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14.04.01 Betonritter und Riesenschwerter für das geplante größte Denkmal Europas

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 14. April 2001


Ein neues Monument in Tannenberg
Betonritter und Riesenschwerter für das geplante größte Denkmal Europas
von Brigitte Jäger-Dabek

Fast vom Stuhl sei er gefallen, als er die Nachricht im Fernsehen gesehen habe, sagte der Grünfelder Gemeindevorsteher Henryk Kacprzyk der polnischen Presse, als er nach dem Superdenkmal gefragt wurde, das zum 600. Jahrestag der Tannenberg-Schlacht errichtet werden soll.

Initiator ist die Stiftung "Geschichte und Kunst", deren Ziel die Rettung des polnischen kulturellen und geschichtlichen Erbes ist. Es sei die erste große Unternehmung der Stiftung erklärte der stellvertretende Vorsitzende der Stiftung, Wieslaw Podgorski, am 20. März bei der Vorstellung des Projektes in Warschau.

Das größte Denkmal Europas soll an der Straße Danzig–Warschau stehen, in der Gegend der Abzweigung nach Grünfelde. In drei Jahres soll es fertig sein und dann auf den 600. Jahrestag der Schlacht vom 14. Juli 1410 zwischen dem Deutschen Orden und den vereinigten Heeren Litauens und Polens hinweisen. Es wird das polnische "Grunwald-Denkmal" bei Grünfelde ergänzen, nicht ersetzen.

Ein großes Denkmal für ein großes Jubiläum soll es werden und wahrhaft gigantische Ausmaße haben. Nach den Plänen wird das Monument einen halben Kilometer lang sein und aus 350 Betonrittern auf siebzig Sockeln bestehen. Die Skulpturen werden zwischen 12 und 35 Meter hoch sein und sollen verschiedene Episoden der Schlacht nachstellen.

Das Zentrum der Anlage werden Reproduktionen einiger Szenen des Gemäldes "Die Schlacht von Grunwald" von Jan Matejko (1838–1893), einem bekannten polnischen Maler, bilden. Dargestellt wird dann der Tod des Ordenshochmeisters Ulrich von Jungingen. Auch hier monströse Ausmaße: allein der Mantel des Hochmeisters soll 35 Meter messen.

Im hinteren Teil des Denkmals sollen zwei stilisierte 110 Meter hohe blanke Schwerter errichtet werden. Das Konzept sieht vor, in den Schwertern Fahrstühle und in den Schwertgriffen Aussichtsplattformen zu installieren.

Ganz auf Fernwirkung eingerichtet sein soll das Denkmal, dessen Umrisse aus mehr als zwei Kilometern Distanz sichtbar sein werden. Um die Dimensionen dieses monströsen Denkmals zu verdeutlichen, ein kurzer Vergleich: 110 Meter hoch werden die Schwerter, weit größer als die 93 Meter hohe New Yorker Freiheitsstatue, das Berliner Tor ist 26 Meter hoch, die Betonritter jedoch werden eine Höhe von bis zu 35 Metern haben.

Je nach Größe sollen die Ritterfiguren zwischen 75 000 und
150 000 Zloty pro Stück kosten, die gesamte Anlage wird 30 bis 40 Millionen Zloty teuer sein. Tragen sollen das die Sponsoren, private Firmen und Organisationen von Auslandspolen in aller Welt.

Das Projekt habe großes Interesse geweckt, sagte Podgorski, und viele bekannte Persönlichkeiten hätten den Wunsch zur Mitarbeit bekundet. Unter anderen habe die Kanzlei des Präsidenten um Informationsmaterial gebeten, dort wolle man die Pläne genauso unterstützen wie beim Kultusministerium.

Beide Büros antworteten allerdings auf Rückfrage der polnischen Zeitung "Gazeta Wyborcza" dahingehend, daß sie weder informiert seien noch sich in irgendeiner Form dazu geäußert hätten.

Die vor Ort betroffenen Verwaltungsorgane und Politiker wurden gleichfalls nicht von der Stiftung über das Vorhaben unterrichtet und erfuhren allesamt über die Medien von den Plänen der Stiftung. Das sei das erste, was er höre, reagierte der Osteroder Landrat Jan Antochowski erstaunt. Man habe auch ihn weder informiert noch um seine Einschätzung gebeten, dabei sei er letzten Endes für die Baugenehmigung zuständig, erklärte er.

Stiftungsvizepräsident Podgorski hingegen setzte noch eins drauf und verriet, sein Projekt in nächster Zeit dem deutschen Botschafter vorstellen zu wollen. Er habe die Hoffnung, auf diese Weise dazu beizutragen, Brücken zwischen Polen und Deutschen zu bauen.

Offen bleiben bei dem Projekt die Frage nach dem Sinn und der grundsätzliche Zweifel, ob solch ein gigantisches Selbstverherrlichungsdenkmal überhaupt noch in die Zeit eines zusammenwachsenden Europas paßt.

Nun sind Mythen langlebig, besonders solche heroisch angehauchten Geschichtsmythen wie der Grunwald-Mythos in Polen. Aber gibt es eigentlich keine bessere Gelegenheit, der Einheit Polens zu gedenken, denn darum geht es ja der Stiftung?

Grünfelde/Tannenberg taugt dazu nicht, denn es lag 1410 nicht in Polen, war auch nicht von Polen besiedelt, und um die Einheit Polens ging es bei der Schlacht nun wahrlich nicht. Es ging schlicht um Macht, das Ergebnis war dann ja auch das Brechen der uneingeschränkten Vormacht des Deutschen Ordens in der Region.

Dabei glaubte man diese Zeiten schon überwunden, und nun soll hier doch wieder nicht die Geschichte einer Region mit all ihren Verstrickungen und Brüchen museal veranschaulicht werden, sondern eine aus dem geschichtlichen Kontext herausgelöste Schlacht, mit der man so alles und nichts untermauern kann.

Wie es auch anders geht, sieht man derzeit in der Kreisstadt Osterode. Dort wird vom Osteroder Museum und der Gesellschaft der Freunde der Geschichte und Kultur der Pruzzen, "Prutenia", ein Geschichtswettbewerb für Schüler veranstaltet. Dort können Jugendliche ihr Wissen über die Pruzzen im Wettstreit mit anderen messen.

Durch den Wissenswettbewerb und die Berichterstattung darüber hoffen die Veranstalter, die Kenntnisse um die tatsächliche Geschichte der Region mit ihren prussischen Ureinwohnern zu verbreitern, erklärte Museumsdirektor Dr. Ryszard Sajkowski.