24.04.2024

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03.11.01 Preußische Tugenden

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 03. November 2001


Hans-Jürgen Mahlitz
Preußische Tugenden

Das Preußenjahr neigt sich dem Ende entgegen - was hat es uns gebracht? Eine ganze Menge, finde ich. Menschen, denen kein Lehrer je gesagt hat, daß es eine alte deutsche Stadt namens Königsberg gibt, erfuhren aus den Medien, daß sich in dieser „terra incognita“ am 18. Januar 1701 ein gewisser Friedrich „zum König in Preußen“ gekürt hatte - Geburtsstunde eines Königreichs, das, zunächst als selbständiger Staat und dann als Kern eines noch größeren Staates, rund zweieinhalb Jahrhunderte deutscher und europäischer Geschichte prägte.

Dieses Preußen, dessen 300. Geburtstag wir nun fast ein Jahr lang feierten, hat immer noch starke Symbolkraft. Neidern und Rivalen galt es lange Zeit als Symbol des Bösen schlechthin: Preußen gleich Militarismus, Preußen gleich Kadavergehorsam, Preußen gleich Hitler - diese Pseudo-Logik verleitete die Siegermächte des Zweiten Weltkrieges, Preußen aufzulösen. Nicht den Staat Preußen; sie wollten erklärtermaßen die „Idee Preußen“ auflösen, beziehungsweise das, was sie dafür hielten. Mit der wirklichen „Idee Preußen“ hatte dieses Zerrbild nur sehr begrenzt zu tun. Militaristische Denkstrukturen, dumpfen Kadavergehorsam, engstirnigen Nationalismus, all das gab es in Preußen wie auch anderswo, und all das ist auch uneingeschränkt kritikwürdig. Aber das war und ist nicht das ganze Preußen. Nicht einmal das Wesentliche an ihm.

Preußen ist sehr viel mehr: der erste Staat Europas, der Religionsfreiheit zum Staatsprinzip erhob, der erste Staat in Europa, der allen Bürgern per Gesetz gleiche Bildungschancen einräumte, der erste Staat Europas, der die Freiheit des Denkens in die Staaträson einbezog und dessen historisch bedeutendster Herrscher sich nicht scheute, einem Befehlsverweigerer ein moralisches „Recht auf Ungehorsam aus Gewissensgründen“ einzuräumen.

Ohne das 1701 gegründete Königreich Preußen, das als eigenständiger Staat nur 170 Jahre lang existierte, hätte es 1871 kein Deutsches Kaiserreich, 1918 keine Weimarer Republik, 1933 kein „Drittes Reich“, 1949 keine Bundesrepublik Deutschland und DDR sowie 1990 kein teilwiedervereinigtes Deutschland gegeben. Preußen hat im Guten wie im Schlechten jahrhundertelang deutsche und damit auch europäische und Weltgeschichte mitgestaltet. Und das war nur möglich, weil es neben unbestreitbar negativen Erscheinungen die sogenannten preußischen Tugenden gab: Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit, Fleiß, Korrektheit, Rechtsstaatlichkeit, Gemeinsinn, Toleranz. Ganz entscheidend: keine dieser preußischen Tugenden stand für sich allein, isoliert, als absoluter Wert, vielmehr standen alle zusammen als sich gegenseitig begrenzende und ergänzende moralische Eckpfeiler.

Ein solches Preußen, eine solche „Idee Preußen“, haben wir zu Recht seit dem 18. Januar 2001 gefeiert. Aber am 18. Januar 2002 darf diese Idee nicht wieder zu den Akten gelegt werden, bis zum nächsten Jubiläumsjahr. Nicht zuletzt deshalb trägt diese Zeitung seit einigen Wochen den Zusatztitel „Preußische Allgemeine Zeitung“. Wir, die Redaktion des Ostpreußenblattes und der Bundesvorstand der Landsmannschaft Ostpreußen als Herausgeberin, haben uns von dem Gedanken leiten lassen, daß diese „Idee Preußen“, deren staatsrechtliche Geburtsurkunde in der Hauptstadt Ostpreußens ausgestellt wurde, gerade von einer Zeitung, die seit über 50 Jahren den Namen dieses alten deutschen Landes in ihrem Titel trägt und auch weiterhin tragen wird, sichtbar gemacht werden sollte. Ostpreußenblatt und Preußische Allgemeine Zeitung - das ist kein Gegensatz, sondern eine logische, historisch begründete und in die Zukunft weisende Kombination.