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07.04.01 Ausstellung: Schattenbilder im Münchner Lenbachhaus

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 07. April 2001


Faszination in Schwarzweiß
Ausstellung: Schattenbilder im Münchner Lenbachhaus

Holde Finsternisse" nannte Johann Wolfgang von Goethe seine Galerie von Schattenbildern mit Porträts der Weimarer Hofgesellschaft, die er im Laufe der Jahre gesammelt hatte. Der Dichterfürst selbst ging der damaligen Leidenschaft nach, Schattenbilder zu fertigen – aus Graphit und Tusche. Andere wiederum griffen zur Schere, um in allerkürzester Zeit, die Silhouette ihres Gegenübers festzuhalten. Der Danziger Daniel Chodowiecki, der Pommer Philipp Otto Runge, der Breslauer Adolph von Menzel und später auch der in Königsberg lehrende Heinrich Wolff verschrieben sich der "Schwarzen Kunst", die keineswegs immer nur schwarz, oft auch weiß oder gar bunt war. Treffende Porträts, zarte Blumen oder auch wilde Gestalten der Phantasie wie die des Märchendichters Hans Christian Andersen entstanden.

Ihren Ursprung hatte diese Kunstform, die heute nicht mehr nur noch auf Jahrmärkten zu finden ist, sondern auch Eingang gefunden hat in die moderne Kunst, im asiatischen Raum. Bereits im 6. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung konnte man Schattenbilder in Indien finden; später traf man sie in China, Siam und Java an. In Europa dann tritt die Kunstform in Italien des 17. Jahrhunderts auf, bis sie im 19. Jahrhundert geradezu zu einer Sucht wurde. Jeder, der etwas auf sich hielt, griff zur Schere; kaum eine Druckschrift, kaum ein Gastgeschenk, das nicht mit einer Silhouette verziert war. – Der Name stammt übrigens von dem französischen Bankier und Finanzminister Ludwigs XV., Etienne de Silhouette. Er war wegen seiner Sparsamkeit berühmt-berüchtigt und verfügte, daß nur noch schwarzweiße Umrißporträts verschenkt werden dürften. Hohn und Spott verfolgten ihn - alles was, karg, einfach oder ärmlich war, hieß fortan nur à la Silhouette ...

Welch eine Pracht und Kunstfertigkeit allerdings die Schattenbilder im Lauf der Jahrhunderte entwickelten, zeigt eine Ausstellung in der Städtischen Galerie im Lenbachhaus, München (bis 6. Mai), mit Schattenrissen, Silhouetten und Cutouts von Künstlern wie Philipp Otto Runge, Pablo Picasso oder Adolph von Menzel. Natürlich sind auch Porträts aus Lavaters "Physiognomischen Fragmente" zu sehen, ebenso Beispiele aus dem Schaffen des seinerzeit berühmten Genfer Silhouetteurs und Malers Jean Huber. Ein umfangreiches Buch mit vielen Informationen zur Kunst der Schattenbilder ist im Verlag Hatje Cantz erschienen (324 Seiten, 293 Abb., davon 124 farbig, geb. mit Schutzumschlag, 98 DM) und zeigt die Entwicklung dieses Mediums seit dem 19. Jahrhundert auf. os