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21.04.01 Eine kurzweilige Betrachtung über alkoholische Spezialitäten aus Ostpreußen

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 21. April 2001


E Schlubberche zum Nachspülen
Eine kurzweilige Betrachtung über alkoholische Spezialitäten aus Ostpreußen
Barbara Zander

Wo so gut, schwer und reichlich gegessen wurde wie in Ostpreußen, lag die Vermutung nahe, daß die "Eingeborenen" in ihrem Trinkverhalten ähnliche Mäßigung übten. Genauso war es – und ist es auch heute, das muß wohl am Land liegen. Entweder brauchte die Verdauung eine kleine Starthilfe, oder man feierte gerade ein Fest und da galt sowieso die Devise: Halb betrunken ist rausgeschmissenes Geld.

Wein war in kultivierten Häusern zwar durchaus bekannt, wurde auch in Gaststätten, deren Publikum aus höheren Kreisen stammte, in vorzüglicher Auswahl angeboten, fand aber keinen Eingang in die alltäglichen Trinkgewohnheiten des Volksstammes. Eine Ausnahme bildeten da nur die selbstgebrauten Obstweine, die aber ob des meist ein wenig erhöhten Alkoholgehalts eher den Obstlikören oder Obstschnäpsen zugeordnet werden mußten.

Nicht einmal die holde Weiblichkeit amüsierte sich mit richtigem Wein, gängig war bei Sommerfesten allenfalls der selbstgemachte Kopskiekelwein aus Johannisbeeren. Sonst bevorzugten die Damen eher ein Likörchen wie Danziger Goldwasser oder auch einen Kurenkaffee aus Alkohol und Bohnenkaffee. Nach der Devise Hauptsache süß durfte auch mal ein Hochpro-zenter der Richtung Meschkinnes dabei sein. – Nur im litauisch beeinflußten Norden hieß dieses Nationalgetränk Meschkinnes und war im übrigen Land als Bärenfang bekannt, ein Getränk aus Honig und fast reinem Alkohol, das auch die Polen sehr schätzen. Ob er nun Bärenfang, Meschkinnes oder miod pitny genannt wurde, war gleichgültig, nicht jedoch der Alkoholgehalt – keinesfalls unter 40 Prozent, besser 50 Prozent.

Besonders in der kalten Jahreszeit gab es noch ein Getränk extra für Damen und Kranke, den Eiergrog, bestehend aus einem normalen Grog (Rum muß, Zucker kann, Wasser braucht nicht), der mit Zucker, Milch und vier Eigelb pro Glas verfeinert wurde. Wie man den Genuß dieses Gebräus überhaupt lebend überstehen konnte, ist mir allerdings vollkommen schleierhaft.

Weil wir gerade beim Grog sind, Rum konnte man noch wirksamer verarbeiten, genau wie Rotwein, der ja allenfalls zu Fleck im Königsberger Blutgericht annehmbar war. Da gab es noch das Kirchenfenster, eine freundliche Mischung aus je einem Drittel Rotwein, Rum und Aquavit, der Erfolg war garantiert.

Das eigentliche Lieblingsgetränk der Ostpreußen war aber der klare Schnaps, der in mehr oder weniger homöopathischen Dosen tauglich war in allen Lebenslagen, zur Verdauung, als Seelenwärmer bei großer Kälte, Tröster bei Schicksalsschlägen. Nach einem getätigten Geschäft gab es einen davon magrietsch, und in größeren Mengen wurde er einfach so zum Spaß getrunken. Er konnte aus Kartoffeln gebrannt sein, besser aber, weil verträglicher, aus Korn, davon konnte man einfach mehr ausknüllen. Was so ein richtiger ostpreußischer Söffke war, vertrug einen ganzen Stiebel, bis er vollends versackte.

Niemand brauchte sich aber mit nacktem Schnaps die Schlorren vollschöpfen. Man konnte ihn als Klammerchen zwischen zwei Bierchen trinken, bis man einen Dunstkopp hatte, und so mancher selbstgebrannte Fusel tat ja auch allein seine Wirkung und machte ordentlich bregenklöterig. Aber da gab es ja auch noch die herrlichen Variationen mit Schnaps und Weinbrand, denn die Ostpreußen waren sehr einfallsreich in der Verfeinerung ihres Lieblingstrankes – ein schönes Beispiel für die kreativen Gaben menschlichen Geistes.

Von Memelwasser mit Grundeis (Schnaps mit Würfelzucker und Kaffee) konnte man schon ganz ordentlich beduselt sein, einen Weißen mit Schlagbaum (Korn mit Würstchen) konnte man gern mal verlöten, auch mit Pillkaller (Korn mit einer Scheibe Leberwurst und einem Klecks Mostrich) beschnurgelte man sich, und Nikolaschka (Kognak mit Zitronenscheibe und Kaffeepulver) half auch, sich zu benuscheln. Selig beschwiemt und ziemlich beschlaucht trat man dann den Heimweg an, immer an der Wand lang, getreu dem Motto: Halt dich am Zaun, der Himmel ist zu hoch. Aber das machen Sie mal jemandem klar, der gerade die Welt umarmen möchte, weil er sich so schön die Lampe begossen hat und gewaltig im Schum ist.