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07.04.01 Polens 68er schauen zurück

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 07. April 2001


Warschau:
Polens 68er schauen zurück
Die Märzunruhen leiteten den Umbruch in der Volksrepublik ein

Erst 33 Jahren danach gedenkt Polen seiner 68er. Das ungleiche Datum ist kein Zufall. Es ist ein Wink in Richtung Deutschland und seine aktuelle 68-er-Debatte. Wobei Polens Medien klarmachen, daß die Ziele der polnischen Intellektuellen und Studenten der Märzunruhen 1968 andere waren. Die illustrierte Intelligenzzeitschrift "Przekroj" (Krakau) hebt hervor: "Der März 1968 war einer der wichtigsten Umbrüche in der Geschichte der Volksrepublik Polen."

Urauslöser war der Abbruch der diplomatischen Beziehungen des Ostblocks zu Israel. Der Funke wurde zu Feuer, als in Warschau "Die Ahnen" von Polens Nationaldichter Adam Mickiewicz, die dieser im Dresdner Exil schrieb und über sie mit Goethe in Weimar diskutierte, im Warschauer Nationaltheater abgesetzt wurden. Im Stück war der Ruf nach mehr Freiheit besonders ausgeprägt. Warschaus Intellektuelle und Studenten marschierten daraufhin zum Mickiewicz-Denkmal, forderten mehr Demokratie und kritisierten die zunehmenden sogenannten "antizionistischen" Attacken seitens der Medien und Funktionäre.

Auf Gegendemos der KP wurden Transparente wie "Klein-Moses ein Aggressor", "Studenten ab zum Lernen, Literaten zurück zur Feder" gezeigt. Und als sich die Proteste auf alle Universitäts- und Hochschulzentren Polens ausweiteten, schlugen Miliz und Sicherheitsdienst zu: Studentinnen wurden an den Haaren durch die Straßen geschleift, so manchem Demonstanten die Nieren abgeschlagen, so daß sie noch lange daran kurierten. Zusammengeschlagen wurde auch der bekannte Publizist und Komponist Stefan Kisielewski, der von einer "Diktatur der Dummköpfe" sprach. In den Knast gelangte als "Rädelsführer" der heutige Chefredakteur der liberalen Warschauer "Gazeta Wyborcza", Adam Michnik.

2725 Personen wurden damals verhaftet, 80 wurden nach Schauprozessen für längere Zeit hinter schwedische Gardinen geschickt. Die Universität Breslau exmatrikulierte 1553 Studenten, die Warschauer 1616 usw. Einige der Intellektuellen und Studenten waren jüdischer Herkunft, den anderen wurde diese teils angedichtet. 11 185 Personen stellten unter Druck der polnischen Stasi, SB, den Ausreiseantrag in den Westen. Darunter primär wissenschaftliche Mitarbeiter und Professoren der Unis und Hochschulen, Studenten, Journalisten, Beamte und Ärzte. Im Westen – so erst unlängst ein Regionalsender – demonstrierte man gegen Israel und destabilisierte dieses … Joachim Georg Görlich