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26.05.01 Abenteuer-Reise

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 26. Mai 2001


Michels Stammtisch:
Abenteuer-Reise

"Wenn einer eine Reise tut, so kann er was erzählen", verkündete Matthias Claudius seine alte Weisheit am Stammtisch im Deutschen Haus. Besonders, wenn man mit "Der Bahn" fahre, ließ ein Schlesier verlauten. War der doch am 11. Mai 2001 mit dem Ziel Oberschlesien in den ICE von Frankfurt am Main nach Dresden eingestiegen – und das stilvoll in Eisenach, der Geburtsstadt des großen Komponisten Johann Sebastian Bach, dessen Namen diesen schnellen Zug der Bahn schmückt. Der Bahnkunde wollte in Dresden-Neustadt in einen Interregio umsteigen, der ihn in die schlesische Heimat bringen sollte.

Doch "pünktlich wie die Eisen-bahn" – wie in längst vergangenen Zeiten – war dieser ICE schon in Eisenach nicht. Er kam gut 20 Minuten zu spät, bis Leipzig waren es 25. Doch der Reisende kalkulierte: In Dresden-Neustadt waren fahrplanmäßig 22 Minuten Übergang vorgesehen, also müßte es klappen, auch angesichts der großen Zahl von ICE-Reisenden, die diesen Anschluß erreichen wollten.

Doch dann passierte es: Bei der Einfahrt in den Leipziger Haupt-bahnhof teilte der ICE-Chef per Lautsprecher lakonisch mit, sein Zug führe heute angesichts der Verspätung nur bis Leipzig und nicht bis Dresden. Man könne in 40 Minuten mit einem Interregio weiterfahren, die 120 Kilometer des ICE seien gestrichen.

Eine Auskunft, wie es von Görlitz aus im Bereich der polnischen Bahn weitergehen könne, gab es in der Leipziger Bahnhofshalle bei der Auskunft nicht. Dafür heißt diese jetzt Ser-Witz-peunt. Für die gepäckbeladenen Reisenden war das allerdings kein Witz, ebensowenig wie später die "Auskunft" am Görlitzer Bahnhof, von dem die Reise mit Straßenbahn und Bus in den Ostteil der Stadt weiterging, daß der "Beförderungsvertrag" erfüllt sei, auch wenn man erst am nächsten Morgen um vier Uhr das Ziel erreiche …

Der Stammtisch munterte den Bahnkunden mit dessen schlesi-schem Landsmann Eichendorff auf: "Recht lustig sei vor allem, wer’s Reisen wählen will." Doch der blieb sauer: lieber mit Bahn-Beamten pünktlich, als privatisiert zu stranden.