29.03.2024

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16.06.01 Einstieg in den Ausstieg

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 16. Juni 2001


Hans-Jürgen Mahlitz:
Einstieg in den Ausstieg

Gehen in Deutschland nun die Lichter aus? Nein, ganz so dramatisch wird sich der "Atomkonsens" wohl doch nicht auswirken. Es gibt keinen sofortigen und totalen Ausstieg aus der friedlichen Nutzung der Kernenergie, wie ihn radikal denkende Atomkraftgegner à la Greenpeace fordern. Und ob es den über mindestens zwei Jahrzehnte gestreckten Ausstieg in kleinen Schritten überhaupt geben wird, ist auch noch nicht so gewiß, wie Kanzler Schröder und sein Umweltminister Trittin uns weismachen wollen.

Die jetzt unterzeichnete Vereinbarung zwischen der rot-grünen Bundesregierung und den führenden Vertretern der Energiewirtschaft hat noch keine Gesetzeskraft; darüber hat nun der Deutsche Bundestag zu befinden. Allerdings ist davon auszugehen, daß die Opposition dies nicht wird verhindern können, auch nicht mit Hilfe des Bundesrats. Wir werden also im Herbst ein Ausstiegsgesetz haben.

Und voraussichtlich werden wir auch erleben, daß noch vor der nächsten Bundestagswahl mindestens ein Kernkraftwerk abgeschaltet wird. Damit haben die Grünen etwas, was sie ihrer Basis gegenüber zum ökopolitischen Sensationserfolg hochstilisieren können. Der Energiewirtschaft tut das nicht weh, weil sie von der Stillegung eines älteren, nicht mehr ganz so rentablen Kraftwerks insofern profitiert, als dessen nicht voll ausgeschöpfte Rest-Laufzeit einer moderneren und damit profitableren Anlage zugeschlagen wird.

Man darf aber auch davon ausgehen, daß Deutschland nicht bis in alle Ewigkeit rot-grün regiert wird. Vielleicht noch nicht im Herbst 2002, bei irgendeiner späteren Wahl aber wohl doch wird die Union aus dem derzeitigen Tief in der Wählergunst wieder herausgekommen sein und Regierungsverantwortung übernehmen können. Für diesen Fall hat Fraktionschef Merz bereits den Ausstieg aus dem Ausstieg angekündigt. Seine Warnung vor den "verheerenden Folgen" der jetzigen Konsensvereinbarung ist durchaus ernst zu nehmen. Deutschland verabschiedet sich damit endgültig in einem ganz wichtigen Bereich aus dem Kreis der Hochtechnologie-Länder.

In der Praxis ist dies freilich schon lange vor der Unterzeichnung des Atomkonsenses geschehen. Technologieruinen wie der Schnelle Brüter von Kalkar, der Hochtemperatur-Reaktor bei Hamm zeugen davon, wie leichtfertig Spitzenpositionen in zukunftsträchtigen Bereichen von Forschung und Entwicklung aufgegeben wurden.

Schlimmer noch: Es wurde – und wird – auf die falschen Alternativen gesetzt. Beispiel Sonnenenergie: Auch die abenteuerlichsten ideologischen Klimmzüge können nicht darüber hinwegtäuschen, daß die meiste Energie genau dann benötigt wird, wenn die Energiequelle Sonne am wenigsten liefern kann – nachts, im Winter, bei schlechtem Wetter. Da hat Deutschland schlechte Karten.

Bei langfristig sinnvolleren Alternativen, zum Beispiel der Plasmaphysik mit dem Ziel, aus kontrollierter Kernfusion Energie zu gewinnen, ist hingegen zu befürchten, daß auch hier die Ideologen wieder zuschlagen. Das wäre dann die neue deutsche Kontinuität: Das Geschäft mit der Angst blüht immer …