20.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
01.09.01 EU verlor vorerst Klage gegen US-Tabakkonzerne

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 01. September 2001


Blauer Dunst aus Übersee
EU verlor vorerst Klage gegen US-Tabakkonzerne
von Hagen Nettelbeck

Während beim Thema Zigarettenschmuggel viele Deutsche spontan an polnische Schieber und vietnamesische Straßenhändler denken, will die Europäische Union jetzt an die Hintermänner ran: an die großen US-Tabakkonzerne. Die Europäer behaupten zutreffend, daß die Schmuggelzigaretten, die die Polen über die Oder in die Bundesrepublik Deutschland bringen, aus den USA stammen. Die Amerikaner sagen: „Wir liefern die Ware nach Osteuropa, was dann dort damit passiert, ist uns unbekannt.“

Die EU hingegen behauptet, daß die US-Tabakkonzerne sehr wohl wissen, daß diese gewaltigen Sendungen zum Schmuggeln bestimmt sind. Folglich ist Mr. Marlboro ein Kompagnon der pol- nischen und vietnamesischen Banden. Dabei geht es um viel Geld: Allein in Deutschland wird vom Bundesfinanzministerium der Einnahmeverlust durch Zigarettenschmuggel auf mehr als eine Milliarde Mark veranschlagt.

Gemurrt hat die EU über die Amerikaner schon lange Zeit, doch unternahm sie dagegen nichts. Erst nach langem Zögern reichte die EU-Kommission im vergangenen November Klage gegen zwei Tabak-Multis in New York ein. Der Klage der EU-Kommission schlossen sich zehn EU-Staaten an, darunter auch Deutschland. Die EU-Kommission behauptete, Tonnen von Zigaretten würden illegal in die EU geschafft. Dadurch entstünden für den Fiskus Einnahmeverluste in Milliardenhöhe. In einigen Mitgliedsstaaten mache der Anteil der Schmuggelwaren bereits rund zehn Prozent des Gesamtumsatzes mit Tabakprodukten aus. Solche Mengen von Markenzigaretten könnten mutmaßlich nicht ohne Kenntnis der Hersteller gekauft und geschmuggelt werden. Philip Morris stellt unter anderem Zigaretten der Marke Marlboro her, R. J. Reynolds die Marke Camel.

Doch Brüssel hat seine Klage in den USA verloren: Die Europäische Union hat wegen Einnahmeverlusten durch Zigarettenschmuggel keinen Anspruch auf Schadensersatz in Milliardenhöhe von den US-Tabakkonzernen Philip Morris und Reynolds. Bundesrichter Nicholas Garaufi in New York begründete seine Entscheidung damit, daß die EU die direkte Auswirkung von Zollausfällen auf ihren Haushalt nicht nachweisen konnte.

Die Kommission hatte die Unternehmen auch gerichtlich dazu verpflichten lassen wollen, den Schmuggel künftig zu verhindern. Philip Morris reagierte mit den Worten, daß „der Schmuggel und die Fälschungen von Zigaretten für Philip Morris eine ebenso große Sorge (sind) wie für die (EU-) Regierungen. Allerdings glauben wir, daß das Problem durch Kooperation und nicht vor Gericht gelöst werden sollte“.

Die EU schätzt, daß ihr durch den Schmuggel jährlich vier Milliarden Mark an Einnahmen entgehen. Allein die Einfuhrzölle machten 250 Millionen Mark pro Jahr aus.

William Ohlemeyer, Vizepräsident von Philip Morris, lud die EU und die Regierungen nach dem Richterspruch zum Gespräch ein. „Wir begrüßen jede Gelegenheit, ... Möglichkeiten zur Lösung der Fragen außergerichtlich zu diskutieren.“

Für den Fall, daß die EU und ihre Mitgliedsstaaten ein Berufungsverfahren erwägen sollten, drohte der Vizepräsident des Weltmarktführers Philip Morris mit „entschiedenem Widerstand“.

Die EU-Kommission wirft den Konzernen vor, die Wege der Zigarettenschmuggler zu kennen und dennoch nicht durch Lieferstopps an die Beteiligten den Schmuggel zu unterbinden. Bei einem New Yorker Berufungsgericht ist derzeit auch eine Klage der kanadischen Regierung gegen den viertgrößten Tabakkonzern weltweit, Reynolds, anhängig. In Brüssel zeichnet sich jetzt schon eine deutliche Mehrheit für ein Berufungsverfahren ab.