28.03.2024

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30.06.01 Dumas und das Elf-Geheimnis

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 30. Juni 2001


Frankreich:
Dumas und das Elf-Geheimnis
Provisionen in Höhe von 500 Mill. US-Dollar waren möglich

Großes Aufsehen hat in Paris Mitte Juni ein Interview mit dem schwer angeschlagenen Roland Dumas erregt, das im konservativen "Figaro" veröffentlicht wurde. Der ehemalige Außenminister Mitterands, der zwei Wochen vorher wegen Veruntreuung und Unterschlagung in der Affäre Elf zu 30 Monaten Haft, davon sechs ohne Bewährung, verurteilt wurde, was zu einem Berufungsverfahren führt, greift in diesem Interview scharf seinen gegenwärtigen Nachfolger im Quai d’Orsay, Hubert Védrine, und die derzeitige Sozialministerin, Elisabeth Guigou, an, die unter der Präsidentschaft Mitterands hohe Beamte des Elysée-Palastes waren.

Obwohl "Le Figaro" das Interview mit großer Umsicht führte, ging es in den Äußerungen Dumas’ nicht nur um allgemeine Urteile über den Gang der Justiz in höchst sensiblen Gerichtsverfahren, sondern auch um den Teil der Elf-Affäre, der die deutsch-französischen Beziehungen am meisten berührt, das heißt, die Leuna-Minol-Affäre. Obwohl Dumas keine näheren Einzelheiten nennen wollte und leugnet, etwas damit zu tun gehabt zu haben, gibt er dem Leser zu bedenken, daß Staatspräsident François Mitterand die Zahlung von gewichtigen Provisionen gebilligt hatte, damit das deutsch-französische Elf-Vorhaben zustande kommen konnte. "Mitterand hat das ganze Vorhaben gebilligt, möglicherweise einschließlich des Bezahlens von Provisionen", so Dumas. Die hohe Staatsraison und die Notwendigkeit, die Freundschaft mit Deutschland zu fördern, erklärten die Stellungnahmen des Staatschefs in der Leuna-Affäre. Das Leuna-Minol-Vorhaben wäre persönlich zwischen Mitterand und dem damaligen Chef von Elf, Leik Le Floch-Prigent, beschlossen, vom Nachfolger Le Floch-Prigents, Philippe Jaffré, storniert und auf Drängen Altbundeskanzlers Helmut Kohl und des neuen Regierungschefs Edouard Balladur wiederaufgenommen und dann endgültig gebilligt worden. Nach Dumas’ Äußerungen waren Frankreich und Deutschland zu jener Zeit in Ostinitiativen verwickelt, so daß das Gelingen und das Zustandekommen des Leuna-Minol-Vorhabens für die französische Politik lebenswichtig waren. Laut Le Floch-Prigent seien die höheren Stellen des Elysée-Palastes über die Art und Weise, wie dieser Vertrag abgewickelt werden müßte, völlig auf dem laufenden gewesen, und in seinem Interview gibt Roland Dumas dem ehemaligen Elf-Manager im Sinne französischer außen- politischer Ziele vollkommen recht.

Verschiedene Beteiligte an der Festsetzung der französischen Politik reagierten schnell und harsch auf die abgegebenen Erklärungen Dumas’ und wiesen sie mit Nachdruck zurück.

Dem Privatrundfunksender RTL gegenüber erklärte Védrine, er habe von den Provisionen bloß im nachhinein gehört, als man bereits darüber öffentlich gesprochen habe. Die ganze Sache wäre als strenges Geheimnis zwischen Mitterand und Le Floch-Prigent behandelt worden. Mitterrand hätte sogar von Le Floch-Prigent verlangt, über die Abwicklung des Leuna-Vorhabens mit niemanden zu sprechen, weder mit dem Generalsekretär des Elysée-Palastes (Védrine) noch mit irgendwelchen anderen Personen. Ihrerseits erklärte Elisabeth Guigou in einer Pressemitteilung, sie hätte keineswegs an den Verhandlungen, die im Juli 1991 begonnen hätten, teilgenommen. Zu jener Zeit sei sie als Europaministerin nur Beigeordnete von Roland Dumas gewesen.

Dem Laien scheint die ganze Sache so verwickelt, daß man sich fragen kann, ob die Justizbehörden in Sachen Leuna-Affäre tatsächlich ihre Ermittlungen erfolgreich weiterführen können. Auf jeden Fall schien das Dumas-Interview bedeutungsvoll genug, um ein lebhaftes Echo von Kommentaren und Mutmaßungen hervorzurufen, ohne daß damit für die Öffentlichkeit dieser Teil der Politik auch nur um einen Deut klarer geworden wäre. Immerhin formulierte selbst die amerikanische Tageszeitung "International Harald Tribune" daraus eine Schlagzeile und verwies auf einen nunmehr möglichen zweiten Anlauf der ungeklärten Elf-Affäre.

Nach Einschätzung Dumas’ hätten die von Elf bezahlten Provisionen es erlaubt, Persönlichkeiten sowohl in Frankreich als auch im Ausland zu vergüten. Der Verkauf von Fregatten an Taiwan (ein anderer Teil des Elf-Dossiers) hätte zum Beispiel Provisionen in Höhe von fünfhundert Millionen US-Dollar mit sich gebracht. Pierre Campguilhem