19.04.2024

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15.12.01 Politischer Rückfall ins Mittelalter

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 15. Dezember 2001


Der »Terroristenhammer«
Politischer Rückfall ins Mittelalter

Spätestens seit dem 12. September gibt es unzählige Wortmeldungen, in denen „seit dem 11. September“ vorkommt. Spätestens seither ist aber auch der „Terroristenhammer“ voll im Einsatz, gewissermaßen als Klon der altbewährten „Faschismuskeule“. Gen-Tests zum Nachweis von beider Verwandtschaft - oder eigentlich ihrer gemeinsamen Herkunft - erübrigen sich, so offenkundig sind die Indizien: Beide dienen nur der einen Seite, niemals der anderen, selbst in sonst völlig gleichartigen Situationen. Und beide beziehen ihre moralische Berechtigung aus der resultierenden Gegenwehr. Es ist wie im Mittelalter: Man werfe die mutmaßliche Hexe gefesselt in einen Teich - ersäuft sie nicht, ist sie schuldig, und ihre Verbrennung wird zum gottgefälligen Werk.

Nicht weniger mittelalterlich erscheinen die untertänigen Lippenbekenntnisse aus Medien und Staatskanzleien. Welche Formelhaftigkeit! Welche Angst, selber mit dem Leibhaftigen in Verbindung gebracht zu werden, falls man nicht bereit ist, dem gesunden Menschenverstand bedingungslos abzuschwören!

Doch dahinter steckt Methode: Wenn das einzig Gemeinsame nur noch der Kapitalmarkt ist, wenn also statt der Völker und Reiche nur noch Bevölkerungen und Bereiche bleiben - wie sonst sollte sich die Führung (übersetzt aus „leadership“) legitimieren als durch ein gemeinsames, metaphysisch hochstilisiertes Feindbild? Wobei Ähnlichkeiten mit wirklichen Personen zwar erwünscht, doch zufällig und entbehrlich sind: Denn das Vorlegen von Beweisen wird „aus Sicherheitsgründen“ verweigert, Gegenbeweise werden für unzulässig erklärt, und die zur Aufklärung von Verbrechen so wichtige Frage „Cui bono?“ darf gar nicht gestellt werden.

Ronald Reagan hatte es gut, er konnte sich auf die Sowjetunion als das „Reich des Bösen“ verlassen. Danach mußte man sich mit den „rogue states“ behelfen, die übersetzt als „Schurkenstaaten“ noch holpriger wirken. Aber jetzt, mit dem „Terror“, der nicht einmal übersetzt, geschweige denn definiert werden muß, ist die Welt des George Walker Bush wieder heil! Als er inthronisiert wurde, hatten zwar manche erwartet, er werde wegen der Erdöl-Interessen seines Clans eine ausgewogenere Nahost-Politik betreiben. Sie glaubten sich durch die Zusammensetzung seines Kabinetts bestätigt - nur darf man eben nie von der ersten Reihe aufs zweite und dritte Glied schließen.

Die Taliban verdienen gewiß keine Tränen - ihre Nachfolger ebenso wenig. Doch während die Opferzahlen vom 11. September weiter nach unten revidiert werden müssen (zum Beispiel wegen aufgedeckten Versicherungsbetrugs), während auch die Zahl der neuen Fragen laufend größer wird als die der Antworten, wird weitgehend übersehen, was sich jetzt alles unter dem Vorwand der Terrorbekämpfung abspielt: Willkürliche Verhaftungen werden vorgenommen, Verhaftete werden elementarer Rechte beraubt, in den USA werden Militärgerichte für Ausländer eingesetzt, und schon wird der Ruf nach Folter lauter.

Weltweit werden - auf bloße Denunziation hin - Konten beschlagnahmt, und den Eigentümern, sofern sie unschuldig sind, bleibt nur die Wahl zwischen Resignation oder Einschaltung von New Yorker Winkeladvokaten: So oder so, alle müssen Tribut zahlen. Gleichzeitig beeilt man sich in Europa, Gesetze zu verabschieden, welche die Auslieferung der eigenen Staatsbürger ermöglichen sollen!

Erstaunlich vor allem, wie sorgfältig die Osama-Leute angeblich „Beweise“ für ihre Taten in den USA und für ihre weiteren Vorhaben deponiert haben - damit alles von den nachrückenden „Special Agents“ schnell gefunden werden kann? Die Desinformations-Maschinerie läuft auf Hochtouren. Die Weltöffentlichkeit darf nur das erfahren, was die laufenden und die für demnächst geplanten Aktionen in strahlendem Licht erscheinen läßt. Es wird vertuscht, daß die Berichterstattung aus Afghanistan und noch mehr die aus Palästina einer rigorosen Zensur unterworfen ist, denn wir sollen den Kampf des wahrhaft Guten gegen das wahrhaft Böse miterleben. Und damit man das sogar im Nahen Osten begreift, war ein Alibi-Mullah bei den Bushs im Weißen Haus zum Ramadan-Dinner geladen. Oder war’s schon Halloween? R. G. Kerschhofer