste Baumvegetation auf den Höhen und  in  den Schluchten der Meeresküste verschönert wird. Es ist  gar  wünschenswert, daß die einem Urwald gleichenden alten Baummassen, welche einzig in ihrer Art sind, von der Forstverwaltung geschont und als Denkmäler eines üppigen früheren Naturzustandes aufbewahrt bleiben. Ohne sie würde auch dies Ufer bald den öden und wüsten Charakter bekommen, der an der Ostseeküste Preußens leider vorherrschend geworden ist ..."

Karl Friedrich Schinkel, dem Maler, Naturfreund, Denkmalschützer und Baumeister, ist es nicht zuletzt zu verdanken, daß Preußen erstmalig in der Geschichte der deutschen Kunst eine Führungsrolle übernahm. In ihm und in seinem Werk vereinigten sich auf glanzvolle Weise Romantik und Klassik zu einem harmonischen preußischen Stil. Silke Osman