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14.04.01 Der Kanzler in Moskau – ist Königsberg kein Thema für ihn?

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 14. April 2001


Rußland-Besuch:
Die Lasten der Vergangenheit
Der Kanzler in Moskau – ist Königsberg kein Thema für ihn?

Als es im Zuge des von Napoleon III. vom Zaune gebrochenen  deutsch-französischen Krieges dazu kam, daß Elsaß-Lothringen wieder an das Reich fiel, gab man am Quai d’Orsay die Parole aus: Immer daran denken, nie davon sprechen. Damals galt, wie auch heute noch bei all unseren Nachbarn, Politik ist vor allen Dingen Außenpolitik. Als jetzt Kanzler Schröder nach St. Petersburg fuhr, um mit Präsident Putin unter anderem über die Modalitäten der Rückzahlung russischer Schulden zu verhandeln, hätte er überreichlich Verhandlungsmaterial gehabt: 15 Milliarden Mark sind auch für das immer noch riesige Land trotz einer sich allmählich erholenden Wirtschaft kein Pappenstiel. Allein Zins und Tilgung in Höhe von 3,9 Milliarden Mark schlagen jährlich zu Buche. Kanzler Schröder könnte zudem die Vermittlerrolle zwischen den USA und Rußland ins Spiel bringen, was bei einigem Geschick sicherlich ein Pfund ist, mit dem man im Bedarfsfalle wuchern könnte. Bislang ist der Weg nach London sowohl für Moskau wie auch für Washington immer noch kürzer, aber gewiß ist nicht nur in Moskau aufmerksam registriert worden, daß Schröder – Stichwort Kioto – nicht nur zum Kopfnicken nach Übersee geflogen ist. Eine zukünftige  Vermittlungsrolle Berlins unter Umgehung Londons würde nicht nur den anglo-amerikanischen Raum etwas verkleinern, es würde auch dem mangelnden deutschen Selbstbewußtsein auf auswärtigem Parkett wohltun. Eine eigenständige Rolle Berlins wäre auch deswegen zu favorisieren, weil die Frage der US-Raketenpläne spätestens nach Ablauf der ersten "Hundert-Tage-Herrschaft" in den baltischen Raum und damit nach Moskau transferiert wird. Hier, übrigens in Deckung mit Frankreichs Sicht, ein eigenes Potential aufweisen zu können, würde Berlin als Unterpfand zukünftiger besonderer deutsch-russischer Beziehungen empfehlen.

Spätestens beim Gang durch die Welt der schönen Bilder in der Petersburger Eremitage werden die beiden Politiker in die Vergangenheit zurückgeführt, womit nicht allein die widerrrechtlich festgehaltene Beutekunst gemeint sein kann. Je stärker die Geschichtsschreibung nicht nur die Stalinschen Verbrechen auf dem Felde der Innenpolitik ausleuchtet, sondern sich auch den strategischen außenpolitischen Konzeptionen zuwendet, desto eher wird deutlich, daß die Frage Königsberg nicht einfach als unbewältigt für alle Zeit auf der Halde der Geschichte ausgebreitet liegen bleiben darf. Alle europäischen Nachbarn sprechen gegenwärtig – selbstverständlich mit unterschiedlichster Motivlage – derzeit über das nördliche Ostpreußen – nur Berlin schweigt. Natürlich, nur ein leichtfertiger Schwätzer wird behaupten, daß hier leichte Siege winken. Dazu sind Lüge, Desinformation und Vorurteil allzusehr zu einer dicken Panzerwand verklebt, aber die kluge Vision politischer Perspektive könnte hier eine erste Bresche in frühere Denkwelten schlagen.

Die nie offiziell bestätigte, aber zuletzt vom "Spiegel" wiederholte Meldung, wonach Gorbatschow für 70 Milliarden Mark das nördliche Ostpreußen freigeben wollte, könnte ein Ansatzpunkt für eine Wende in diesem Bereich bilden. Würde nur jährlich die Hälfte der fälligen Zinszahlungen, also zwei Milliarden Mark, gezielt in die Region mit einem noch zu erstellenden Generalbebaungsplan gegeben werden, dürften alsbald augenscheinliche Erfolge nachweisbar sein. Die Rückkehrmöglicheit von Vertriebenen eingeschlossen, brächte die geschändete Region endlich positiv in die Schlagzeilen und unterbände das dumpfe und verantwortungslose Gewäsch von "Regermaniserung", wie es ein Jochen Welt, Aussiedlerbeauftragter der Regierung, am Beispiel der "deutschen Minderheit" in Polen erneut suggerieren wollte. Er registrierte schon "polnische Befürchtungen" hinsichtlich des geplanten "Zentrums für Vertreibung". Dabei hätte er doch wissen müssen, daß Warschau längst eine Vielzahl von Malen für die eigenen Vertriebenen errichtet hat. Was soll daran beunruhigen? Peter Fischer