20.04.2024

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06.10.01 Öffentlich oder veröffentlicht?

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 06. Oktober 2001


Hans-Jürgen Mahlitz
Öffentlich oder veröffentlicht?

Ganze fünf Prozent der Deutschen, so ergab eine Umfrage wenige Tage nach der Bürgerschaftswahl in Hamburg, halten den Wahlsieger Ronald Barnabas Schill und seine Partei für „rechtsradikal“. In Deutschlands Massenmedien, insbesondere in den Rundfunk- und Fernsehanstalten, hingegen scheinen allenfalls fünf Prozent der Meinungsmacher die Schill-Partei nicht für „rechtsradikal“, „rechtspopulistisch“ oder gar „rechtsextremistisch“ zu halten.

Krasser können öffentliche Meinung und veröffentlichte Meinungsmache nicht auseinanderklaffen. Mit einem wahren Trommelfeuer von Verbalinjurien haben Zeitungen und Magazine, Radio- und TV-Sender in den letzten Wochen vor der Wahl die Bürger darauf einzuschwören versucht, auf gar keinen Fall dem bösen „Richter Gnadenlos“ ihre Stimme zu geben.

Und dann diese Enttäuschung: Fast zwanzig Prozent der Hamburger Wähler entscheiden sich für Schill, und eine Woche darauf bekunden sogar 25 Prozent der Deutschen bei einer Meinungsumfrage, sie könnten sich gut vorstellen, die „Rechtsstaatliche Offensive“ auch auf Bun- desebene zu wählen.

Aus diesem eklatanten Widerspruch von öffentlicher und veröffentlichter Meinung kann man eigentlich nur einen Schluß ziehen: Die Macht der Medien wird wohl doch überschätzt. Natürlich hat die freie Presse eine wichtige Funktion in der demokratisch organisierten Gesellschaft. Aber als „vierte Gewalt“ ist sie in unserem Grundgesetz nun einmal nicht vorgesehen (übrigens auch in keiner anderen freiheitlich-demokratischen Verfassung). Und erst recht ist es durch kein Gesetz und kei-nen Verfassungsartikel gedeckt, wenn sich Medienmacher quasi zur „ersten Macht im Staate“ ernennen. Das ist nichts anderes als maßlose Arroganz, die nun - längst überfällig - durch die Hamburger Wahlergebnisse einen deutlichen Dämpfer bekommen hat.

Offensichtlich haben die meinungsbildenden Medien sich ihre eigene Welt geschaffen, die mit dem „wirklichen Leben“, dem Leben des „normalen“ Bürgers, immer weniger zu tun hat. Eins freilich können die Moderatoren und Kommentatoren sich zugute halten: Sie folgen ja nur dem schlechten Beispiel, das ihnen unsere Politiker geben. Denn bis auf immer seltenere Ausnahmen hat die politische Klasse doch längst von den Realitäten des täglichen Lebens abgehoben, redet über die Köpfe der Bürger hinweg. Auch das hat Schill zum Erfolg geführt: Er greift die Themen auf, welche die Bürger bewegen, und er redet darüber so, daß die Bürger ihn verstehen.

Das beherrschende Thema, die „Innere Sicherheit“, hat seit dem 11. September zusätzliche Dramatik erfahren. Es geht, jetzt erst recht, um die Kernfrage: Wie schützt eine freiheitlich-rechtsstaatliche Gesellschaft sich vor inneren und äußeren Feinden? Wieviel Freiheit und Rechtsstaatlichkeit muß sie aufgeben oder einschränken, um Freiheit und Recht bewahren zu können?

Darüber wird nun seit drei Wochen nahezu rund um die Uhr auf allen Kanälen palavert. Doch das meiste von diesem Gerede hätte man sich sparen können; die Diskussion ist in Schieflage geraten. Aus der Ecke der „Reichsbedenkenträger“ hört man immer weniger zum tatsächlich Geschehenen, nämlich zu dem eiskalt geplanten und teuflich inszenierten Massenmord vom 11. September. Umso intensiver ereifern sie sich über das, was (zumindest bis Redaktionsschluß dieser Ausgabe) überhaupt noch nicht geschehen ist: den Gegenschlag der Amerikaner, den man korrekterweise nicht „Vergeltung nennen sollte, sondern „Bestrafung von Mördern“.

Das Thema hat natürlich auch in Kreisen der Vertriebenen starke Emotionen aufgewühlt. Sie waren ja - woran der Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen zu Recht erinnerte - schon vor Jahrzehnten Opfer brutalster Gewalt; wenn sie das zusammenstürzende World Trade Centers sehen, fallen ihnen natürlich die Horrorbilder ihrer zerbombten Heimat ein. Ihre Geschichte, zu der Krieg, Flucht und Vertreibung, Zwangsarbeit und millionenfacher Tod gehören, aber auch Aufbau, Gestaltung eines neuen Lebens und eine in der „Charta der Vertriebenen“ niedergelegte beispielhafte Geisteshaltung - dieser Geschichte sollte endlich auch in der veröffentlichten Meinung, bei Medienmachern und Politikern, Gerechtigkeit widerfahren.