28.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
15.12.01 Die diesjährige Herbsttagung der Landesgruppe Nordrhein-Westfalen stand im Zeichen der Kulturarbeit

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 15. Dezember 2001


Ostpreußische Identität bewahren
Die diesjährige Herbsttagung der Landesgruppe Nordrhein-Westfalen stand im Zeichen der Kulturarbeit

Betroffen gedachte die Landesgruppe NRW ihrer Toten und besonders des verdienten Landsmannes Siegfried Taruttis, der als langjähriger Kreisvorsitzender von Köln über die Grenzen Nordrhein-Westfalens hinausgewirkt hatte.

Sodann konnte der Landesvorsitzende Dr. Dr. Ehrenfried Mathiak gleich sechs Ehrungen vornehmen. Uwe Rahnenführer erhielt das Verdienstabzeichen, und Ruth von Hock, Helga Nagorny, Heinz Schwarz, Erich Böttcher und Sigrid Kruschinski wurden mit dem Silbernen Ehrenzeichen geehrt.

Nach diesem erfreulichen Auftakt hielt Dr. Frans du Buy das Hauptreferat des Vormittags: „Rechtsansprüche der deutschen Heimatvertriebenen“. Juristisch abgesichert legte er dar, daß nach der Haager Landkriegsordnung Zivilbevölkerung zu schützen sei, der Besatzer sich nur als Nutznießer zu betrachten habe, die Zerstörung von Bildungseinrichtungen und Denkmälern untersagt sei und Privateigentum nicht konfisziert werden dürfe. Die Genfer Konvention sehe eine Rückführung der Evakuierten vor. Folglich stehe den Vertriebenen der Rechtsanspruch auf Wiedergutmachung grundsätzlich zu und unterliege auch keiner Verjährung. Die Ansprüche können von den Betroffenen erhoben werden und von ihren Nachkommen und Erben. Dabei handelt es sich erstens um das Recht auf Rückkehr und Ansässigkeit, zweitens auf Rückgabe des Eigentums, drittens auf Erstattung der Kosten für die Wiederherstellung des Eigentums, viertens auf Erstattung des Verlustes der Nutzung.

Bundeskanzler Schröder habe zwar die Vertreibung ein Verbrechen genannt, die Regierung aber stelle die diplomatischen Beziehungen zu den Vertreiberstaaten über die Rechte ihrer Bürger. Das Problem der Heimatvertriebenen, so du Buys, werde durch die Erweiterung der EU brisanter.

Besonders der Beitritt von Polen und Tschechien sei mit Skepsis aufzunehmen; Polen habe bisher noch keinen Ansatz zu Reue und Wiedergutmachung gezeigt, und in Tschechien haben die Bennesch-Dekrete immer noch Gültigkeit. Du Buys riet zur Bildung einer Treuhand, wie sie von der LO ja bereits vorgenommen worden ist. Daß der Vortrag einen entsprechenden Diskussionsbedarf auslöste, ist verständlich, und so verschoben sich die weiteren Vorträge auf den Nachmittag.

Dafür konnte die Kulturreferentin Dr. Bärbel Beutner bei ihren Ausführungen über „Ostpreußische Kulturarbeit heute“ an manche Äußerungen du Buys anknüpfen. Er hatte die Ver- triebenen friedfertig und kooperationsbereit genannt, und sie sah in dem Kulturaustausch mit den heutigen Bewohnern der Ostgebiete eine wesentliche neue Aufgabe, zu der auch die Restaurierung deutscher Baudenkmäler gehört.

Mit seinem Vortrag „Deutschland und Rußland im Wechsel der Geschichte“ bot Dr. Heinrich Piebrock einen fundierten historischen Einblick. Die Zarin Katharina die Große war durchaus nicht die erste Herrscherin, die Deutsche anwarb. Das tat bereits Iwan der Schreckliche (1530-1584), der darin dem Vorbild seines Großvaters Iwan III. folgte. Doch da gab es schon das von Deutschen geprägte Nowgorod und die „deutsche Vorstadt“ in Moskau. Der große Durchbruch kam mit Peter dem Großen, der in ebendieser Vorstadt als Kind Kontakt zu deutschen Handwerkern und Gelehrten suchte und später, nach einer Bildungsreise durch Europa, Armee, Kultur, Bauwesen, Verwaltung, Wissenschaft und Ingenieurwesen von Deutschen aufbauen ließ. Die Ansiedlung deutscher Bauern durch Katharina die Große war ein weiterer Meilenstein.

Piebrocks Ausführungen zeigten ein sehr differenziertes und ambivalentes Bild der deutsch-russischen Geschichte. Geistigkulturelle Befruchtung steht neben Gewalterfahrung und Kampf bis zur Katastrophe des Zweiten Weltkriegs. Doch das vorherrschend freundschaftliche Verhältnis sah Piebrock als Fundament für die Zukunft. B. Beutner