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18.08.01 Ein US-Guckposten in Ost-Timor

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 18. August 2001


Atauro und die »öffentliche Kunst«
Ein US-Guckposten in Ost-Timor
von Peter Fischer

Politik ist unter Beibehaltung der Begriffe Volk und Nation wesentlich immer Außenpolitik. Dies bedingt naturgemäß Allianzen, Mächtekonstellationen, wechselnde Bündnisse, woraus sich zwingend auch Vertraulichkeit über etwaig getroffene Abmachungen ergibt. In der Praxis nennt man dies schlicht Geheimdiplomatie. Nur ganz von allen reinlicheren Geistern verlassenene bundesdeutsche Publizisten können ungerügt in Kommentaren (in der „Welt“ vom 7. 8.) die Frage aufwerfen, ob man denn unbedingt zur „Geheimdiplomatie“ zurückkehren müsse, da diese doch nach der „diplomatischen Revolution von 1918“ auch „demokratisch legitimiert“ und damit endlich Außenpolitik zur „öffentlichen Kunst“(sic !) geworden sei.

Der Autor bewegt sich damit auf der demagogischen Ebene der russischen Bolschewisten, die 1917 mit der Parole von der Abschaffung der Geheimdiplomatie auf die zumeist aus Analphabeten bestehenden „revolutionären Massen“ nachhaltig einzuwirken versuchten. Immerhin lassen sich auch in unseren demokratisch durchlichteten Tagen noch Elemente geheimdiplomatischer Politik auf dem für uns so fernen Schauplatz Indonesien nachweisen. Seit die amerikanische Politk um Einfluß in Asien ringt, bleibt auch die unruhige Region Indonesien mit ihren 210 Millionen Bewohnern , die sich auf über 14 000 Inseln verteilen, im Blick Washingtons. Daß sich die auf über 5400 Kilometer von West nach Ost ausstreckende Inselregion nur schwerlich zentralistisch beherrschen läßt, scheint einsichtig. Es ginge allenfalls nur über den gemeinsamen Nenner, der alle Insulaner miteinander verbindet: dasGeld. Dies brächte zwar die US-Politik kaum in Verlegenheit, aber man kann mit nur einem Standbein schwerlich herrschen, weshalb der andere Stützpfeiler militärischer Natur ist. Also wurde von der US-Marine im Bunde mit Australien die noch kaum bewohnte Insel Atauro, nordöstlich von Ost-Timor gelegen, als strategisch bedeutsamer Beobachtungsposten der USA gekürt.

Die Insel, die 1975 Zufluchtsort des letzten portugiesischen Gouverneurs war, liegt am Anfang eines zweitausend Meter tiefen Wassergrabens, was nach dem Urteil der Fachleute geradezu „ideal für U-Boote“scheint. Aber auch die elektronische Überwachung der Inselgruppe läßt sich mühelos vollziehen. Als es vor gut zwei Jahren nach einem ersten Referendum über die Region auch zu rigiden Auseinandersetzungen zwischen indonesischen Militärs und einheimischen Offizieren Ost-Timors kam, konnten sämtliche Telefonate mühelos aufgezeichnet und ausgewertet werden. Damit wurde auch das Ziel geheimdiplomatischer Aktivitäten deutlich, das freilich schon bis in die Jahre von vor 1975 zurückreichte. Damals fiel neben der strategischen Bedeutung des asiatischen Großraumes auch das vielfältig gegliederte indonesische Inselreich in den Blick der amerikanischen (und australischen Außenpolitik). Beide Mächte ermunterten damals - die Parallele zu Husseins späterem Einmarsch in Kuweit durch die ebenfalls ermunternde US-Botschafterin in Kuweit ist durchaus gegeben - den indonesischen Präsidenten Suharto uneingeschränkt zum Einmarsch nach Ost-Timor.

Natürlich brauchten die Eigeninteressen der Amerikaner einen Vorwand, der in diesem Falle den Namen „Fretilin“ trug. Der Einmarsch sollte, so der seinerzeitige Außenminister Henry Kissinger, „nur nicht mit unseren Waffen“erfolgen. Die damals offenbar marxistisch ausgerichtete Bewegung, die sich noch der Gunst Kubas erfreute, heute aber die zu erwartenden Vorteile, die sich durch die Stationierung des US-amerikanischen Militärs ergeben, nicht ohne Wohlwollen betrachet, durchlief also genau jene Wandlungen, die schwächere Gruppierungen als jene durchsetzungsfähigeren Hauptmächte ausgesetzt sind.

Deshalb erscheint es nur folgerichtig, wenn inzwischen Verhandlungen darüber laufen, inwieweit das Terrain nicht nur der direkten und indirekten Einflußnahme unterliegen soll, sondern wie es zu einem ungestörten und kaum kontrollierbarem militärischem Manöverfeld werden kann. Daß auch Geld für die Übungsfelder der Macht abfallen, ist kaum noch erwähnenswert.

Insgesamt aber scheint ein weiteres Feld im Zuge einer umsichtigen Geheimdiplomatie ohne Pulver und Blei erobert zu sein, was für die Sphäre des Politischen betrachtet und jenseits unserer eigenen deutschen Belange gerechnet, neidlos als ein Erfolg gewertet werden muß. Ob die in US-Uniformen gekleideten Gäste des Hotelschiffes „Central“ die Hintergründe der Operation genauer kennen oder sich nur als bloße „Unterstützungsgruppe“ für die vor Ost-Timor operierenden US-Kriegsschiffe verstehen, bleibt offen, es ging nur um einen aktuellen Beleg, daß Geheimdiplomatie weiterhin mit Erfolg geübt wird - leider nur nicht bei uns.