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14.04.01 Bauten aus einem Jahrhundert zeigen gesellschaftliche Entwicklung

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 14. April 2001


Eine ungewöhnliche Baugeschichte
Bauten aus einem Jahrhundert zeigen gesellschaftliche Entwicklung

In Berlin wird derzeit nicht nur Spektakuläres neu gebaut, es wird Altes auch gnadenlos "entsorgt". Wieder einmal hat es einen ostpreußischen Architekten getroffen: nach dem Umbau des Reichstags, dem die in den sechziger Jahren entstandenen Einbauten von Paul Baumgarten zum Opfer fielen, ist jetzt die von dem 1900 in Tilsit geborenen Architekten gestaltete Bewag-Hauptverwaltung an der Reihe, obwohl sie noch 1998 zur Aufnahme in die Denkmalliste vorgeschlagen wurde. Übrig blieb nur ein bescheidener Rest, und so erinnert an den Architekten aus Tilsit allenfalls die Müllverladeanlage in der Helmholtzstraße, die heute von einem Architekturbüro genutzt wird, der Konzertsaal der Hochschule für Musik oder auch sein Interbau-Wohnhaus aus dem Jahr 1957 im Hansaviertel. Diese "Demonstration zeitgemäßen  Wohnungsbaus" fand Aufnahme in den Band Ein Jahrhundert Bauten in Deutschland von Gert Kähler (Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart. 236 Seiten mit 330 Abb., geb. mit farbigem Schutzumschlag, 128 DM). Kähler, selbst Architekt und seit 1988 als freier Autor arbeitend, hat mit diesem Buch eine ungewöhnliche Baugeschichte zusammengestellt, ging es ihm doch nicht darum, die besten Bauten aus einem Jahrhundert aufzulisten. Er wollte vielmehr die typischsten für eine Zeit vorstellen, solche, die etwas über die Zeit aussagen, in der sie entstanden. Und so fanden so unterschiedliche Bauten wie etwa das Völkerschlachtdenkmal in Leipzig, die Wuppertaler Schwebebahn, die Turbinenhalle der AEG in Berlin, das Klinikum Aachen oder der Münchner Olympiapark Aufnahme. Kurzweilige Texte erläutern die meisterhaften Fotografien, stellen die Bauten in den historischen Zusammenhang. Wieder finden sich auch in diesem Buch die Spuren, die Architekten aus Ostpreußen hinterlassen haben. Der Königsberger Max Taut etwa baute 1922/23 das Gewerkschaftshaus in Berlin, während der Allensteiner Erich Mendelsohn das Universum Kino in Berlin 1926/31 errichtete, das heute die Schaubühne am Halleschen Ufer beherbergt. Bruno Taut aus Königsberg steht für die Siedlung Onkel-Toms-Hütte, entstanden 1926–1931. Auch Bauten von Hugo Häring, der ebenso wie Hans Scharoun einige Zeit in Ostpreußen wirkte, von Volkwin Marg aus Königsberg, dem Erbauer der Neuen Messe in Leipzig, sind gleichfalls zu finden. – Eine Auswahl, die quer durch Deutschland führt und die Augen öffnet für die Besonderheiten am Wegesrand. os