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02.06.01 Paris und Madrid besitzen gegen Volkstumskämpfe kein Rezept

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 02. Juni 2001


Baskenland:
Zwischen den Fronten
Paris und Madrid besitzen gegen Volkstumskämpfe kein Rezept

Mitte Mai gab es Wahlen im spanischen Baskenland zwecks einer Erneuerung des Regionalparlaments, das in Vitoria ansässig ist. Die Madrider Parteien (Volkspartei und Sozialistische Partei) gingen zur Wahl zusammen, in der Hoffnung, die Nationalistische Partei Baskenlands (PVV), die seit zwanzig Jahren an der Macht ist, zu entthronen. Diese Hoffnung wurde enttäuscht, wenn auch die PVV die absolute Mehrheit der Sitze nicht erkämpfen konnte. Mit 33 Sitzen der 75 Abgeordneten, die das Parlament zählt, wird die PVV dazu verpflichtet sein, langwierige Verhandlungen zu führen, damit eine sichere Mehrheit diese unstabile, selbständige Region Spaniens regieren kann. Die baskische spanische Region (in drei Provinzen aufgeteilt) hat eine Bevölkerung von 2 100 000 Einwohnern und eine Landfläche von etwas mehr als 7200 Quadratkilometern. Ihr gegenüber besteht in Frankreich das Departement der "Pyrénées-Atlantiques" mit einer ähnlichen Landfläche, aber nur 580 000 Einwohnern, das die Gegend Béarn und das eigentliche französische Baskenland miteinbezieht.

Die französische Presse hat sich offensichtlich darüber gefreut, daß die Madrider Parteien keinen Durchbruch in Vitoria haben erzielen können. Sicherlich sind die Beziehungen zwischen Paris und Madrid gut, besonders im Rahmen des Kampfes gegen die Ter-rororganisation ETA ("Euzkadi ta Askatasuna" oder "Das Baskenland und seine Freiheit"); für die französischen Medien scheint es aber angebracht, dem etwaigen zentralistischen Eifer der Madrider Regierung zu mißtrauen. Gegenwärtig wird viel diesseits der Pyrenäen von der Selbständigkeit der Regionen angesichts des europäischen Aufbaus geredet, so daß die Stellungnahmen der Pariser Zeitungen bezüglich des baskischen Problems den Beobachter nicht erstaunen. Einig waren sich in Frankreich die Zeitungen dennoch darüber, daß bei der letzten Wahl in Vitoria die spanischen Basken gegen die ETA gewählt haben, da die der Terrorgruppe nahestehende Partei "Euskal Mer- ritarrok" eine Wahlschlappe erlitten und sieben ihrer vierzehn Abgeordnetensitze verloren hat.

Trotz der Anwesenheit einer Schwesterorganisation der ETA namens "Ipparetarak" in Frankreich, die regelmäßig Anschläge, allerdings ohne Lebensverlust, verübt, hat es den Anschein, daß die Pariser Zentralbehörden bislang ein baskisches Problem im Sechseck vermieden haben. Nach einem Bericht des konservativen "Figaro" hatten unlängst die Vertreter der französischen Verwaltung inoffiziell einen Sieg der gemäßigten Nationalisten der PVV erhofft, denn sie fürchteten sich davor, daß ein Sieg der Madrider Volkspartei unter der Leitung des ehemaligen Innenministers Ortega bei den letzten Wahlen zum Parlament von Vitoria eine Verschärfung der Lage sowohl in Spanien als in Frankreich mit sich ziehen würde. Obschon die baskische Bevölkerung im Norden des Baskenlands, das heißt, in Frankreich, die letzten Wahlen mit Gleichgültigkeit verfolgt hätte, wäre zu fürchten gewesen, daß ein Viertel dieser Bevölkerung, das baskischsprachig sei und insofern das spanisch- baskische Fernsehen schaue, durch einen Sieg der Madrider Parteien sich bedroht gesehen hätte. Im Prinzip ist Paris neutral in der baskischen Debatte; praktisch gesehen sieht es so aus, als gäbe die Pariser Regierung derjenigen von Madrid den Rat, vorsichtig zu sein.

Laut der amtlichen französischen Presseagentur AFP gebe es bei der ETA einen harten Kern von 200 Aktivisten. Seit 1968 habe die ETA 798 Menschen, sowohl Zivilisten als Militärs, ermordet. Neunzig Prozent der Opfer seien seit dem Tode Francos 1975 zu Tode gekommen. Dies bedeutet, daß die demokratische Wende in Spanien und die den Provinzen gewährte Selbstständigkeit unter König Juan Carlos das baskische Problem grundsätzlich nicht geändert haben. Die PVV wurde am Ende des neunzehnten Jahrhunderts gegründet. Die Tatsache, daß sie die Macht in Vitoria zu behalten vermocht hat und eine "Souveränität" des Baskenlandes erst in weiter Ferne vorschlägt, sollte zu keinem Ende des Terrors durch die ETA führen. Pierre Campguilhem