20.04.2024

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07.07.01 Lionel Jospins trotzkistische Betätigung kommt ans Licht

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 07. Juli 2001


Frankreich:
Die Last der Vergangenheit
Lionel Jospins trotzkistische Betätigung kommt ans Licht

Seit langem war in Paris bekannt, daß Lionel Jospin Trotzkist war. Das klingt um so erstaunlicher, als der derzeitige Regierungschef schon zu früher Zeit ein hoher Beamter des Quai d’Orsay war. Insofern hat es den Anschein, daß der große Lärm, den Jospin’s das Geständnis seiner ehemaligen Teilnahme am Treffen mit einer trotzkistischen Gruppierung in den französischen Medien verursacht hat, völlig im Vorfeld der Präsidentschaftswahlkampagne steht.

Das Gravierendste war sicherlich für den Premier, daß er lange jene Verbindungen hartnäckig geleugnet hatte und nur aus Furcht vor neuen Enthüllungen sich allmählich über die ganze Sache aussprechen mußte. Derselbe Chirac, von dem man sagt, er wäre Kommunist, sogar militant in einer Zelle der KPF tätig gewesen, hat nun die ganze Angelegenheit ausgenutzt, um sich als zuverlässiger denn Jospin darzustellen. Auffällig ist, daß die Tageszeitung der KPF, "L’Humanité", keine Schlagzeilen mit dieser neuerdings erschienenen Affäre macht.

Die Tatsache, daß die trotzkistischen Gruppen die Sozialistische Partei und zahlreiche gewerkschaftliche Gremien seit Jahren unterwandern, hätte vielleicht längere Debatten gefordert. In der laizistischen politischen Lebensweise Frankreichs scheinen diese abtrünnigen Gruppen jedoch hoffähig.

Die französischen Trotzkisten sind in drei Strömungen gespalten, wobei die "Lambertisten", denen Jospin angehörte, als die Gewalttätigsten gelten. Im Falle der Beziehungen Jospins zu den Lambertisten liegt freilich das Heikle darin, wie lange diese Beziehungen bestanden haben.

Laut den Aussagen des Regierungschefs handelte es sich für ihn darum, in den sechziger Jahren an dem antikolonialistischen und antikapitalistischen Kampf auf trotzkistischer Seite teilnehmen zu wollen, da die Kommunistische Partei zu jener Zeit stalinistisch und die alte Sozialistische Partei in die Kolonialpolitik verwickelt waren. Nach Presseberichten hätte Jospin mutmaßliche Kontakte zu den Trotzkisten bis 1987, ganz sicher aber bis 1981 unterhalten.

Wenn man weiß, daß die Lambertisten der Unterwanderung von politischen Parteien oder Gewerkschaften (wie "Force Ouvrière" oder "Sud") den Vorzug geben, kann man sich nach den Motiven der Handlungsweise Jospins fragen. Anfangs übrigens sprach der Regierungschef, als er seine Vergangenheit zu leugnen versuchte, von einer Verwechslung mit seinem Bruder Oliver. Doch diese Ausrede platzte schnell. Schlechte Berater oder schlechtes Gewissen? Pierre Campguilhem