29.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
17.11.01 Wilfried Böhm über den geheuchelten Friedenseifer der deutschen Kommunisten

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 17. November 2001


Gedanken zur Zeit:
Ausgerechnet Afghanistan
Wilfried Böhm über den geheuchelten Friedenseifer der deutschen Kommunisten

Der „Mann des Tages“ im Deutschen Bundestag war am 8. November 2001 der Abgeordnete Werner Schultz (Leipzig). In der Debatte über den Anti-Terror-Einsatz der Bun-deswehr konnte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der Schultz erstaunlicherweise immer noch angehört, keinen offiziellen Redner benennen, obwohl der grüne Außenminister Fischer für die Regierungspolitik warb. Während die Grünen so ihre Zerstrittenheit, ihre Regierungsunfähigkeit und ihren politischen Bankrott bewiesen, entzauberte in einer sogenannten „persönlichen Intervention“ der frühere „DDR“-Bürgerrechtler Schultz, der 1989 das „Neue Forum“ mit begründete, die kommunistische PDS.

Schultz unterbrach die Rede des Kommunisten Roland Claus, als dieser einmal mehr den untauglichen Versuch unternahm, seine Partei als „Friedenspartei“ anzupreisen. Schultz verwies auf seine eigene Biographie. Er selbst sei 1980 mit einer halbfertigen Dissertation von der Humboldt-Universität im damaligen Ost-Berlin geflogen, weil er „Protest gegen den Einmarsch der Russen in Afghanistan gewagt habe“. Von der SED habe es an dieser Maßnahme „kein Sterbenswörtchen“ der Kritik gegeben. Damals habe die SED neun Jahre lang „bedingungslose Solidarität“ mit dem grausamen Krieg geübt, und heute verweigere sie sich bei der Beteiligung am Kampf gegen den Terrorismus. „Das müssen Sie der deutschen Öffentlichkeit erklären“, rief Schultz den Kommunisten zu. Natürlich tat und konnte das der PDS-Sprecher nicht.

Schlagartig hatte Schultz deutlich gemacht, was im schnellebigen Bewußtsein der Deutschen verlorenzugehen droht: die einfache Tatsache, daß die PDS nicht „eine normale Partei“ ist, sondern die SED selbst, die sich mit einem anderen Namen zu tarnen versucht.

Die Partei, die jahrzehntelang „immer recht hatte“, versuchte, nachdem ihr die totalitäre Staatsführung entglitten war, die „DDR“ zu retten, was zum Glück für Deutschland mißlang. Dann setzte sie, gestützt auf ihre mannigfaltigen Ressourcen, ihre Arbeit für den Sieg des Sozialismus in der ganzen Welt unter den „Bedingungen der kapitalistischen Globalisierung“ fort und lernte, sich der in der westlichen Spaßgesellschaft praktizierten Methoden zu bedienen. Als vordringliche Aufgabe sieht sie heute an, „einen behutsamen Imagewechsel einzuleiten“, wie Roland Claus vor einem Jahr schrieb. Wohlgemerkt, nur einen „Imagewechsel“. Darum ist die PDS weder eine Art „Nachfolgepartei“ der SED oder eine „ostdeutsche Regionalpartei“, weder eine „linkssozialistische“ Partei und erst recht keine Partei ohne Vergangenheit. Sie lebt vielmehr von den personellen, finanziellen und organisatorischen Strukturen der SED, die sich zu „DDR“-Zeiten ohne jede demokratische Legitimation anmaßte, für die Deutschen in dieser „DDR“ zu sprechen und zu handeln. Diese auf Panzer der Roten Armee gestützte angemaßte Vertretung hat das Volk in der „DDR“ mit seiner friedlichen Revolution beendet, als es die ungewünschten Unterdrücker stürzte.

Darum ist es absurd, töricht und für Deutschlands Zukunft höchst gefährlich, wenn ausgerechnet diese Kommunisten als die berufenen Vertreter der deutschen Bevölkerung von Rügen bis zum Thüringer Wald angesehen, vorgestellt und gehätschelt werden.

