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22.12.01 Der Regenschirm

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 22. Dezember 2001


Der Regenschirm
von Walter Adamson

Meine Erinnerungen an Königsberg sind immer noch sehr lebendig, obwohl ich meine Vaterstadt vor mehr als 60 Jahren verließ. Wie lange noch, und viele der Geschichten, die in meinem Kopf noch sehr lebendig sind, werden vergessen sein. Deshalb will ich sie aufschreiben.

Herr Wunderlich, jedenfalls nannten wir ihn so als Kinder, ging nie auf die Straße ohne seinen Regenschirm. Ob Regen, ob Sonnenschein, immer hing das Gerät über seinem Arm. Er war Agent für Stoffe, die aus Holland eingeführt wurden. Seine Kunden waren die großen und kleinen Geschäfte, die um den Altstädtischen Markt und auch anderswo ihr Dasein führten.

Herr Wunderlich hatte nur ein kleines Büro in einer der Nebenstraßen vom Gesekusplatz. Er hatte zwei Angestellte, ein Tippfräulein und einen Faktor mit dem Namen Karl, der schon dem alten Herrn Wunderlich gedient hatte, also Herrn Wunderlichs Vater. Eines Tages entdeckte Herr Wunderlich, während er in seinem Büro Stoffmuster besah, daß sein Regenschirm nicht in der Ecke stand, wo er zu stehen pflegte. Wo ist mein Regenschirm, ging es durch seinen Kopf. Wo habe ich ihn stehen gelassen? Er sprach zu seinem treuen Diener Karl: „Gehen Sie doch bitte mal zu Alexander & Echternach und sehen Sie, ob ich meinen Regenschirm dort stehen gelassen habe.“ Karl ging.

Es dauerte nicht lange, denn der Altstädtische Markt war nicht weit, bis Karl glückstrahlend zurückkam. Er hatte das Problem gelöst. „Jawohl, Sie haben ihn Alexander & Echternach stehen gelassen!“ - „Bei Alexander & Echternach.“ „Und Sie haben ihn nicht zurückgebracht?!“ - „Nein, Sie haben mir nur gesagt, ich soll mal sehen, ob Sie Ihren Regenschirm dort stehen gelassen haben. - Wunderlich, in der Tat.