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21.07.01 Bemerkenswertes aus einer Dortmunder Forschungsstelle

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 21. Juli 2001


Wissenschaft:
West-östliche Spiegelungen
Bemerkenswertes aus einer Dortmunder Forschungsstelle
von Martin Schmidt

Die wissenschaftliche Beschäftigung mit den Nachbarländern im Osten läßt hierzulande in mancherlei Hinsicht zu wünschen übrig. Vor allem die Aufarbeitung von Archivmaterial zur ostdeutschen Zeitgeschichte wäre ohne die Zusammenarbeit mit jüngeren polnischen Wissenschaftlern aus Mangel an Interesse und Personal kaum möglich.

Wie wenig die offizielle bundesdeutsche Politik an diesen Themenfeldern interessiert ist, zeigt auch die jüngste Weigerung des neuen Bundeskulturbeauftragten Nida-Rümelin, die seit Jahren angestrebte Stiftungsprofessur für Vertriebenen-Integrationsforschung an der Universität Bayreuth zu unterstützen.

Im Gegensatz dazu gibt es aber auch Lichtblicke in der Wissenschaftslandschaft. Zu diesen gehört zweifellos die "Forschungsstelle Ostmitteleuropa" an der Universität Dortmund. 1952 als "Ostdeutsche Forschungsstelle" gegründet, trägt sie seit 1973 den jetzigen Namen und leistet unter dem seitherigen Leiter Johannes Hoffmann Bemerkenswertes.

Getragen von der "Gesellschaft für ostmitteleuropäische Landeskunde und Kultur e. V.", angegliedert an die Universität Dortmund und mitfinanziert vom Land Nordrhein-Westfalen wurde eine Bibliothek mit inzwischen mehr als 100 000 Büchern, Karten, Zeitungen, Zeitschriften usw. aufgebaut.

Etwa 135 Buchveröffentlichungen, 13 Bände der Mitteilungen des Beuthener Geschichts- und Museumsvereins sowie 13 Ausgaben des deutsch-polnischen Informationsdienstes "Inter Finitimos" behandeln die politische, kulturelle, wirtschaftliche und soziale Geschichte der deutschen Ostgebiete sowie die Beziehungen zwischen den Deutschen und ihren slawischen Nachbarn.

Der 1937 im oberschlesischen Ziegenhals bei Neisse geborene Hoffmann, der auch Mitglied des Kuratoriums und Stiftungsrates des Ostdeutschen Kulturrates ist, hat die Publikationstätigkeit der Forschungsstelle sichtlich geprägt. Dies zeigt sich in der vorrangigen Beachtung Schlesiens und im Versuch, in den hauseigenen Reihen A und B sowie den nur über den Buchhandel erhältlichen "Studien der Forschungsstelle Ostmitteleuropa" (Verlag Otto Harrassowitz) außer Bibliographien, Dorf- und Stadtchroniken und sonstigen wissenschaftlichen Spezialwerken auch Schriften herauszubringen, die breitere Leserschichten ansprechen und pädagogisch wirken sollen.

Folgende Titelauswahl kann die thematische Vielfalt nur andeuten: "Nordrhein-Westfalen und der deutsche Osten" (1966), "Das märkisch-brandenburgische Geschlecht Wedding und seine Bedeutung für Technik und Industrie" (1972), "Die Städte Schlesiens. Daten und Fakten zu ihrer landes-, kultur-, wirtschafts- und sozialgeschichtlichen Entwicklung und Bedeutung" (1983), "Die slawische Sokolbewegung" (1991), "Gestalten und Ereignisse aus Schlesiens Wirtschaft, Kultur und Politik" (1992), "Das preußische England... Berichte über die industriellen und sozialen Zustände in Oberschlesien zwischen 1780 und 1876" (1993).

Außerdem aus jüngster Zeit: "Verlorene Heimaten – Neue Fremden. Literarische Texte zu Krieg, Flucht, Vertreibung, Nachkriegszeit" (1995), "Nachbarn sind der Rede wert. Bilder der Deutschen von Polen und der Polen von Deutschen in der Neuzeit" (1997), "Erinnerte Heimat. Ostpreußen im literarischen Werk von Arno Surminski" (1999), "Die deutsche Sprache in Oberschlesien. Untersuchungen zur politischen Rolle der deutschen Sprache in den Jahren 1921-1998" (2000) sowie – frisch aus der Druckerpresse – "Polnische Motive im deutschen Kinder- und Jugendbuch nach 1945".

Auch autobiographische Bücher finden sich. Beispielsweise die "Stationen eines Lebens. Ein ostpreußischer Bauer erzählt" (1994) von Ernst-August Brenneisen oder "Schatten am Don. Als Zwangsdeportierte aus Siebenbürgen in Kohlebergwerken in Rußland 1945-1946" (1994) von Liane Weniger.

Vom pädagogisch-didaktischen Ansatz des aus dem höheren Schuldienst an die Universität gekommenen Leiters der Forschungsstelle zeugen Veröffentlichungen wie "Das östliche Europa als pädagogisches und wissenschaftliches Anliegen" (1988) oder das in Zusammenarbeit mit dem "Deutsch-Polnischen Länderkreis bei der Auslandsgesellschaft Nordrhein-Westfalen e. V." herausgegebene Werk "Polen – Unser östlicher Nachbar. Bücher, Medien, Unterrichtsmaterialien" (1975) bzw. die Jugendbücher "Chris aus Kattowitz. Von Oberschlesien ins Ruhrgebiet" (1995) und – in zweisprachiger Form – "Morgenlicht und wilde Schwäne. Ein Sommer in Masuren" (1997).

Für seine unermüdliche wissenschaftliche Tätigkeit wurden dem Akademischen Oberrat Johannes Hoffmann mehrere Auszeichnungen verliehen. Neben dem in diesem Jahr zuerkannten Bundesverdienstkreuz am Bande ist vor allem das Ende 1999 überreichte Kavalierskreuz des Verdienstordens der Republik Polen zu nennen.

Dessen Verleihung erfolgte für "Verdienste um die deutsch-polnische Verständigung und Versöhnung". Sie unterstreicht, daß im heutigen Polen auch Persönlichkeiten des deutschen Geisteslebens geehrt werden, die sich für ein gutes Verhältnis beider Völker einsetzen, ohne sich in ihren Arbeitsinhalten anzubiedern und die Geschichte um einer falsch verstandenen Aussöhnung willen nach dem (vermeintlichen) Geschmack des anderen umschreiben.

Kontakt: Forschungsstelle Ostmitteleuropa, Universität Dortmund, Emil-Figge-Str. 50, 44221 Dortmund, Tel.: 0231/755-2854 (Sekretariat), Fax: 755-2862