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11.08.01 Die Hochmeister des Deutschen Ordens in Preußen (III) Luther v. Braunschweig

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 11. August 2001


Serie:
Die Hochmeister des Deutschen Ordens in Preußen (III) Luther v. Braunschweig
von Friedrich Borchert

Luther von Braunschweig (1331–1335) folgte nach seiner Wahl am 17. Februar 1331 seinem ermordeten Vorgänger Werner v. Orseln.

Er entstammte einer reichsfürstlichen Familie aus dem hochadligen Haus der Welfen, dessen Altvater Heinrich der Löwe gewesen ist. Außerdem bestand eine verwandtschaftliche Beziehung zur heiligen Elisabeth von Thüringen (1207–1231).

Der Vater des Hochmeisters war Herzog Albrecht I. (der Große) von Braunschweig-Lüneburg, der je zwei seiner sechs Söhne bei den Templern, Johannitern und beim Deutschen Orden eintreten ließ. Die Herzöge von Braunschweig hatten traditionell gute Beziehungen zum Deutschen Orden. So hatte der Urgroßvater Luthers bereits im frühen 13. Jahrhundert einen Kreuzzug nach Preußen unternommen, und Großvater Herzog Otto I. brachte um 1239/40 der belagerten Ordensburg Balga über See Hilfe und Entsatz.

Luther v. Braunschweig ist etwa um 1300 in den Deutschen Orden eingetreten. Er gehörte um 1302 zum Christburger Konvent in Osterode und wurde 1308 zum Komtur von Gollub befördert. Von 1314 an war er Komtur zu Christburg und stand zugleich als Oberster Trapier dem Beschaffungswesen des Ordens vor.

Seine wichtigste Aufgabe sah er aber in der groß angelegten Besiedlung der Länder Pomesanien und Sassen mit deutschen Kolonisten. Gemeinsam mit dem Landkomtur von Kulm und mit niedersächsischen Edelleuten erschloß er Teile des Urwaldgebiets in Sassen; es wurden dort 30 Güter und Dörfer gegründet.

Die Städte Christburg, Deutsch Eylau und Saalfeld stattete er mit neuen Handfesten aus. Die kleine Stadt Gilgenburg wurde von ihm gegründet. Insgesamt war er an mehr als 80 Dorfgründungen maßgebend beteiligt.

Bei dem großen Siedlungswerk waren auch andere in Preußen ansässige Orden beteiligt. Die Zisterzienser trieben vor allem die Rodung und Urbarmachung von Wäldern und Sümpfen voran. Der Orden stand mit den Klöstern Pelplin und Oliva in enger Verbindung.

Immer wieder flammten Kämpfe mit Polen auf. Im Jahr 1331 kam es zur Schlacht bei Plowcze, in deren Verlauf der Polenkönig den Ordensspittler Hermann v. Oettingen ermorden ließ.

Auch als Hochmeister galt Luthers Hauptaugenmerk der Wei-terentwicklung des Landes. Die Stadt Bartenstein erhielt im Jahre 1332 von ihm die Handfeste nach Kulmer Recht, und die Komturei Brandenburg gründete in seinem Auftrag die Stadt Friedland am Unterlauf der Alle. Das Siedlungswerk machte weiterhin große Fortschritte.

Im Bauwesen gab es einige bemerkenswerte Vorhaben. So wurde der Ordenshof Stuhm zu einer Vogtei mit Burg ausgebaut. In Marienburg gingen die Bauarbeiten voran; insbesondere vergrößerte man die Burgkapelle mit der darunter liegenden St. Annengruft. Der Neubau des Königsberger Doms machte Fortschritte. Er durfte aber nach einer vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Hochmeister und dem samländischen Bischof von 1333 nicht als Kirchenburg errichtet werden. Die nach der ursprünglichen Planung der Domherren bereits vorhandenen Wehrgänge blieben erhalten, jedoch wurde der Wei- terbau nur unter entsprechenden Auflagen gestattet. Man duldete in Reichweite der Ordensburg keine weitere Befestigung.

Eine besondere Vorliebe des Hochmeisters galt der Dichtung und der Musik. Der Musenfreund schrieb selber Gedichte und Bücher. Leider sind fast alle seiner literarischen Arbeiten verschollen. Nur der Titel seiner Dichtung "Barbara" wurde durch Nikolaus v. Jeroschin überliefert. Sie schildert den kühnen Zug des Ordensmarschalls zur pommerellenschen Burg Sartowitz jenseits der Weichsel im Jahre 1242, bei dem die kostbare Reliquie der heiligen Barbara erobert worden war. In einer Versdichtung hat Luther die Bücher Makkabäer aus der Bibel in die deutsche Sprache übersetzt. Die kunstvoll gestaltete Handschrift wurde nach der Schlacht von Tannenberg 1410 von den Polen erbeutet und vom polnischen König dem Krakauer Domkapitel geschenkt. Von ihr sind heute noch 219 Blatt Pergament im dortigen Archiv vorhanden.

In die Zeit dieses kunstsinnigen Hochmeisters fiel der Höhepunkt der geistlichen Dichtung in Preußen. Heinrich v. Hesler, Tilo v. Kulm, Peter v. Dusburg und Nikolaus v. Jeroschin waren große dichterische Talente ihrer Zeit und schufen eine Reihe klassischer Werke mittelalterlicher geistlicher Literatur.

Der Hochmeister beauftragte den Königsberger Konventualen Nikolaus v. Jeroschin mit der Übersetzung der Dusburgschen Chronik ins Deutsche. Die poetische Bearbeitung erschien in 28 000 Verszeilen unter dem Titel "Kronike von Pruzinlant" in ostmitteldeutscher Sprache. Die vom samländischen Domherrn Thilo v. Kulm um 1331 verfaßte und Hochmeister Luther gewidmete Dichtung "Von den siben ingesigelen" enthält die biblische Heilsgeschichte. Dieses Werk blieb in der Königsberger Universitätsbibliothek erhalten und wurde nach dem Zweiten Weltkrieg in die Bibliothek der Universität Thorn überführt.

Luther v. Braunschweig war auch im kirchlichen Bereich engagiert tätig und setzte sich für feierliche Gottesdienste ein. Dem Kirchengesang galt seine besondere Pflege, und er sang selber notenkundig mit.

Im April des Jahres 1335 reiste der Hochmeister zur Einweihung des neuen Doms nach Königsberg. Er starb unerwartet auf dieser Reise. Noch am Vortage hatte er in Stuhm eine Urkunde ausgefertigt.

Sein Leichnam wurde in die Pregelstadt überführt und im Ostchor des neuen Doms beigesetzt.

Das bis in die Neuzeit erhaltene Grabmal bestand aus einer liegenden, geschnitzten Plastik des Verstorbenen. Es wurde im Zweiten Weltkrieg bei einem alliierten Luftangriff im Jahre 1944 vernichtet. Von der steinernen Grabtafel sind noch Fragmente mit Teilen der Inschrift im Dom erhalten.

Entwurf für ein Fresko von Adolph v. Menzel aus der Zeit um 1846: Luther v. Braunschweig / Im Königsberger Dom: Grabmal Luther v. Braunschweigs