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21.04.01 Arnulf Baring im Gespräch mit Adam Krzeminski

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 21. April 2001


Berlin:
Polens preußisches Erbe
Arnulf Baring im Gespräch mit Adam Krzeminski
von Karlheinz Lau

Ein Blick in den von den Ministerpräsidenten Diepgen und Stolpe abgesegneten Almanach zum "Preußenjahr" 2001 muß den historisch interessierten Leser verblüffen: Preußen scheint fast nur im heutigen Land Brandenburg stattgefunden zu haben.

Wenigstens kann der eigentliche Anlaß des Gedenkjahres, nämlich die im ostpreußischen Königsberg mit großem Prunk zelebrierte Krönung Friedrichs I. zum König in Preußen, nicht ausgeklammert werden. Vielleicht hilft deren in den letzten Monaten recht häufige Erwähnung in den Massenmedien, das historisch-geographische Wissen mancher Zeitgenossen zu erweitern, denen nicht bewußt ist, daß wichtige Kerngebiete des alten Preußen – Ost- und Westpreußen, Pommern, Ostbrandenburg und Schlesien – heute nicht mehr deutsches, sondern polnisches und auch russisches Hoheitsgebiet sind.

Eben zu diesem Themenbereich veranstaltete die Deutsch-Polnische Gesellschaft in Zusammenarbeit mit der Polnischen Botschaft am 10. April in Berlin eine Diskussion mit Arnulf Baring und Adam Krzeminski unter dem Titel "Polen und das preußische Erbe".

Über die Kompetenz beider Gesprächsteilnehmer braucht kein Wort verloren zu werden. Höflich, aber deutlich wurde die geographisch-historische Beschränkung der Veranstaltungen zum Preußenjahr in Berlin und Brandenburg kritisiert. Etwaige Rücksichten auf polnische Befindlichkeiten, wie sie in bestimmten bundesdeutschen Kreisen noch immer gängig sind, etwa beim Gebrauch von Ortsnamen, wurden nicht gelten gelassen. Auch wollte sich keiner der Diskutanten in falscher Zurückhaltung üben, was den eklatanten Wissensmangel der Deutschen in bezug auf die Geschichte und Gegenwart der alten deutschen Ost- und heutigen polnischen Westprovinzen betrifft. Hier hätte das Preußenjahr durch entsprechende Themenstellungen die Möglichkeit zu Verbesserungen eröffnet, die bislang jedoch kaum genutzt wurden.

Ein Berliner Geschichtslehrer bestätigte, seine Schüler ohne die Heranziehung der Historie für Polen nicht interessieren zu können. Dabei sollte der gesamte Zeitraum seit der Ostsiedlung einbezogen werden und die Betrachtung keinesfalls auf die beiden Jahrhunderte seit den polnischen Teilungen bzw. die Jahre des Nationalsozialismus verkürzt werden, so wichtig die Aufarbeitung dieser Epochen in beiden Ländern auch ist.

Was das preußische Erbe angeht, skizzierte Krzeminski eine klare Position, wonach im polnischen Geschichtsbewußtsein Preußen einer Katastrophe gleichkäme, mit der die Namen Friedrich II. (von "der Große" ist hier nie die Rede), Bismarck und schließlich Hitler in Verbindung gebracht würden.

Unklar blieb, ob er hier nur gängige Sichtweisen wiedergab oder seine persönliche Meinung. So oder so wurde die spätestens mit der Entwicklung nach 1989 überholte Pauschalverurteilung des preußischen Erbes im Verlauf des Gesprächs durch Aussagen Krzeminskis und anderer relativiert. Man wies darauf hin, daß vornehmlich in den westlichen Landesteilen der Republik Polen viele Bürger anfangen, die Geschichte der "kleinen Heimat" zu entdecken, die nicht erst im Jahre 1945 beginnt. Stellvertretend kann die Kulturgemeinschaft "Borussia" in Allenstein genannt werden.

Diese Geschichte des Heimatraumes ist aber ohne die Gestaltungsprinzipien aus preußischer Zeit – vornehmlich in Wirtschaft und Verwaltung – und ohne die Mitarbeit der ehemaligen deutschen Bewohner bei ihrer Aufarbeitung nicht denkbar. Das gilt sowohl für die früheren ostdeutschen Reichsgebiete als auch für jene polnischen Territorien, die aufgrund der Teilungen zwischenzeitlich zu Preußen kamen.

Wie so häufig wurde auch in dieser Diskussion nicht offen ausgesprochen, daß die deutschen Vertriebenen die Bevölkerungsgruppe in der Bundesrepublik Deutschland sind, die die intensivsten Verbindungen zu den neuen Bewohnern ihrer Heimatgemeinden pflegen. Selbst Arnulf Baring, der ansonsten eine Menge zu erwidern und zu ergänzen hatte, tat dies nicht.

Nicht unerwähnt bleiben sollte auch eine Randnotiz der Veranstaltung: Ein polnischer Diskussionsteilnehmer forderte die Rückbenennung Kaliningrads zu Königsberg mit der Begründung, der Stalin-Gefolgsmann Kalinin habe auch polnische Zivilisten und Militärs umbringen lassen. – Zumindest wenn es um das ungeliebte Rußland geht, scheint das preußische Erbe keine Probleme zu bereiten.