20.04.2024

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14.04.01 Traditioneller Pfeiler einer neuen Leitkultur

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 14. April 2001


Gedanken zur Zeit:
Die preußischen Tugenden
Traditioneller Pfeiler einer neuen Leitkultur
von Heiner Hofsommer

Die Orientierungslosigkeit im Lande ist groß, weil zu oft und zuviel hemmungsloser Individualismus propagiert wird. Viele Menschen bleiben dadurch sich selbst überlassen; dabei sind sie doch auf Orientierung hin angelegt. Behilflich hierbei sind ihnen christliche und weltliche Tugenden, die ihnen Kraft, Orientierung und Halt geben können.

Diese Tugendbegriffe werden von vielen Meinungsmachern im Staat als antiquiert betrachtet. Sie tun es vorwiegend, um als modern zu gelten und als "Zeitgeistschwimmer" vordergründige, aber in Wahrheit substanzlose Effekte zu erhaschen. Doch Tugenden und damit Werthaltungen verdanken ihre Wirkung und Ausstrahlung der Tatsache, daß sie sich einfach bewährt haben, sie bedürfen keines öffentlichen Effektes. Freilich, wenn man heutigentags von "preußischen Tugenden" spricht, so treten sofort selbsternannte "Zeitgeistanbeter" auf den Plan. Man wird altmodischer Geisteshaltung bezichtigt, die ursächlich reaktionärer Gedankenwelt entspringe. Diese absurden Vorstellungen der "Ewigheutigen" sind Ergebnis falscher Geschichtskenntnisse und lebensferner Weltsicht. Wenn die Sinn- und Orientierungskrise immer größer wird, dann ist es gleichsam die Forderung des Tages, sich auf die Erfahrungen unserer vieltausendjährigen Geschichte zu berufen, die selbstverständlich Tiefen, aber eben auch unvergleichbare Höhen aufzuweisen hat. Hierzu gehört auch das Kapitel "preußische Tugenden".

Preußen – das war eben nicht in erster Linie Kadavergehorsam und Kasernenhofdrill, wie es heute häufig suggeriert wird. Preußens Tugenden standen und stehen auch für religiöse und weltanschauliche Toleranz, für Rechtsstaatlichkeit, Sparsamkeit, Fleiß, Leistungsbereitschaft, Disziplin, Pünktlichkeit, Pflichterfüllung und Dienst am Gemeinwesen. Diese Werte sind von großen Preußen und denen, die sich ihnen verbunden fühlten, in der deutschen Geschichte vorgelebt worden und haben im deutschen Volk viele Nachahmer gehabt.

Mit dem "Allgemeinen Landrecht" von 1785 stellte Preußen als erstes Land der neueren Geschichte die Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz her und wurde damit der erste Rechtsstaat auf europäischem Boden. Preußen öffnete sich auch gegenüber Emigranten, die aus weltanschaulichen Gründen ihre Ursprungsländer verlassen mußten (Hugenotten, Salzburger Protestanten, Juden). Als erstes Land der Welt führte Preußen 1717 die allgemeine Schulpflicht ein und legte so den Grund für Bildung und Ausbildung breitester Schichten. Schon 1740 garantierte Preußen vor allen anderen Ländern seinen Bürgern absolute Religionsfreiheit.

Nicht unerwähnt bleiben darf die Einführung der Sozialgesetzgebung durch Otto von Bismarck. Diese Weltneuheit auf dem Sektor Sozialgesetzgebung ist von vielen modernen Staaten einschließlich USA bis heute unerreicht.

Es gibt immer wieder Zeitgenossen, die Preußen in die Ecke der militärischen Aggression stellen wollen. Doch Historiker sind sich einig darüber, daß die Statistik über Kriege zwischen 1701 und 1933, die von europäischen Großmächten geführt wurden, völlig anders aussieht: Frankreich 28 Prozent, England 23, Rußland/Sowjetunion 21, Preußen/Deutschland 8. Ordnungstrieb – nicht Kriegslust – hat die Neidkomplexe so vieler Gegner des Preußentums geweckt.

Alle Welt spricht heute noch von den preußischen Tugenden, nur eben im eigenen Lande nicht. Heute sind wir in Deutschland wirtschaftlich, sozial und kulturell auf die Notwendigkeit der Selbsterhaltung angewiesen. Um diesem nicht eben verheißungsvollen Zustand zu begegnen, brauchen wir Meinungsführer in allen gesellschaftsrelevanten Bereichen, die mit einer Anleihe aus dem preußischen Tugendkatalog die Möglichkeit nutzen sollten, unser Land wieder auf Vordermann zu bringen. Auch der deutsche Einigungsprozeß, der bekanntlich noch lange nicht abgeschlossen ist, könnte mit diesem preußischen Tugendkanon befördert werden.

Aus: Heiner Hofsommer, "Mißstände in Bildung, Erziehung und Politik", Aton-Verlag, Unna.