Natürlich gab und gibt es Kommunisten in der früheren „DDR“. Die Faustregel sagte lange vor der friedlichen Revolution, daß kaum mehr als 20 Prozent der Bevölkerung als Aktivisten und Mitläufer zu den Herrschenden gehörten und das System stützten, für das und von dem sie lebten.

Fast 80 Prozent hingegen ertrugen das System mehr, als daß sie es trugen. Sie hatten sich, eingemauert, wie sie waren, wohl oder übel eingerichtet. Sie lehnten innerlich, weil sie es außerhalb ihres vertrauten Kreises nicht zeigen konnten, das SED-System ab. Sie waren und sind das Volk.

Insgesamt bestätigten die Ergebnisse freier Wahlen, als diese nach der friedlichen Revolution endlich möglich wurden, diese Einschätzungen. Durchschnittlich knapp über 20 Prozent der Wähler wählten und wählen PDS, und zwar regional sehr unterschiedlich. Mehr, zum Teil viel mehr wählen in den Gebieten die PDS, in denen sich, wie in der einstigen Hauptstadt der „DDR“, die SED-Kader ballten und ihre Herrschaft auskosteten.

Die Tatsache, daß auch junge Jahrgänge ohne bewußte „DDR“-Erfahrung dieses Wahlverhalten zeigen, spricht nicht gegen diese Überlegungen, denn in diesem spezifischen Milieu „vererbt“ sich auch Wahlverhalten. Wenn am 21. Oktober 2001 im traditionell „roten“ Ostberlin rund ein Drittel der Wahlberechtigten und knapp 48 Prozent der Wähler PDS wählten, ist das unter dem Gesichtspunkt freiheitlicher Demokratie zwar viel zu viel, aber angesichts traditioneller „DDR“-Strukturen erklärlich. Darüber hinaus erinnere man sich daran, daß bei den Reichstagswahlen im September 1930 in Gesamt-Berlin die KPD mit 739.235 Stimmen stärkste Partei war, gefolgt von der SPD, mit nur tausend Stimmen Abstand.

Es ist und bleibt eine nicht zu leugnende Tatsache, daß die „DDR“ ein Unrechtsstaat war, in dem die Menschenrechte aller, die anders dachten als die SED, grob mißachtet wurden. Haßerziehung, vormilitärische Ausbildung der Jugend, Verpflichtung aller Geistesschaffender zur sozialistischen Parteilichkeit, Mißachtung der Freizügigkeit durch Mauer, Stacheldraht und Minen, allgegenwärtiger Staatssicherheitsdienst, Begünstigung des internationalen Terrorismus, Terror durch hohe Freiheitsstrafen, Folter und unmenschliche Haftbedingungen, Zwangsadoptionen, Zwangsausweisungen und nicht zuletzt die eintausend Tötungen an Mauer und innerdeutscher Grenze wären 1990 Grund genug zur Selbstauflösung der SED oder zu ihrem Verbot gewesen. Das ist - warum auch immer - nicht geschehen.

Darum bleibt den Deutschen nur die Freude, daß heutzutage in der früheren „DDR“ an Wahltagen nicht mehr morgens der Weckruf der FDJ und die „frischen Lieder“ der Jungen Pioniere erschallen, um zum gemeinsamen Gang der Hausgemeinschaft zur offenen Stimmabgabe aufzufordern. „Falten gehen“ ist nicht mehr üblich, die Benutzung der Wahlkabine wird nicht mehr als „imperialistisches Heimlichtun und Unterstützung der Feinde des Sozialismus“ angesehen. Andererseits ist auch nicht mehr ein Ergebnis von über 99 Prozent für die „antifaschistische Ordnung“ amtlich festzustellen, übrig geblieben sind nur noch die Stimmen von dem Fünftel ewiggestriger, reaktionärer Parteigänger der SED, pardon, der PDS. Und das ist doch immerhin ein Fortschritt auf dem schweren Weg der Deutschen in die Demokratie ...