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14.07.01 Ernst Barlach und Käthe Kollwitz auf einer gemeinsamen Ausstellung

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 14. Juli 2001


Begegnung und Grenzen
Ernst Barlach und Käthe Kollwitz auf einer gemeinsamen Ausstellung

Heut hab ich meine Steindrucke wieder angesehn und hab wieder gesehn, daß sie fast alle nicht gut sind. Barlach hat seinen Weg gefunden und ich hab ihn noch nicht gefunden", notiert Käthe Kollwitz (1867–1945) in ihrem Tagebuch. Kollwitz – Barlach, zwei Künstler, die oft miteinander verglichen werden, manches Mal sogar miteinander verwechselt. Vieles, was sie schufen – Zeichnungen, Druckgraphik und Skulpturen – weist Gemeinsamkeiten auf. Und doch ist jeder seinen eigenen Weg gegangen. Die Berührungen, Grenzen, Gegenbilder dieser beiden Künstler aufzuspüren, hat sich jetzt eine Ausstellung im Ernst Barlach Museum Wedel (Mühlenstraße 1, dienstags bis sonnabends 10 bis 12 Uhr, 15 bis 18 Uhr, sonntags 10 bis 18 Uhr; bis 12. August) zur Aufgabe gemacht. Gezeigt werden etwa 160 Beispiele aus dem Schaffen der beiden Künstler, die sich immer wieder einmal begegnet sind, waren sie doch beide Mitglieder der Berliner Sezession, die aber keine persönliche Freundschaft pflegten.

Es ist dies nicht die erste gemeinsame Ausstellung mit Werken von Käthe Kollwitz und Ernst Barlach ((1870–1938). Bereits zu Lebzeiten wurden sie auf den Ausstellungen der Berliner Sezession gemeinsam gezeigt. Und als in Deutschland die "entartete Kunst", zu der auch Werke von Kollwitz und Barlach gezählt wurden, aus den Museen entfernt wurde und ins Ausland gelangte, zeigte die National Gallery in Washington eine stattliche Reihe von Zeichnungen der beiden. 1948/49 war in Schweden eine gemeinsame Einzelausstellung zu sehen, es folgten 1967/68 Ungarn, England, die USA, 1976/78 sogar Australien.

Im Wedeler Museum, übrigens dem Geburtshaus des Graphikers, Bildhauers und Dichters, beeindruckt die direkte Gegenüberstellung der Werke, geordnet nach Themenkreisen wie Mutter und Kind, Die Frau, Hexen, Tod/Hoffnung, Wandlung, Opfer, Krieg. Anders als Barlach, der 1906 auf seiner Reise nach Rußland dem Elend der Bevölkerung begegnete und durch dieses zu seinen Arbeiten angeregt wurde, hat Käthe Kollwitz durch eigenes schweres Leid wie den Tod des Sohnes Peter im Ersten Weltkrieg und durch die Eindrücke, die sie als Frau des Armenarztes Hans Kollwitz erhielt, wesentliche Impulse für ihr Schaffen erhalten. Sie steht mitten im Leben, während Barlach eher als der Künstler gilt, der der Welt entsagt. So sind denn auch seine Arbeiten mehr ein Sinnbild für die Situation der Menschen, zeigen sie Gottsucher und Wahrheitsverkünder. Gemeinsam aber ist ihnen der Kampf gegen alles Unmenschliche.

Als Barlach 1938 in einem Rostocker Krankenhaus stirbt, fährt Käte Kollwitz zur Trauerfeier nach Güstrow. Eindrucksvoll ihre Schilderung der Begegnung mit dem toten Kollegen: "Der Sarg steht in der Mitte des Raumes. Er ist feierlich und kostbar aufgebaut. Ein schwarzer Teppich und weiße Atlasdecken. Barlach ist ganz klein. Er liegt mit ganz zur Seite gesenktem Kopf – als ob er sich verbergen wolle. Die weggestreckten und nebeneinander gelegten Hände ganz klein und ganz mager. Ringsherum an den Wänden seine schweigenden Gestalten. Hinter dem Sarge Tannen aufgebaut. Über dem Sarge die Maske des Güstrower Dom-Engels. Um den Sarg herum läuft sein kleiner Hund und schnuppert zu ihm auf ..." – Der Güstrower Dom-Engel trägt übrigens die Züge der Käthe Kollwitz, wenn auch nur zufällig, wie Barlach betonte. Auch dieses Meisterwerk ist in Wedel zu sehen ... Silke Osman

Ernst Barlach: Maske des Güstrower Dom-Engels mit den Zügen der Käthe Kollwitz Foto: Beyer