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24.11.01 Fernstraßen ab Königsberg (I)

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 24. November 2001


Fernstraßen ab Königsberg (I)
Eine historische Bestandsaufnahme von Gerhard Mannke

Entsprechend den geographischen Gegebenheiten waren die von Königsberg nach Süden und Osten führenden Reichsstraßen wirkliche Fernstraßen, am deutlichsten ausgeprägt bei der mehr als eintausend Kilometer langen Reichsstraße 1 von Aachen über Berlin und Königsberg bis Eydtkau, die als die interessanteste der Provinz anzusprechen ist. Aber auch die anderen führten zum Teil bis an die Grenzen und waren damit sehr viel länger als die samländischen.

Die Reichsstraße 1 war abgesehen von der Verbindung ins übrige Reich eine Art Lebensader der Provinz, und ihr Bau bedeutete mancherlei Veränderungen zugunsten der neu berührten Orte und benachteiligte andere, die vom Verkehr abgekoppelt wurden. Entsprechendes ergab sich später durch den Bau der Ostbahn. Beide verbanden so wichtige Städte wie Marienburg, Elbing, Braunsberg und über abzweigende, kürzere Routen Tilsit und Ragnit, weiterhin Insterburg und Gumbinnen mit der Provinzialhauptstadt und das überwiegend weitab der immer irgendwie gefährdeten Grenze.

Die „Lebensader“, später Reichsstraße 1 genannt, wurde mit mancherlei Unterbrechungen in Richtung Elbing während der Jahre 1816 bis 1827 ausgebaut. Sie erreichte die Stadt mit langen Geraden und in beträchtlicher Breite als Berliner Straße hin zum Brandenburger Tor, dessen Name bereits aus der alten, 1626 bis 1634 errichteten Wallbefestigung stammte.

Nachdem der Durchgangsverkehr die Stadt durchquert hatte, fand er die ab 1831 hergestellte Fortführung in Richtung Insterburg vorbei am Sackheimer Tor über die Tapiauer Straße, die vom Sackheimer Tor bis zum Lieper Weg die mit 16 Metern breiteste Fahrbahn der Stadt aufwies. Dort gab es rechts der Straße das für die Deutschen Schwimm-Meisterschaften 1931 errichtete Schwimmstadion und auf der anderen Seite den anstelle des nördlichen Kupferteichs hergestellten Sportplatz (mit immer sehr feuchtem Rasen) sowie zwei Friedhöfe. Das an der Ecke Lieper Weg stehende, um 1930 errichtete (noch vorhandene) große Gebäude, das wir „Hirschkrug“ nannten, stand an dem Platz, den früher der uralte Liepsche Krug eingenommen hatte. Weiter nach Osten führte die Reichsstraße zunächst durch die Stadtteile Liep und Lauth und schlug dort einen Bogen um das Fort I. Hinter Arnau gehörten zum Landkreis Samland noch die historischen Gemeinden Waldau und Heiligenwalde, heute noch mit Zeugen aus deutscher Vergangenheit. Tapiau, Tilsit und Insterburg waren die weiteren Ziele.

Beide Teile dieser Fernstraße waren für die Königsberger unmittelbar interessant, um zu mancherlei Ausflugszielen zu gelangen, so nach Haffstrom und Brandenburg (am Haff), zur Haffküste und zum Segelfluggelände bei Korschenruh oder Ludwigsort im Süden sowie im Osten vorbei an dem sich weit nach Norden erstreckenden Lauther Mühlenteich und der Mühle Lauth in das idyllische Arnau mit seiner berühmten Kirche, wenn man auch dorthin meist eine gemütliche Dampferfahrt auf dem friedlichen Pregel ab Münchenhof vorzog. Von Arnau ist außer der Kirche kaum etwas geblieben, von dem benachbarten Jungerndorf nicht. Die Wiederherstellung der Arnauer Kirche macht dagegen erfreuliche Fortschritte.

Würde eine Straße ein Gefühl haben, wäre die aus Richtung Elbing führende Strecke gewiß ärgerlich geworden durch die Konkurrenz, die ihr die Autobahn bereitete, die bis zu der Verlängerung der Aweider Allee (= Reichsstraße 126) am 12. Juni des Jahres 1937 in Betrieb genommen wurde.