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09.06.01 Wie rußlanddeutsche Aussiedler »amtlich« diskriminiert werden

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 09. Juni 2001


Vorurteile im »Parlament«
Wie rußlanddeutsche Aussiedler »amtlich« diskriminiert werden

Es vergeht kein Tag, an dem nicht in offiziellen Erklärungen oder Medienberichten Diskriminierungen von Ausländern, ausländischen Zuwanderern oder Asylbewerbern heftig kritisiert und deren Probleme breit dargestellt werden. In den Beträgen über rußlanddeutsche Aussiedler allerdings liest man zum Teil ganz andere Bewertungen. Da machen sich immer mehr Vorurteile und negative Bewertungen breit.

In diesen Chor stimmt auch das von der Bundeszentrale für politische Bildung herausgegebene Blatt "Das Parlament" in seiner Ausgabe Nr. 16 mit ein. Dort werden unbewiesene und falsche Behauptungen aufgestellt. Es wird nicht nur die Bindung vieler Spätaussiedler (wie vieler denn?) an Deutschland in Frage gestellt, sondern auch noch freiweg behauptet, daß ihre deutsche Herkunft oft "gegen Bakschisch" bestätigt würde.

Offensichtlich sind dem Autor dieses Artikels die langwierigen und mühevollen Aufnahmeprozeduren für Aussiedler bis zur Erlangung eines Aufnahmebescheides und auch die danach in Deutschland folgenden weiteren Überprüfungen bis zur Anerkennung als Spätaussiedler nicht bekannt.

Auch weiß man im "Parlament" anscheinend nicht, daß das Bundesverwaltungsamt in Köln akribisch über diesen bürokratischen Hürdenlauf wacht, die problematische "Sprachprüfung", bei der 50 Prozent durchfallen, eingeschlossen. Während Ausländer aus aller Herren Länder direkt und ohne ein deutsches Wort hier einreisen und eine Prüfung ihrer Aufenthaltswünsche beantragen können, fehlt bei den rußland-deutschen Aussiedlern nur noch der Gentest bezüglich ihrer deut-schen Abstammung.

Unbewiesenen Vorurteilen huldigt auch der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Erwin Marschewski, wenn er den jetzt kommenden Aussiedlern pauschal Desinteresse an der deutschen Sprache, fehlende Ar-beitsbereitschaft und Unverträglichkeit bescheinigt. Sicher gibt es auch bei dieser Bevölkerungsgruppe die sprichwörtlichen "schwarzen Schafe", aber für die Mehrzahl der Rußlanddeutschen und ihre fremdnationalen Familienangehörigen trifft dies nach meinen jahrelangen Erfahrungen bei der Eingliederungsarbeit vor Ort nicht zu.

Leider wurden ja gerade unter der Kohl-Regierung die Sprachkurse – trotz aller Proteste aus Vertriebenen- und Aussiedlerkreisen – gekürzt, wurden die in der Betreuungsarbeit tätigen Wohlfahrts- und Vertriebenenverbände nicht immer ausreichend unterstützt, wurden unter der Regierung Schröder dank des famosen Staatsministers Naumann viele ostdeutsche Kultureinrichtungen stranguliert, wurde die kulturelle Breitenarbeit, die immer die Aus-siedler einbezogen hat, in starkem Maße behindert.

Auch die fehlende Berücksichtigung so mancher Politiker aus Vertriebenenkreisen schadete der Eingliederungsarbeit unmittelbar. Erst die hessische Landesregierung unter Roland Koch hat hier eine Kehrtwendung vollzogen und einen Landesbeauftragten für Vertriebenen- und Aussiedlerfragen eingesetzt.

Wenn jetzt Defizite bei den Rußlanddeutschen beklagt werden, dann müssen sich die Politiker bei CDU und SPD an die eigenen Beschlüsse erinnern lassen. Man hat auf die Sprecher der Wohlfahrts- und der Vertriebenenverbände nicht hören wollen. Jetzt folgt der Katzenjammer. Vom Aussiedler-beauftragten der Bundesregierung, Jochen Welt (SPD), konnte man im "Parlament" nichts lesen. Vielleicht sollte er dort einmal tätig werden. Rüdiger Goldmann